Christian Hochstätter im Interview: "Der VfL ist wieder eine feste Größe!"

Christian Hochstätter, seit 2013 Sportvorstand des VfL Bochum.
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Am Samstag startet der VfL Bochum in die neue Zweitliga-Saison. Vor dem ersten Anpfiff spricht Sportvorstand Christian Hochstätter im ausführlichen Interview über den personellen Umbruch im Sommer, einen Neuzugang mit Führungsqualitäten und die Erwartungen der VfL-Fans.

Christian Hochstätter, für den VfL Bochum war es ein intensiver Transfersommer mit zehn Abgängen und bislang neun Neuverpflichtungen.
Es war so nicht geplant, das muss man ganz ehrlich sagen. Bei Simon Terodde haben wir früh versucht, den Vertrag zu verlängern. Bei Janik Haberer bestand lange die Hoffnung, mit Hoffenheim eine Lösung zu finden. Und auch Onur Bulut hätten wir gern langfristig gehalten. Er hat uns aber mitgeteilt, dass er den nächsten Schritt machen und in der Bundesliga spielen möchte. Dann steht man vor der Wahl, den Spieler ein Jahr lang zu halten und dann ablösefrei gehen zu lassen. Oder man generiert eine Ablösesumme, und dafür haben wir uns genau wie bei Terodde entschieden. Bei anderen Spielern, die wie Haberer auf Leihbasis bei uns waren, hatten wir keinen Zugriff.

Können Sie Kritik daran verstehen, dass der VfL sich bei Leihspielern wie Haberer keine Kaufoption gesichert hat?
Leute, die das jetzt kritisieren, wussten zum Teil vor einem Jahr noch gar nicht, wer Janik Haberer überhaupt ist. Er hat damals in der vierten Liga gespielt. Der VfL hat ihm eine Plattform geboten, die er für sich genutzt hat. Aber er hat eben auch etwas für diesen Verein getan. Im Übrigen muss man festhalten, dass der VfL einer der wenigen Zweitligisten in dieser Saison ist, von dem drei Spieler nach oben in die Bundesliga gewechselt sind.

Sollte man als VfL-Fan ein stückweit stolz sein, wenn Spieler über Bochum den Sprung in die Bundesliga schaffen?
Das gehört auch zu unserer Philosophie. Nicht, dass wir Spieler unbedingt verkaufen wollen, aber deren Qualität so zu steigern, dass sie Bundesligareife erlangen. Der eine Fan ist vielleicht stolz, der andere eher enttäuscht, weil eine Mannschaft gerade zusammengewachsen ist und dann wieder Spieler verkauft werden. Wir hatten uns grundsätzlich vorgenommen, das Kollektiv zu halten, um unsere Spielphilosophie umzusetzen. Das geht leichter, wenn Spieler die Art unseres Trainings und unseres Spiels schon gewohnt sind. Ist das nicht der Fall, kann es mal holprig werden. Auf der anderen Seite haben wir die Verträge unserer Defensive frühzeitig verlängert. Felix Bastians, der kürzlich unterschrieben hat, war der Letzte, der noch fehlte. Auch mit Anthony Losilla haben wir frühzeitig verlängert. Damit stand defensiv ein Grundgerüst. Dass wir uns in der Offensive neu aufstellen müssen, kam wie gesagt außerplanmäßig.

"Dieser Verein hat sich stark entwickelt"

Wie groß ist Ihr eigener Spaßfaktor, wenn Sie Jahr für Jahr neu aufbauen zu müssen?
Mir macht die Aufgabe beim VfL Bochum richtig Spaß! Es ist eine tolle Herausforderung, von der ersten Minute an. Der VfL war immer ein sympathischer Verein und ist es immer noch. Dieser Verein hat sich in den letzten drei Jahren stark entwickelt. Wir haben es in dieser Zeit geschafft, auch unsere wirtschaftliche Situation deutlich zu verbessern, obwohl sie noch nicht optimal ist. Wenn man sieben oder acht Millionen Verbindlichkeiten hat, lachen andere Klubs darüber. Aber ich bin als Vorstand für den Bereich Sport verantwortlich und arbeite mit dem Geld meines Klubs so, wie ich es mit meinem eigenen mache. Wenn ich diesen Posten mal verlasse, dann möchte ich, dass der VfL Bochum wirtschaftlich und sportlich eine Perspektive hat. Es ist uns gelungen, aus einem Verein, der gegen den Abstieg gespielt hat, wieder eine feste Größe in der 2. Bundesliga zu machen mit der Ambition, auch wieder aufzusteigen. Auf diese Entwicklung können alle Mitarbeiter dieses Vereins stolz sein.

