BVB gegen Real - Pöhler gegen Poser

301 Bundesligaspiele für den BVB, 49 Tore und dabei so mancher Treffer im Derby gegen die Blauen, 73 Europapokalspiele, drei Mal Deutscher Meister, Champions-League-Sieger und Torschütze 1997 im Finale gegen Turin: Lars Ricken ist ein schwarz-gelbes Urgestein. Foto: Archiv
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  • 301 Bundesligaspiele für den BVB, 49 Tore und dabei so mancher Treffer im Derby gegen die Blauen, 73 Europapokalspiele, drei Mal Deutscher Meister, Champions-League-Sieger und Torschütze 1997 im Finale gegen Turin: Lars Ricken ist ein schwarz-gelbes Urgestein. Foto: Archiv
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BVB gegen Real. Hummels gegen Ronaldo. Pöhler gegen Poser. Es ist alles angerichtet für einen Fußball-Feiertag, wenn Borussia in der Champions League am Mittwoch (20.45 Uhr) das Starensemble aus Madrid herausfordert.

Noch nie in bislang vier Begegnungen gelang es einer BVB-Elf, die Madrilen zu schlagen. Das könnte sich heute ändern, meint einer, der es wissen muss: Lars Ricken ist neben Stefan Reuter der einzige BVB-Profi, der in allen Partien dabei war. Und er traut seinen Nachfolgern im Kracherduell eine Menge zu.


Lars Ricken, wenn der BVB auf Real Madrid trifft, kribbelt es da auch einen Ex-Profi noch einmal in den Beinen?

Lars Ricken: Auflaufen möchte ich ehrlich gesagt nicht mehr. Ich beobachte jetzt seit einigen Jahren die Spiele von der Tribüne und muss sagen, dass der Fußball heute fast eine andere Sportart ist als das, was wir zu meiner Zeit ge-spielt haben. Da beschränke ich mich lieber aufs Zuschauen. Aber es kribbelt natürlich trotzdem. Wir haben bislang vier Mal gegen Real gespielt in der Champions League, und es waren jedes Mal hochinteressante Spiele. Ganz oben auf der Liste steht natürlich die Partie 1998 in Madrid, als vor dem Anpfiff das Tor umgefallen ist. Was dabei viele vergessen - das war das Halbfinale, in dem es um sehr viel ging.

An dieses Spiel können Sie sich noch lebhaft erinnern?
Ricken: Das Spiel ist mir tatsächlich noch sehr präsent, weil es wirklich eine außergewöhnliche Situation war. Die Anspannung war schon vorher sehr hoch, und dann sitzt du plötzlich eine Stunde lang in der Kabine und fragst dich, wann du endlich spielen kannst. Du hörst, es ist ein Tor umgefallen und denkst, dann wird halt schnell ein neues aufgestellt. Und dann vergeht Minute um Minute. Unglaublich! Leider wurde unser Protest damals nicht angenommen und wir haben das Spiel 0:2 verloren.

Dortmund hatte ein Jahr zuvor die Champions League gewonnen. Waren es damals zwei Duelle auf Augenhöhe gegen die „Königlichen“?
Ricken: Nein, es wäre eher ein kleines Wunder gewesen, wenn wir wieder ins Endspiel eingezogen wären. Die Mannschaft im Frühjahr 1998 hatte nur noch sehr wenig mit dem Team zu tun, das 1997 den Pokal gewonnen hat. Sie war qualitativ nicht mehr so stark. Real hingegen hatte klangvolle Namen. Ich kann mich noch erinnern, dass ich Clarence Seedorf ganz schön hinterher gehechelt bin.

Und dann gab es noch ein Aufeinandertreffen mit Madrid in der Zwischenrunde 2003, bei dem Sie auch dabei waren.
Ricken: Da hatten wir Real im Rückspiel in Dortmund am Rande einer Niederlage. Erst in der Nachspielzeit hat Madrid den Ausgleich geschossen und wir mussten uns nach dieser Runde verabschieden. Wenn man es so sieht, haben wir gegen die Spanier noch etwas gut zu machen.

2003 hatte Madrid mit Figo, Zidane, Raul und Ronaldo den Ruf der „Galaktischen“. Waren Sie eingeschüchtert von den großen Namen?
Ricken: Nein, eigentlich nicht so sehr. Ich hatte bis 2003 zum Beispiel ja auch selbst schon einiges mitgemacht. Zidane hatten wir mit dem BVB 1997 schon den Champions-League-Titel geklaut, als er noch bei Juventus Turin gespielt hat. Es war für uns damals ein Stück Normalität, gegen so große Teams oder so große Spieler anzutreten, weil es eben nicht das erste Aufeinandertreffen war. Aber man muss sagen, dass im Umfeld und in der Stadt ein riesiges Brimborium geherrscht hat, weil die „Galaktischen“ da waren.

