Experten-Interview
Welche Zukunft hat „Galeria Karstadt Kaufhof“?

Einzige verbliebene Galeria-Filiale in Dortmund ist das Karstadt-Haus am Westenhellweg (Archivbild).
 | Foto: FH Dortmund / Michael Milewski
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  • Einzige verbliebene Galeria-Filiale in Dortmund ist das Karstadt-Haus am Westenhellweg (Archivbild).
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Die Lage des wirtschaftlich angeschlagenen Warenhauskonzerns „Galeria Karstadt Kaufhof“ spitzt sich zu. Nicht nur die unmittelbar Beschäftigten fragen sich, welche Chancen ein mögliches Insolvenzverfahren bietet und welche Auswirkungen den Filialen drohen.

Im Kurzinterview erläutert Prof. Dr. Axel Faix die Situation des kriselnden Kaufhausriesen. Er lehrt am Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Dortmund mit den Schwerpunkten Business Administration und Unternehmensführung

► Herr Prof. Dr. Faix, „Galeria Karstadt Kaufhof“ strebt erneut die Rettung in einem Schutzschirmverfahren an – wie konnte es so weit kommen?
Die externen Bedingungen für das Geschäft von Galeria sind zuletzt schwierig geworden. Die stark gestiegenen Energiepreise und der weitere Anstieg der Inflationsrate haben viele Nachfragende in eine missliche ökonomische Lage gebracht. Die große Unsicherheit über den Fortgang des Ukraine-Krieges und die wirtschaftliche Entwicklung führen außerdem zu einer starken Kaufzurückhaltung, insbesondere auch bei Produkten, die das Sortiment von Galeria ausmachen. Dabei ist Galeria in den letzten beiden Jahren, die noch weitgehend von der Corona-Pandemie geprägt wurden, mit der Restrukturierung des Unternehmens nicht entscheidend weitergekommen.

Einige der jetzt immerhin noch 131 Häuser haben es einige vor zwei Jahren nur knapp von der ursprünglichen Streichliste geschafft. Die vorgesehene Neuausrichtung auf Basis der drei vorgestellten Konzepte „Weltstadthaus“, „Regionaler Magnet“ und „Lokales Forum“ ist ein richtiger strategischer Ansatz, der unterschiedliche Ansprüche von Nachfragenden und weitere situative Bedingungen gut aufgreifen kann.

Aber die Umsetzung an den Standorten benötigt operative Initiativen und Geschick, Abstimmungsprozesse mit Partnern – auch auf kommunaler Ebene – und damit Zeit und finanzielle Ressourcen. Ein Schutzschirmverfahren mit einer Sanierung in Eigenverwaltung bietet dafür grundsätzlich einen besseren Rahmen als weitere Kreditaufnahmen, die Zinsen und Tilgung verlangen und keine Entlastungen wie ein Schutzschirmverfahren bieten würden.

Prof. Dr. Axel Faix, Lehrender am Fachbereich Wirtschaft der FH Dortmund. | Foto: Fachhochschule Dortmund
  • Prof. Dr. Axel Faix, Lehrender am Fachbereich Wirtschaft der FH Dortmund.
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Was würde eine Insolvenz für die Innenstädte mit Galeria-Standorten bedeuten?
Die Konsequenzen einer Aufgabe der Galeria-Häuser wären fatal für viele innerstädtische Bereiche, insbesondere in kleineren und mittelgroßen Städten, in denen die Warenhäuser oft noch die zentralen Anziehungskräfte bedeuten. Schließungen bewirken unmittelbare Arbeitsplatzverluste und lösen geringere Besucherfrequenzen und weitere Attraktivitätseinbußen in den Innenstädten aus, die andere Einzelhandelsgeschäfte und Gastronomie- und Unterhaltungsbetriebe betreffen.

Alles in allem können sich die negativen Effekte einer sich verstärkenden Abwärtsspirale bundesweit schnell in den Bereich eines dreistelligen Millionenbetrages bewegen. Die Eigentümer von „Galeria Karstadt Kaufhof“ wissen um diese Effekte und ihre Stärke als Argumente in Gesprächen mit Vertretenden der Kommunen, der lokalen Wirtschaft und nicht zuletzt den Vermietenden ihrer Standorte.

Wie sollte „Galeria Karstadt Kaufhof“ jetzt weiter vorgehen?
Die Schlüsselfrage lautet: Gelingt es dem Unternehmen, die Umstrukturierung zügig zu beenden und mit neu ausgerichteten Häusern, passgenauen Sortimenten und abgestimmtem Online-Angeboten die Grundlage für dauerhaftere Erfolge zu erzielen? Dabei haben die zwei Jahre seit dem ersten Schutzschirmverfahren Galeria keinesfalls in die Karten gespielt: Die Besuchenden-Frequenz hat in vielen Innenstädten das Niveau vor der Krise noch nicht erreicht und Leerstände haben zugenommen. Die Hauptzielgruppe ist kleiner geworden und hat sich zunehmend an effiziente und komfortable Online-Angebote gewöhnt, die von einer vielfach stärker gewordenen Konkurrenz unterbreitet werden.

Die aktuelle Lage erschwert ein kraftvolles Agieren des Unternehmens, das im Geschäftsjahr 2020/21 einen Verlust von 622 Millionen Euro auswies und für 2021/22 einen Fehlbetrag im unteren bis mittleren dreistelligen Millionenbereich erwartet. Insbesondere das Schaffen eines überzeugenden Multi-Channel-Angebotes, das für die Ansprache jüngerer Kund*innen und neue Wettbewerbsvorteile wichtig ist, verbunden mit einer Neujustierung der Sortimente an den einzelnen Standorten, ist eine herausfordernde und kostspielige Aufgabe.

Eine tragfähige Fortführungsprognose wird es angesichts des berichteten Kapitalbedarfs wohl nur für einen kleineren Teil der gegenwärtigen Standorte geben. Diesen „Kern“ an Standorten ausfindig zu machen und die Häuser auf die veränderten Anforderungen auszurichten, ist die letzte Chance, um den Abpfiff des „Endspiels“ zu verhindern, in dem sich die Warenhausbranche befindet.

Autor:

Fachhochschule Dortmund aus Dortmund

Sonnenstraße 96-100, 44139 Dortmund
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