„Ich war ein Mensch, der lange nicht gelacht hat“

Das PSZ half Aime Mulopwebiayaben Nkongolo dabei, seine traumatischen Erlebnisse besser zu verarbeiten.Foto: rei
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  • Das PSZ half Aime Mulopwebiayaben Nkongolo dabei, seine traumatischen Erlebnisse besser zu verarbeiten.Foto: rei
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Das Psychosoziale Zentrum für Flüchtlinge Düsseldorf (PSZ) feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum. Die Mitarbeiter des PSZ kümmern sich um eine Bevölkerungsgruppe, die in unserer Gesellschaft wohl die geringste Lobby besitzt: Asylanten.
In Düsseldorf leben, so man dem „Glücksatlas 2012“ glauben darf, nach Hamburg die zufriedensten Menschen in Deutschland. Vielleicht ist es das besondere urbane Flair der Stadt, das die Menschen so glücklich macht. Vielleicht ist es der Wohlstand (an dem allerdings nicht die gesamte Bevölkerung partizipiert).
Schaut man hinter den Carlsplatz mit seinem Wochenmarkt, gelangt man in die Benrather Straße 7. Fast unscheinbar zwischen einem Hotel und einem Modegeschäft gelegen, befinden sich hier mehrere Arztpraxen. In der vierten Etage hat das PSZ seine Heimat.
Seine Heimat verlassen musste Aime Mulopwebiayaben Nkongolo. Der Telekommunikationsingenieur arbeitete in der Demokratischen Republik Kongo, dem ehemaligen Zaire, für einen Fernsehsender, der einem Oppositionspolitiker gehört. „Ich bin auf der Arbeit entführt worden“, erzählt der Kongolese.
Drei Monate lang war er in Haft und sollte dem Militär bestimmte Dokumente ausliefern. Als Mulopwebiayaben Nkongolo sich weigerte, wurde ihm mit einem Messer in die rechte Brust gestochen. Passanten halfen dem aus einem fahrenden Auto Geworfenen. Dreieinhalb Monate verbrachte er noch in einem Hospital in Kinshasa. Ein Priester half ihm bei der Flucht. Über Berlin gelangte Mulopwebiayaben Nkongolo nach Düsseldorf.
„Ich war ein Mensch, der lange nicht mehr gelacht hat. Ich war aggressiv und depressiv“, erinnert sich der Kongolese. Nachdem es ihm mit Hilfe des PSZ schon wieder besser ging, fiel er erneut in ein tiefes Loch: Mulopwebiayaben Nkongolo erfuhr in Deutschland, dass seine Frau und sein Kind ermordet wurden. Mittlerweile konnte er seine Schicksalsschläge verarbeiten.
Es sind Geschichten wie
diese, die dem Leid der Flüchtlinge ein Gesicht geben. Allein in einem fremden Land, dessen Sprache man nicht versteht, mit einem Bündel an Erlebnissen wie Krieg, Folter, Vertreibung und Flucht; dazu die Angst, abgeschoben zu werden.
Das PSZ wurde 1987 gegründet, um Abhilfe zu schaffen. In den 80er Jahren gab es erste Versuche, auf ehrenamtlicher Basis Hilfe anzubieten. Nach dem Vorbild Frankfurt wurde schließlich das PSZ in Düsseldorf gegründet, als eine der ersten Einrichtungen dieser Art in Deutschland. „Von Anfang an“, erinnert sich Leiterin Annette Windgassen“, sind wir nicht nur für die Stadt, sondern für den gesamten Regierungsbezirk zuständig gewesen.“
Die Arbeit geht über psychotherapeutische Angebote weit hinaus. Die Begleitung im Alltag, Dolmetschen, Fortbildung in Fragen rund um das Asyl und vieles mehr steht auf dem Programm. Nachdem im Gründungsjahr noch der Iran, Sri Lanka und der Libanon ganz oben auf der Liste der Herkunftsländer standen, steht mittlerweile Afghanistan im Fokus.
Aime Mulopwebiayaben Nkongolo lernt nun Deutsch. Und er will über Ausbildung und Praktikum ein neuen Beruf erlernen: im Bereich Solartechnologie.

Das PSZ half Aime Mulopwebiayaben Nkongolo dabei, seine traumatischen Erlebnisse besser zu verarbeiten.Foto: rei
Das 25-jährige Jubiläum feierte das PSZ mit einem Fest in der Berger Kirche, bei dem unter anderem Ahmed Gholamreza Ghaedi Bardeh (links) auf der Persische Flöte und Benjamin Steinauf dem Santur spielten. Viele der in den letzten Jahren durch das PSZ betreuten Flüchtlinge stammen aus dem Iran.Foto: Lammert
Autor:

Sascha Ruczinski aus Schwelm

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