Für Sie war ein Duell mit Real damals ein Stück Normalität. Was denken Sie, wie das Aufeinandertreffen für die heutige Mannschaft sein wird, die noch nicht so viel Erfahrung gesammelt hat?
Ricken: Dass die Jungs auch gegen die großen Mannschaften nicht zuviel Respekt an den Tag legen, haben sie bewiesen. Erst in der Bundesliga gegen Bayern München, gegen die man die letzten fünf Pflichtspiele gewonnen hat. Und auch in der Champions League mit dem Spiel bei Manchester City. Das ist ja keine Zirkustruppe, aber der BVB hat dort fantastisch gespielt. Das zeichnet diese Mannschaft aus: Die absolute Gier, etwas Außergewöhnliches zu schaffen. Ich bin mir sicher, dass die Spieler da am Mittwoch wieder richtig Bock drauf haben. Und dann ist es relativ egal, wer ihnen gegenüber steht.

Wird dem Team die Derbyniederlage gegen Schalke noch im Trikot stecken?

Ricken: Natürlich wäre es schöner, mit einem Derbysieg und Euphorie im Umfeld in das Spiel zu gehen. Aber zum einen ist es ein anderer Wettbewerb. Zum anderen kannst du die Derbyniederlage zumindest ein Stück vergessen machen, wenn du gegen Real ein gutes Spiel machst. So kannst du viele negative Gedanken relativ schnell wegwischen und einen schlechten Eindruck revidieren.

Sie haben den Auftritt in Manchester angesprochen, der mutig und offensiv war. Kann man so auch gegen Real spielen oder sollte man lieber einen Gang zurück schalten?
Ricken: Der BVB ist durchaus in der Lage, auch Ruhe in ein Spiel zu bringen. Aber da Real in der Defensive nicht zuletzt durch den Ausfall von gleich drei Außenverteidigern Probleme hat, könnte ich mir vorstellen, dass die Borussia durchaus mutig auftreten wird. Wenn man früh attackiert und Real sich nicht wie gewohnt durchs Mittelfeld kombinieren kann, wird ihnen das nicht gefallen. Ich kann mir gut vorstellen, dass der BVB nicht großartig taktieren wird.

Die Defensive von Real galt schon zu Ihrer aktiven Zeit nicht unbedingt als das Prunkstück der Mannschaft.
Ricken: Früher war das noch extremer als jetzt. Inzwischen hat Madrid mit Spielern wie Pepe, Fabio Coentrao, Sergio Ramos oder Marcelo auch defensiv internationale Superstars im Kader. Das war früher anders, als man nur die Beckhams und Ronaldos dieser Welt verpflichtet hat. Aber im Vergleich zur Offensive ist die Defensive auch heute vielleicht doch noch eher für einen Fehler gut.

Wie schätzen Sie Real zurzeit generell ein? Sprechen wir vom besten Team Europas?
Ricken: Sie haben in der letzten Saison vor allem in der spanischen Meisterschaft überragend gespielt. Allerdings habe ich den Eindruck, dass sie sich darauf im Moment etwas ausruhen. Ich weiß nicht, ob es zurzeit eine souveränere Mannschaft gibt in Europa als Bayern München. Auf diese Stufe würde ich Real im Moment nicht stellen. Daher glaube ich auch, dass am richtigen Tag für Borussia etwas drin ist.

Und das trotz des Superstars Cristiano Ronaldo?
Ricken: Ich mag das Gehabe von Cristiano Ronaldo nicht wirklich. Er polarisiert mit seiner Art extrem. Als er vor drei Jahren beim Freundschaftsspiel des BVB gegen Real in seiner bekannten Revolverheld-Manier einen Freistoß geschossen hat, hat ihn das ganze Stadion ausgepfiffen. Aber parallel haben alle ein Foto gemacht, es war ein einziges Blitzlichtgewitter. Ich selbst bin ein Junge des Ruhrgebiets. Und wie es schon die „Pöhler“-Kappe von Jürgen Klopp aussagt - wir stehen hier auf pöhlen und nicht auf posen!

Wagen Sie zum Ende noch einen Tipp für das Spiel?
Ricken: Ich tippe auf einen klaren 1:0-Sieg für Borussia Dortmund.

301 Bundesligaspiele für den BVB, 49 Tore und dabei so mancher Treffer im Derby gegen die Blauen, 73 Europapokalspiele, drei Mal Deutscher Meister, Champions-League-Sieger und Torschütze 1997 im Finale gegen Turin: Lars Ricken ist ein schwarz-gelbes Urgestein. Foto: Archiv
Sein riesiges Fußballtalent ist unbestritten, mit seiner Poser-Art sorgt er aber immer wieder für Unmut: Cristiano Ronaldo ist der Superstar im Team von Real Madrid. Foto: firo
Autor:

Dietmar Nolte aus Dortmund-West

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