Bebauungsplan Steinsweg (Lü 148n) erneut unwirksam
OVG NRW: Offenlegungstext kann Planbetroffene von der Erhebung von Einwendungen abhalten
Im Jahr 2000 begannen die Planungen für das Baugebiet Lü 148 - Steinsweg und zeitgleich wurde die Bürgerinitiative „Pro Oespeler Lebensraum e.V.“ gegründet.
17 Jahre Steinsweg – eine unendliche Geschichte:
- Am 30.01.2004 wurde der Bebauungsplan (B-Plan) Lü 148 - Steinsweg rechtskräftig.
- Im März 2004 wurde dann ein Normenkontrollverfahren beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster beantragt.
- Am 16.12.2005 erklärte das OVG den Bebauungsplan für unwirksam, ließ aber die Revision zu. 7 D 48/04.NE
- Die Stadt legte am 23.01.2006 Revision gegen das Urteil des OVG Münster ein.
- Am 22.03.2007 wies das Bundesverwaltungsgericht Leipzig die Revision der Stadt Dortmund gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster zurück. BVerwG 4 CN 2.06
- Der Aufstellungsbeschluss zur Neuaufstellung des Bebauungsplans Steinsweg – Lü 148n – wurde am 26.10.2007 bekanntgegeben.
- Im September 2009 erfolgte dann eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung in Form einer Einwohnerversammlung.
- Im Nov/Dez 2012 erfolgte dann die erste öffentliche Auslegung des B-Plans.
- Ein zweite erfolgte im Aug/Sept 2013.
- Eine dritte im Mai/Juni 2014.
- Am 16.01.2015 wurde der Bebauungsplan Lü 148n - Steinsweg rechtskräftig.
- Im gleichen Jahr wurden zwei Normenkontrollverfahren beim OVG Münster beantragt.
- Die mündliche Verhandlung erfolgte am 03.05.2017.7 D 25/15.NE
Der Bebauungsplan Lü 148n – Steinsweg ist unwirksam
Entscheidungsgründe
Die Bekanntmachung des Ortes und die Dauer der Auslegung des Bebauungsplanes müssen ordnungsgemäß erfolgen. Dies war in allen drei Offenlegungsbekanntmachungen nicht der Fall.
„Die von der Antragsgegnerin verwendete Bekanntmachung ist geeignet, einen von den Festsetzungen Betroffenen in diesem Sinn davon abzuhalten, gegen die Planung Einwendungen zu erheben.
ln allen drei Offenlagebekanntmachungen heißt es unter der Überschrift ,,Planungsinhalt" übereinstimmend:
„Der Bebauungsplan Lü 148 wurde im Rahmen einer Normenkontrollklage für unwirksam erklärt. Er wurde in seinen wesentlichen Grundzügen vom Gericht zwar bestätigt, jedoch für unwirksam erklärt, weil mögliche aktive Lärmschutzmaßnahmen an dem östlichen und südlichen Siedlungsrand der geplanten Neubausiedlung nicht ausreichend abgewogen wurden.““
Pro Oespel bemängelt Hinweis
Dieser Hinweis, der auch immer wieder in den Verwaltungsvorlagen erschien, wurde von der Bürgerinitiative in ihren Anregungen bemängelt und sie setzte die richtigen Aussagen des OVG Münster und des Bundesverwaltungsgerichtes dagegen, genau wie das OVG jetzt.
Aber anstatt Abhilfe zu schaffen, setzte die Stadt die Irreführung der Bürger weiter fort.
Hinweis entspricht nicht dem Inhalt der zitierten Entscheidungen
„Dieser Hinweis entspricht in wesentlicher Hinsicht nicht dem Inhalt der in Bezug genommenen gerichtlichen Entscheidungen. Der erkennende Senat hat in seinem den Vorgängerbebauungsplan betreffenden Urteil vom 16.12.2005 -7 D 48/04.NE -...in positiver Hinsicht lediglich erkannt, dass es dem Plan nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs.3 BauGB fehlt. Sonstige Feststellungen, die als Bestätigung der wesentlichen Grundzüge der Planung aufgefasst werden könnten, enthält das Urteil nicht. lm Gegenteil heißt es dort ausdrücklich:
,,Einer näheren Erörterung, ob etwa die von den Antragstellern weiterhin angesprochenen Aspekte der Niederschlagswasserbeseitigung, der Belastung der neuen Bauflächen durch "Elektrosmog", einer Berücksichtigung der bergbaubedingten Beeinträchtigungen sowie einer hinreichenden Berücksichtigung des planbedingten zusätzlichen Verkehrsaufkommens sachgerecht abgewogen sind, bedarf es angesichts dessen nicht."
