Ist das Horn bei Feuer- und Rettungseinsätzen unbedingt notwendig?
Berichterstattung der Feuerwehr in der Sitzung der Bezirksvertretung Lütgendortmund am 20.05.14
Vorausgegangen war eine Anfrage der Grünen in der Sitzung der Bezirksvertretung Lütgendortmund am 21.01.14:
" Einsätze der Feuerwehr/Rettungsdienste mit Signalhorn im Stadtbezirk
Problem:
Viele Bürger im Stadtbezirk und ganz besonders im Bereich der Martener und der Oespeler Feuerwehrwache beschweren sich über die Störung Ihrer Nachtruhe durch häufigen Signalhorn-Lärm.
Unter welchen Voraussetzungen ist es bei Einsatzfahrten vorgesehen, die Signal-Hörner einzuschalten?
Gibt es Ampelvorzugsschaltungen?"
In der Mai-Sitzung erfolgte dann eine Berichterstattung durch Herrn Volker Schulz von der Dortmunder Feuerwehr.
Der Einsatz von Blaulicht und Horn sind in
§ 35 - Straßenverkehrsordnung - Sonderrechte
"(1) Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.
(5a) Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden."
und
§ 38 – Straßenverkehrsordnung - Blaues Blinklicht und gelbes Blinklicht
"(1) Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden
abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.
Es ordnet an: "Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen".
(2) Blaues Blinklicht allein darf nur von den damit ausgerüsteten Fahrzeugen und nur zur Warnung an Unfall- oder sonstigen Einsatzstellen, bei Einsatzfahrten oder bei der Begleitung von Fahrzeugen oder von geschlossenen Verbänden verwendet werden."
geregelt und verschafft der Feuerwehr und dem Rettungsdienst somit das Wegerecht.
Fahrende Verkehrsteilnehmer, aber auch die Fußgänger müssen vor den herannahenden Einsatzfahrzeugen gewarnt werden. Das Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer kann nicht eingeschätzt werden. Gerade in der Nacht sind die PKW-Fahrer unaufmerksamer. Außerdem sind viele Straßen auf Grund der Straßenführung unübersichtlich. Daher muss das Horn eingeschaltet werden, um freie Bahn zu schaffen, aber nur bei Notwendigkeit.
Feuerwache 5 - Marten
Das Verlassen der Feuerwache Marten wird über eine Ampel geregelt, allerdings muss an der benachbarten Kreuzung das Martinshorn wieder eingeschaltet werden. Für die Zukunft ist geplant, dass die Ampelanlage von der Feuerwehr auf Rot geschaltet werden kann und somit die Einsatzfahrzeuge ungehindert die Ampelanlage passieren können.
Feuerwache 8 - Eichlinghofen
Auch bei der Wache 8 in Eichlinghofen wird die Ausfahrt auf den Steinsweg über eine Ampel geregelt.
Beim Ausrücken nach Osten ist zuerst die große Kreuzung Universitätsstraße/Steinsweg/Stockumer Straße zu passieren. Ohne Horn kann man diese Kreuzung allenfalls zwischen 3.00 Uhr und 4.00 Uhr nachts queren. Zu anderen Zeiten wäre dies wegen des hohen Verkehrsaufkommens viel zu gefährlich.
Auch kommt es vor, dass Fahrzeuge andere Wachen zu Hilfe kommen und sich mit den Örtlichkeiten nicht auskennen und deshalb mit Blaulicht und Horn fahren.
Ob die Feuerwehr mit Blaulicht und Horn fährt, liegt im Ermessensspielraum des Fahrzeugführers.
Der Fahrer ist für Unfälle, die bei einer Einsatzfahrt ohne Horn passieren, verantwortlich und wird von Polizei und Staatsanwaltschaft zur Rechenschaft gezogen.
Grüne
Auf Nachfrage des Fraktionssprechers der Grünen - Frank Meyer - wie viele Nachfahrten von einer Feuerwache durchgeführt werden, antwortete Herr Schulz, dass es zehn Nachfahrten pro Tag sein können, aber auch keine.