Der eine oder andere Fan hätte es noch lieber gesehen, wenn das Geld zum Beispiel aus dem Terodde-Transfer direkt wieder in die Mannschaft geflossen wäre.
Teil unserer Philosophie ist es, auf die Jugend zu setzen. Wir werden in dieser Saison aller Wahrscheinlichkeit nach die jüngste Mannschaft der 2. Bundesliga stellen. Es ist klar zu erkennen, was der Verein will und welchen Weg er geht. Und das Wichtigste überhaupt ist, dass sich der Fan damit identifizieren kann. Was dabei herauskommt und wie es konkret laufen wird, werden wir ab dem 6. August sehen.

Relativ jung, mit Entwicklungspotenzial, deutschsprachig und flexibel einsetzbar – entspricht dies etwa dem Anforderungsprofil der Neuzugänge in diesem Sommer?

Das könnte ich so unterschreiben. Es liegt auch darin begründet, dass wir uns auf dem deutschen Markt am besten auskennen. Wenn man alle Märkte beobachten will, benötigt man im Scouting eine entsprechende Manpower. Da wir die nicht in dem Umfang wie andere Vereine haben, gehen wir auch hier neue Wege und suchen nach Lösungen, bei denen wir schnell sein können. Und schnell müssen wir sein, weil wir nicht das große Geld haben. Wir suchen kreative Lösungen mit jungen, dynamischen Spielern. In den letzten Jahren ist uns das ganz gut gelungen. Ich hoffe, wir haben dieses Mal ein ähnlich glückliches Händchen.

"Eine junge Mannschaft braucht eine gewisse Stabilität"

Für Marco Stiepermann haben Sie ausnahmsweise auch eine Ablöse gezahlt.
Wir wollten bewusst für einen Spieler Geld in die Hand nehmen, der mit 25 Jahren noch jung genug ist, aber trotzdem über genügend Erfahrung, gerade auch in der 2. Bundesliga verfügt. Eine junge Mannschaft braucht eine gewisse Stabilität. Sie braucht Spieler, die auch in Stresssituationen wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Wir werden zwar einen jungen Altersschnitt haben. Aber Riemann, Celozzi, Bastians und Perthel sind 27 Jahre alt, Losilla ist 30 Jahre, Hoogland 31 Jahre – das sind Spieler, die Erfahrung einbringen. Sie können unsere jungen Spieler weiter nach vorne bringen.

Stiepermann ist auch einer, den Sie in der neu formierten Mannschaft als Führungsspieler sehen?

Er muss diese Rolle natürlich auch annehmen. Man wird nicht Führungsspieler, weil der Trainer es sagt. Du musst diese Rolle mit Leistung, aber auch mit deiner Persönlichkeit untermauern. Wir trauen Marco diese Entwicklung zu. Ich persönlich bin sogar sicher, dass er auch mit 25 Jahren noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung ist. Mit seiner fußballerischen Qualität müsste er eigentlich schon in der Bundesliga spielen.

Insgesamt haben Sie in diesem Sommer neun Spieler verpflichtet. Gertjan Verbeek hat klar gemacht, dass er gern noch zwei weitere Spieler hätte – stößt er damit bei Ihnen auf offene Ohren?
Diese Forderung hat nicht mit der Qualität der Spieler zu tun, die aktuell in unserem Kader stehen. Es ist eher eine Frage der Quantität. Dass wir noch etwas machen werden, hängt auch damit zusammen, dass wir auf der Position des Innenverteidigers nach der Verletzung von Patrick Fabian zurzeit nominell nur Felix Bastians haben. Dazu füllen Tim Hoogland, Dominik Wydra und unsere U19-Spieler Gökhan Gül und Maxim Leitsch diese Rolle aus. Das ist, auf die gesamte Saison betrachtet, für die 2. Liga ein bisschen dünn. Aber wir sind auch nicht der einzige Verein, der einen Innenverteidiger mit einem linken Fuß sucht.

Lesen Sie hier im zweiten Teil des großen VfL-Interviews zum Saisonstart, wie Bochum mehr Fans ins Stadion locken will und was Christian Hochstätter über den Aufstiegskampf denkt.

Autor:

Dietmar Nolte aus Dortmund-West

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