1650 Logistiker versenden in Dortmund bei Amazon mit 14 Robotern 10 Mio. Artikel in einer Woche
Neuer Kollege im Käfig
Hinter grauen Gittern greift ein starker Arm zu. Packt Kisten, erkennt, wo sie hin müssen und bringt sie auf den richtigen Weg. Er ist einer von den „Unbefristeten“ bei Amazon. Der Roboter arbeitet ganz ohne gelbe oder orange Warnweste, dafür aber im Käfig mit 13 anderen ABB-Robotern erst seit kurzem im Logistikzentrum. Hier auf dem Gelände der alten Westfalenhütte beginnt die Zukunft. Hier arbeiten Roboter und Menschen Hand in Hand. 2 Millionen Artikel brachten sie am Mittwoch gemeinsam von Dortmund auf dem Weg in andere Logistiklager.
Wer glaubt, dass hier wenige Wochen vorm Fest die Förderbänder der gigantischen Versandfabrik nicht still stehen, irrt. Zwar arbeiten die rund 2000, sonst sind es 1650 Mitarbeiter, jetzt in drei Schichten auch nachts, um in einer Woche 10 Millionen Artikel zu verpacken und zu verschicken, doch schon in der ersten Halle, wo am laufenden Band braune Pakete automatisch gescannt werden, leuchtet eine rote Lampe auf - das Band steht.
"Auf den Sklaventreiber warte ich noch"
Vielleicht sieht es deshalb zwischen LKW-Rampe und Förderbandschlangen auch nicht nach Akkord aus, hier wird konzentriert gepackt, verpackt und umgeladen, denn Fehler kosten Zeit. „Auf den Sklaventreiber mit der Peitsche warte ich heute noch“, erzählt Osman Oezkan , der junge Betriebsratsvorsitzende lachend. Und auch für Streiks sehen er und seine Kollegen in Dortmund keinen Grund. Der Grundlohn liegt für die Produktionshelfer, die in 14 Tagen angelernt werden, bei 11,27 Euro brutto, nach 24 Monaten bei 13,63 Euro. Dazu gibt's Weihnachtsgeld, Nachtzuschläge, Rabatte und leistungsbezogene Boni. "Nicht alle mittelständischen Unternehmen sind in der Lage solche Leistungen zu bieten", sagt Lars Krause, Standortleiter des sieben Fußballfelder großen Dortmunder Logistikzentrums.
Fische und Federbetten
Stefano La Rovere strahlt , wenn er von Effizienz und Produktivität seines Roboters spricht. Von der Galerie blickt er stolz auf die tanzenden Roboterarme, die Kabel auf den Weg nach Italien und Federbetten nach Finnland schicken. Stefano La Rovere ist aus Italien, es ist nur ein Land von 64, aus denen die Kollegen kommen, die in den riesigen Hallen Pakte in alle Welt befördern.
„Wir haben einen maßgeblichen Anteil daran“, berichtet der Chef der Hallen, Lars Krause, von der unter 10-Prozent gesunkenen Dortmunder Arbeitslosenquote.
Jeder Fünfte ist aus der Nordstadt
Bis auf 2000 Mitarbeiter soll die Zahl der Beschäftigten, die hier Waren und Pakete von Lieferanten und Händlern nach ganz Europa umverteilen, zukünftig noch steigen. Jeder fünfte davon lebt in der Nordstadt. Leiharbeit gebe es kaum, dafür arbeitet im DTM2 nur jeder fünfte Kollege „unbefristet“. Für die Logistiker, darunter viele Langzeitarbeitslose, wurden auch ein Physiotherapeut und jetzt auch noch ein Sozialarbeiter eingestellt. Der Standortleiter nennt, bevor er sich ein Headset aufsetzt, denn an den Bändern wird’s laut, Zuschläge und Entgeld-Umwandlung und erklärt, dass auch in anderen deutschen DAX-Unternehmen Zuschläge nach niedriger Krankenquote im Team gezahlt werden. Wer mit wem am Band zusammen arbeitet wird übrigens gelost.
Auf Wachstumskurs
477 Frauen verdienen im modernen Umschlagplatz des Versandriesen im Weihnachtsgeschäft ihr Geld. Und da das weltweite Unternehmen, das vor 24 Jahren in einer Garage in Seattle startete, immer auf Wachstumskurs ist, sollen es an der Kaltbandstraße 4 noch mehr werden. Nicht nur sechs Wochen vor Weihnachten wollen Kunden alles vom Spiel- bis zum Sportzeug nach Hause geliefert bekommen. Das sorgt für jede Menge Verkehr.
Vor einem Jahr, als der Online-Riese sein Logistikzentrum in der Nordstadt eröffnete, gab das neue "Inbound Crossdock Center" 750 Menschen Arbeit. Heute sind es nicht nur wenige Wochen vorm Fest mehr als doppelt so viele.
Gefährlich sei der neue Kollege im Käfig nicht, versichert der Betriebsratsvorsitzende Osman Oezkan: „Der Roboter nimmt keine Arbeitsplätze weg." Und der Vertreter der Mitarbeiter spricht von den anstrengenden Jobs: Etwa vom LKW entladen, wo ein Zweiter mit anfasst, wenn ein Paket mit über 15 Kilo aufs Band gewuchtet werden muss. "Die schwarzen Boxen, die der Roboter aufs Band stapelt wiegen zwischen 5 und 7 Kilo, die nimmt er uns ab.“
Autor:Antje Geiß aus Dortmund-City |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.