Daraufhin hat Herr Meyer Herrn Schulz gebeten, Zahlen für den Brandschutz, Rettungsdienst und sonstige Notfälle vorzulegen, da ihm anscheinend die Notwendigkeit des Horns nicht klar war und er immer wieder versuchte, das nächtliche Ruhebedürfnis der Bürger in den Vordergrund zu stellen.
SPD
Herr Frahne von der SPD-Fraktion merkte zum Thema an, dass er selber vor einigen Jahren in eine Notsituation geraten und auf dringende Hilfe angewiesen war. Wäre der Rettungsdienst nicht mit Blaulicht und Horn schnellstens gekommen, würde er heute nicht mehr in der Bezirksvertretung sitzen.
Auch für den Bezirksbürgermeister Herrn Brankamp ist es selbstverständlich, dass wenn die Fahrer zur Verantwortung gezogen werden können, Blaulicht und Horn eingeschaltet werden.
Bürgerinitiative "Pro Oespeler Lebensraum e.V."
Mit der Notwendigkeit von Einsätzen mit Martinshorn hat Pro Oespel sich in Verbindung mit dem Bebauungsplan Lü 148n - Steinsweg intensiv beschäftigt.
Es stellt sich die Frage, ob die Feuerwache 8 und die daraus resultierenden Immissionen im Lärmgutachten des Bebauungsplanes berücksichtigt werden müssen.
"....Der Ausrückebereich der Feuerwache 8 wird im Süden und Westen durch die Stadtgrenze zu den Nachbarstädten Witten und Bochum vorgegeben.
Im Norden bildet die B1/A40 die Grenze zu den Feuerwachen 5 und 1. Im Osten verläuft die Grenze zur Feuerwache 4 von der Abfahrt Wittekindstraße durch Teile von Schönau, Barop, Hombruch, Großholthausen und Löttringhausen bis zur Stadtgrenze im Süden.
Auf Weisung der Bezirksregierung, erstreckt sich der Einsatzbereich noch auf einige Teilstücke der Autobahnen A40 und A45 außerhalb der Stadtgrenze Dortmunds.
Die Spezialeinheit ABC-Gefahrenabwehr ist für das gesamte Stadtgebiet Dortmund und die von der Bezirksregierung zugewiesenen Autobahnabschnitte rund um Dortmund zuständig.
Das Einsatzgebiet der Analytischen-Task-Force AC (ATF-AC), von der wesentliche Komponenten ebenfalls auf der Wache 8 stationiert sind, umfasst einen Radius von 200 km um die Stadt Dortmund. Wie bei allen sieben ATF-Standorten im Bundesgebiet, wurde dieser Radius vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) festgelegt." (Internetseite Feuerwehr Dortmund)
Das Lärmgutachten und die Verwaltungsvorlage verwickeln sich in Widersprüche. Mal geht es um unterschiedliche Einsatzgebiete, auch um die Notwendigkeit des Anschaltens des Horns oder ob und wie das Horn nach Ta Lärm zu berücksichtigen ist.
Gutachter und Stadt sind der Meinung, dass die Lärmentwicklung hinnehmbar ist und somit nicht im Lärmgutachten berücksichtigt werden muss.
Pro Oespel sieht das aber ganz anders.
Wenn die Einsatzfahrzeuge der Wache 8 Richtung Westen ausrücken, schalten sie spätestens beim Erreichen der ersten Häuser am Steinsweg das Horn ein. Dies ist auch notwendig, da der Steinsweg kurz darauf eine Linkskurve macht und dann sofort eine Ampel folgt. Nach dieser Ampel folgen zwei weitere Ampeln, die gefahrlos überquert werden müssen.
Die Firma Martin Horn - Ausrüster für Feuerwehr und Polizei - gibt für das Horn 2297 GM einen Wert von 125 dB in 1m Entfernung an.
Somit werden in fast 1000 m Entfernung noch knapp 80 dB erreicht.
