„Demenz - wir müssen reden“ - am 21. September ist Welt-Alzheimertag
Gute Nachricht: Die Alzheimer-Gesellschaft fährt ihre Angebote in Dortmund wieder hoch

Foto: Alzheimer-Gesellschaft Dortmund
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„Demenz - wir müssen reden!“ ist das Motto des Welt-Alzheimertages am Montag (21. September 2020). Dies gilt doppelt: Weil das Thema Demenz von vielen Menschen nach wie vor tabuisiert wird und in Zeiten von Corona die Bedeutung der Unterstützungs- und Beratungsangebote besonders deutlich wurde. Durch den „Lockdown“ wurden quasi über Nacht alle Angebote für die Angehörigen gestoppt - nur die eigentliche Pflege ging weiter. Damit ist seit diesem Monat Schluss: Die Alzheimer-Gesellschaft Dortmund fährt schrittweise ihre Angebote wieder hoch.

Die Dortmunder Alzheimer-Gesellschaft war doppelt getroffen: Nicht nur, dass alle Unterstützungsangebote abgesagt werden mussten, auch die Feierlichkeiten zum 30-jährigen Bestehen im Mai fielen Corona zum Opfer. „Wir hoffen, dass wir die Jubiläumsfeier im kommenden Jahr nachholen können - je nachdem, wie sich die Pandemie-Lage darstellt“, berichtet der Vorsitzende Mirko Pelzer.

Auch der seit vielen Jahren anlässlich des Alzheimertages veranstaltete Gottesdienst mit Kaffeetrinken für Mitglieder und Interessierte wird in diesem Jahr nicht stattfinden. Selbst wenn es unter Hygiene-Auflagen und mit viel Aufwand prinzipiell wieder möglich wäre, will die Gesellschaft kein Risiko eingehen: „Viele unserer Mitglieder und pflegenden Angehörigen gehören zur Hochrisikogruppe“, so Pelzer.

Doch viel besorgniserregender als der Ausfall des geselligen Charakters war für die Dortmunder Alzheimer Gesellschaft der Wegfall der Betreuungs- und Unterstützungsstrukturen. Die pflegenden Angehörigen hatten ab März fast gänzlich auf Unterstützungsmaßnahmen verzichten müssen, berichtet Pelzer. Die Alzheimer-Gesellschaft hat daher die Rufbereitschaft erweitert - statt einer waren drei Personen jederzeit ansprechbar.

Gestiegener Gesprächsbedarf

„Pflegende Angehörige hatten ein massives Problem und daher viel mehr Gesprächsbedarf“, berichtet Pelzer. Der Vorteil in Dortmund: Die Alzheimer-Gesellschaft ist in Dortmund gut vernetzt. „Wir kennen uns bei Hilfs- und Beratungsangeboten gut aus.“

So habe man Betroffene in eine Notgruppe in der Tagespflege vermitteln können - zumindest dann, wenn Gefahr im Verzug war. „Wir haben teilweise pflegende Angehörige, die selbst über 80 Jahre alt und selbst eigentlich pflegebedürftig sind. Sie haben aber keine Zeit, Anträge für sich selbst zu stellen oder auch nur an sich zu denken. Diese Menschen müssen wir entlasten.“

„Wir haben allen Mitgliedern auch eine selbst gebastelte Stoffmaske zukommen lassen zu einem Zeitpunkt, wo es große Schwierigkeit gab, überhaupt Masken zu kriegen“, erinnert Pelzer an die Anfangszeit der Corona-Einschränkungen im Frühjahr.

Die telefonische Gesprächsmöglichkeit war zumindest ein Ventil, um Druck abzulassen und sich austauschen zu können. Die ehrenamtlichen Aktiven der Alzheimer-Gesellschaft haben sich selbst in Telefon- und Videokonferenzen ausgetauscht und begonnen, neue Formate zu entwickeln.

Neue Angebote

„Wir mussten kreativ werden und sind dabei, bestimmte Präsenzangebote künftig online anzubieten.“ Dazu gehört auch ein virtueller Gesprächskreis, an dem pflegende Angehörige teilnehmen können, ohne das eigene Haus zu verlassen. Das könnte auch neue Teilnehmer*innen erschließen - beispielsweise Angehörige, die selbst nicht in Dortmund leben, aber deren pflegende oder zu pflegende Angehörigen. Sie könnten sich dann online austauschen und über Angebote informieren, ohne nach Dortmund fahren zu müssen.

Auch musste der sehr beliebte und begehrte Kochkurs „Heute koche ich“ für Männer abgesagt werden, die sich durch die Demenzerkrankung ihrer Partnerin mittlerweile selbst um den Haushalt und das Kochen kümmern müssen. „Wir reden von einer Generation, wo sich die Männer nicht um solche Dinge gekümmert haben. Ihnen wollen wir ermöglichen, zumindest einfache Gerichte für sich und die Partnerin zuzubereiten“, macht Pelzer deutlich. Da dieses Präsenzangebot derzeit ausfällt, will die Alzheimer-Gesellschaft Koch-Videos produzieren und im Internet veröffentlichen - es sind Anleitungen zum Nachkochen.