Auch in der nachfolgenden Revisionsentscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich hervorgehoben, dass die zahlreichen weiteren Einwendungen der Antragstellerin gegen den Bebauungsplan Lü 148 nicht Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gewesen sind......
Der Hinweis in allen drei Offenlegungsbekanntmachungen war auch geeignet, Planbetroffene von der Erhebung von Einwendungen abzuhalten. Er konnte bei dem Adressaten der Bekanntmachung zu der Einschätzung führen, dass Einwendungen - jenseits der Lärmschutzmaßnahmen - jedenfalls gegen die wesentlichen Grundzüge der Planung vor dem Hintergrund der behaupteten Ergebnisse einer ober- und höchstrichterlichen Prüfung keine Erfolgsaussichten haben.“
2. Mangel
Ein weiterer Mangel des B-Plans ist, dass der Bebauungsplan nicht ordnungsgemäß verkündet wurde. Weder in den Bekanntmachungen noch im Textteil des B-Plans findet sich ein Hinweis darauf, wo die im Texteil genannten VDI Richtlinien einzusehen seien.
„Die Festsetzung in § 10 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen verweist auf die VDl-Richtlinie 2719, der danach Schallschutzfenster und deren Zusatzeinrichtungen sowie Zwangslüftungen zu entsprechen haben.... Die Antragsgegnerin muss daher sicherstellen, dass die von der Planung Betroffenen von dieser VDI-Richtlinie verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können.“
Verkehrszahlen falsch ermittelt
Im Falle einer Neuplanung soll die Stadt ihre Verkehrszahlen richtig methodisch ermitteln, so das Gericht.
Auch dies hatte die Bi schon wiederholt in den Anregungen bemängelt. Anstatt nach dem gültigen Regelwerken die durch das Baugebiet verursachten Verkehrsbewegungen zu ermitteln, vermischte die Stadt eigene Erhebungen mit den Regelwerken, mit dem Ergebnis, dass das ermittelte Verkehrsaufkommen wesentlich niedriger liegt und somit das Lärmgutachten, mehrfach erstellt und von der Bi immer wieder bemängelt, letztendlich zu falschen Ergebnissen kam. Unberücksichtigt bei der Lärmberechnung blieben weiterhin Hochspannungsleitungen, Windrad und Einsatzfahrten der Feuerwehr.
Außerdem würde sich seitens des Gerichts die Frage stellen, wie die Mittelungen der Innenraumpegel, sofern im textl. Teil angesprochen, vorzunehmen sind.
Bi hat erhebliche Bedenken gegen "Entwässerungskonzept"
Das sogenannte „Entwässerungskonzept“, das als solches nicht zu erkennen ist und zu einer Gefährdung der Altanlieger führt, bleibt für die Bi ein weiteres großes Thema.
Das Mulden-Rohr-Rigolen-System wurde nicht wie von der Stadt behauptet schon seinerzeit mehrfach gebaut, sondern war ein Pilotprojekt. Ein ähnliches wurde kurz zuvor zwischen 1993 und 1996 in der Schüngelberg-Siedlung in Gelsenkirchen gebaut.
Dass die Altanlieger gefährdet sind, zieht sich durch alle Gutachten. Für die unmittelbar Betroffenen wurde speziell ein Gutachten seitens der Stadt in Auftrag gegeben, das eine Beeinträchtigung durch die Versickerungsanlagen nicht ausschließt. Genauso beurteilt der eigene Gutachter der Betroffenen die Situation.
Die Stadt gibt nicht auf
Die Stadt Dortmund beabsichtigt lt. Pressemitteilung in der 2. Jahreshälfte das Bebauungsplan-Verfahren wieder aufzunehmen, um dann einen erneuten Offenlegungsbeschluss herbeizuführen. Rechtskräftig soll der neue Bebauungsplan dann 2018 werden. Bis zur Rechtskraft werden keine Baugrundstücke vermarktet.
So was sollte eigentlich selbstverständlich sein, aber wie der Bebauungsplan Lü 148n - Steinsweg gezeigt hat, ist bei der Stadt alles möglich.
Pro Oespel ist davon überzeugt, dass auch der neue Bebauungsplan Steinsweg wieder mehrheitlich von der Politik abgesegnet wird.
Eins dürfte aber sicher sein, auch der neue B-Plan wird das OVG NRW beschäftigen.
Autor:Judith Zimmermann aus Dortmund-West |
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