Das bedeutet, dass das Horn beim Ausrücken der Wache 8 im kompletten Ort zu hören ist, auch wenn der Einsatz im Osten liegt.
Zu der Notwendigkeit der Einschaltung des Horns hat Pro Oespel zahlreiche Urteile zusammengetragen:
OLG Nürnberg, Az. 4 U 2349/99: “Trotz eingeschaltetem Blaulicht trifft den Fahrer eines Einsatzfahrzeuges besondere Rücksichtnahme für den Verkehr. Fährt er mit Blaulicht aber ohne Martinshorn über eine rote Ampel mit mindestens 67 km/h in eine Kreuzung ein und erfasst dabei einen Motorradfahrer, der bereits angehalten hat, trifft ihn das alleinige Verschulden an dem Unfall.“
KG Berlin, 12 U 15/04: “Polizei und Feuerwehr müssen neben Blaulicht auch das Martinshorn eingeschaltet haben, um freie Fahrt zu haben. Das Blaulicht allein reicht nicht aus, um etwa für das Überfahren einer roten Ampel freie Fahrt zu haben. Das Sonderfahrzeug muss auch das Martinshorn eingeschaltet haben.“
KG Berlin , Az. 12 U 145/05: “Bei einer Blaulichtfahrt muss besonders sorgfältig auf den übrigen Verkehr geachtet werden. Um Unfallgefahren zu vermeiden muss zusätzlich die Sirene eingeschaltet werden, insbesondere, wenn mit hoher Geschwindigkeit in einen Kreuzungsbereich eingefahren wird.“
KG Berlin, Az. 12 U 129/06: “Wenn der Fahrer eines Einsatzfahrzeuges ein Wegerecht an einer ampelgeregelten Kreuzung beanspruchen will, kann er dies nur, indem er sein Blaulicht zusammen mit dem Einsatzhorn einschaltet. Dabei muss er dies nicht nur rechtzeitig machen sondern auch so lange eingeschaltet lassen, bis er den Kreuzungsbereich vollständig verlassen hat.“
Auf eine Anfrage bei der Feuerwehr Dortmund im Mai 2013 Dortmund erhielt die Bi folgende Antwort:
"...... In den letzten 1,5 Jahren wurden die Feuerwehrfrauen und -männer von der Wache in Eichlinghofen zu etwa 1.500 Einsätzen alarmiert. .....Bei dem Großteil der o. g. Einsätze ist höchste Eile geboten, da es darum geht Menschenleben zu retten, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden oder bedeutende Sachwerte zu erhalten. Damit die Einsatzkräfte schnell und sicher am Unglücksort ankommen, schreibt die Straßenverkehrsordnung im §38 (blaues Blinklicht und gelbes Blinklicht) vor, dass das blaue Blinklicht nur zusammen mit dem Einsatzhorn verwendet werden darf. Allen Verkehrsteilnehmer wird somit angeordnet, den Fahrzeuge der Feuerwehr freie Bahn zu schaffen, damit die Einsatzkräfte schnell vor Ort qualifizierte Hilfe leisten können. ..."
Trotz der häufigen Einsätze und der damit verbundenen nicht unerheblichen Lärmbelastung sind die Oespeler mit Sicherheit froh, die Wache 8 in der Nähe zu haben, bedeutet sie doch ein großes Maß von Sicherheit.
Die Feuerwehrfrauen und -männer haben alle eine Ausbildung als Rettungsassistenten und können im Notfall, wenn kein Rettungswagen für den Bezirk West in angemessener Zeit zur Verfügung steht, mit einem Gerätewagen ausrücken und die Erstversorgung des Patienten übernehmen bis ein Rettungswagen aus einem anderen Bezirk oder aus dem eigenen Bezirk wieder einsatzbereit ist.
Ein jeder kann plötzlich zum Notfall werden und ist dann froh, wenn Feuerwehr oder Rettungsdienst schnellstens vor Ort sind und dann aber auch mit Blaulicht und Horn!
Autor:Judith Zimmermann aus Dortmund-West |
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