Präsenzveranstaltungen

Doch auf Präsenzveranstaltungen kann und will die Dortmunder Alzheimer-Gesellschaft nicht verzichten. Seit Anfang September gibt es wieder einen Angehörigen-Gesprächskreis - mit Anmeldung und Hygiene, Mundschutz und Einhaltung der Abstandsregelung. Allerdings an einem anderen Standort, weil das Wilhelm-Hansmann-Haus für externe Gruppen noch nicht wieder zur Verfügung steht.

Derzeit finden die Treffen im Naturfreundehaus in Lünen-Brambauer statt - mit maximal zehn Teilnehmenden. Die Resonanz der Gäste ist sehr positiv: „Alle waren glücklich, sich endlich wieder persönlich treffen zu können. Es gab eine richtige Wiedersehensfreude“, berichtet Johanna Kossmann. Beim zweiten Treffen gab Moni Gorzelka Anleitungen zu Entspannungs- und Atemübungen. Die Teilnehmer*innen waren sich einig: „Das könnte man öfter anbieten.“

Im Oktober gibt es die nächsten Treffen. Einziger Wermutstropfen: Das parallele Betreuungsangebot für die zu pflegenden Angehörigen kann derzeit noch nicht stattfinden. Aber auch dafür laufen die Arbeiten auf Hochtouren: Bis Ende September soll der häusliche Entlastungsdienst wieder starten können - ein entsprechendes Hygienekonzept wurde erarbeitet, um dieses für pflegende Angehörige so wichtige Angebot wieder anbieten zu können.

Losgegangen ist auch der Freizeittreff: Er richtet sich an Menschen in der Frühphase der Demenz und ihre Angehörigen. Es gab ein erstes Treffen auf der Terrasse im Biercafé West mit einem anschließenden Spaziergang im Westpark. Auch hier wäre die Wiedersehensfreude mit Händen zu greifen gewesen, würde man sich nicht an die Abstandsregeln halten.

An jedem ersten Dienstag gibt es ab sofort wieder ein Treffen, nachdem der Ausflug ins Bergbaumuseum in Bochum Anfang März die letzte gemeinsame Aktivität war, berichtet Angelika Mehring, die mit Beate Baars und Ulrike Klepczynski den Freizeittreff organisiert. Interessierte Paare bzw. Tandems können sich melden. Dann werden sie über die weiteren Aktivitäten informiert. Das Chortreffen an jedem dritten Dienstag muss aber weiterhin pausieren.

Es gibt weiter Hilfe

Die Botschaft ist klar: „Wir lassen unsere Angehörigen nicht im Stich. Wir tun unter den geltenden Corona-Regelungen unser Möglichstes, damit niemand auf der Strecke bleibt“, unterstreicht Mirko Pelzer. Das passt zum Motto des Welt-Alzheimertags: „Wir müssen reden - das ist wichtig.“ Reden muss der Verein auch über Geld, denn er finanziert sich nur über Spenden und Beiträge. Daher sind weitere Spenden, Mitglieder und insbesondere auch Aktive willkommen.

Alle alten und neuen Angebote kosten Geld - und die Arbeit muss weitergehen. „Demenz und Alzheimer ist für viele Menschen noch immer noch ein Tabuthema. Das darf nicht in Vergessenheit geraten, zumal es medizinisch noch immer keine Lösung gibt, sondern Hilfsangebote nur auf sozialbetreuerischer Ebene.

„Daher sind wohnortnahe Angebote und Anlaufpunkte wichtig. Da sind wir in Dortmund sehr gut aufgestellt, und wir fühlen uns als Alzheimer-Gesellschaft auch gut eingebunden im Sinne der zu Pflegenden und ihrer Angehörigen“, betont Pelzer.

Wer an einer Aktivität teilnehmen will oder Fragen hat, kann anrufen: 0231/7246611. Eine Anmeldung ist für eine Teilnahme zwingende Voraussetzung. 

INFOBOX: Welt-Alzheimertag

Seit 1994 wird am 21. September der Welt-Alzheimertag begangen. Er wurde von der „Alzheimer’s Disease International“ und der Weltgesundheitsorganisation WHO initiiert. Weltweit sind rund 46 Millionen Menschen von Demenzerkrankungen betroffen, zwei Drittel davon in Entwicklungsländern. Bis 2050 wird die Zahl auf geschätzt 131,5 Millionen ansteigen. Der Jahrestag soll aber auch hierzulande auf die Situation von Menschen, die an Alzheimer erkrankt sind, und ihre Angehörigen aufmerksam machen. In diesem Jahr steht er unter dem Motto: „Demenz - wir müssen reden!“

Autor:

Alexander Völkel aus Dortmund-City

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