Gib Dich nicht auf
Musikprojekt gibt schwerkranken Kindern und Jugendlichen neuen Lebensmut / mitreißendes Konzert in der Westfalenhalle / Vorgruppe der Undercovercrew
Wenn junge Menschen an Krebs erkranken, gibt ihnen das Musikprojekt „Fighting Spirits“ Mut und neue Lebenskraft. Anfang November zeigen dreißig Jugendliche in der Dortmunder Westfallenhalle als Vorgruppe der Undercover Crew vor über 2500 Zuschauern, was sie musikalisch und menschlich leisten – zur Nachahmung empfohlen.
Auf einmal ist alles anders: Eine schwere Erkrankung stellt die Jugendlichen vor den vielleicht größten Einschnitt ihres Lebens. Nicht nur sie, auch Eltern, Geschwister, Freunde und Schulkameraden müssen sich unbekannten Herausforderungen und mitunter einem unklaren Ausgang stellen. Therapeuten suchen nach Wegen, diesen Kindern Kraft zum Weiterleben und zum Sieg über die Krankheit zu geben, damit sie den Alltag der Krebstherapie ein Stück weit hinter sich lassen können.
Was sind die Fighting Spirits?
Frank Gottschalk, Ergotherapeut an der Kinderonkologie der Universität Düsseldorf und leidenschaftlicher Musiker, gründete die Düsseldorfer Gruppe vor über drei Jahren. Viele Melodien und Texte erarbeitet die inzwischen eingeschworene Gemeinschaft selber, sie stammen aber auch von bekannten Musikern. Den Titel „Wieder geboren“ sangen die Fighting Spirits mit Laith Al Deen neu ein. In Düsseldorf treffen sich die „kämpfenden Geister“ einmal wöchentlich zur Probe; seit einigen Monaten gibt es eine zweite Gruppe am Universitätsklinikum in Münster, aus der auch einige Kinder in Dortmund teilnahmen. Regelmäßige Auftritte in mehreren Orten stehen für 2015 auf der Agenda der Musikgruppe, denn sie wollen ihren „Spirit“ verbreiten und so dafür sorgen, dass immer mehr schwerkranke Kinder wieder ins Leben zurückfinden – auch oder gerade mit lebensbedrohlichen Krankheiten.
Stimmen der “Macher“:
Michaela Steffen, Mutter eines geheilten Kindes und unter anderem Pressesprecherin: „Musik hilft den Kindern auf ihrem Weg. Sie ist kreativ und kommt ohne Sprechen aus. Der Zusammenhalt in der Gruppe ist toll, neue Kinder werden sofort aufgenommen und akzeptiert.“
Michael Strawinski, Musiktherapeut und Gitarrist der Band: „Für die Kinder ist es wichtig, dass sie ernst genommen und nicht bemitleidet werden. Wenn jemand neu kommt, nennt er, was er bzw. sie für eine Krankheit hat – manch einer kennt die Diagnose schon – und im nächsten Satz gehen die Teenager zu Alltagsthemen wie Lippenstift oder Kleidung über.“
Wolfgang Köster, Musiktherapeut aus Münster und „Macher“ der neu entstandenen zweiten Gruppe, möchte das „Düsseldorfer Modell“ ebenfalls weiter auf den Weg bringen und in andere Kliniken tragen: „Die Kinder lernen, wie wichtig es ist, über ihren eigenen Schatten zu springen. Ich merke, dass das gemeinsame Musizieren Kraft und Lebensgefühl gibt, Freude macht – und dass die Gruppendynamik allen weiterhilft.“
Und was sagen die Kinder?
Ein Mädchen, das geheilt seinen neuen Weg beschreiten durfte, erzählt: „Ich weiß gar nicht, mit wem ich nun lieber zusammen bin, mit Euch oder mit meinen neuen Freunden ...“ Ein weiteres Mädchen versichert: „ Wir wollen die „Fighting Spirits“ unbedingt in andere Kliniken tragen, damit mehr Kinder und Jugendliche erfahren, was man aus eigener Kraft leisten kann.“
Auch Alina, 18 Jahre alt, seit Gründung der Initiative dabei und bereits zum vierten Mal erkrankt, blickt optimistisch in die Zukunft: „ Auch wenn ich während meiner Hochchemotherapie 100 Tage unter Quarantäne stehe – ich gebe nicht auf. Dann singe ich einfach allein in meinem Zimmer. Ich sage auch nicht, es ist jetzt ‚erst‘ der 20. Tag hier, sondern es ist ‚schon‘ der 20. Tag ... Ich stehe immer wieder auf, weil ich ein ‘Fighting Spirit‘ bin!“ Ihre Schwester ist auch Teil der Gruppe; die Musik gibt ihnen beiden Kraft, erzählt sie weiter. Denn auch Geschwister haben es nicht leicht, wenn Erkrankte plötzlich im Mittelpunkt der Familie stehen und alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Auch sie dürfen sich nicht aufgeben, brauchen Unterstützung und die Gewissheit, dass es wieder aufwärts gehen wird. „Wir wollen alle leben und zeigen, dass das möglich ist, egal mit welchem Handicap“, so Alina weiter. „Es gibt ein Mädchen bei uns, das kaum hören kann – ich selbst habe das Augenlicht mittlerweile ganz verloren, aber wir helfen einander: Ich höre für sie und sie sieht für mich.“ Der Dienstag ist für sie der wichtigste Tag in der Woche, weil dann geprobt wird. Sogar die Oma kommt mittlerweile oft mit.
Der fünfzehnjährige Nici spielt Keyboard in der Band und singt. Ursprünglich war er mitgekommen, um eine Freundin, die an Leukämie erkrankt war und nicht allein gehen wollte, zu begleiten. Die Stimmung in der Gruppe hat ihn überzeugt, zu bleiben: „Es ist nicht traurig dort, wie es Außenstehende vielleicht vermuten, im Gegenteil: die Motivation ist viel größer als bei anderen. Melancholie ist hier fehl am Platz.“ Für ihn ist klar geworden, welch großes Glück es ist, gesund zu sein. Der Blick auf die Probleme anderer macht ihn nachdenklich: „Es ist toll, wie viel die kranken kids schaffen. Sie geben niemals auf, auch scheinbar unüberwindbare Hürden werden genommen. Jeder von uns sollte Hilfe annehmen, wenn sie einem geboten wird.“
Ausblicke – wie es weiter geht
Auch das Sterben gehört dazu. Ein Trompeter der Band hat es nicht geschafft – und für eine Siebzehnjährige, die den Kampf gegen den Krebs ebenfalls verloren hat, wurde zum Gedenken ein Lied mit dem Titel „Hin zum Glück“ komponiert. Titel wie der Rap „Gib Dich nicht auf“, „Alles anders“ und „Wir werden leben“ erklären in wenigen Worten, worum es bei den Spirits geht. Und wenn man hört, wie die Kinder singen: „Mercy“, „Music is the power of life“ und „Schaut her! Wir sind die Gewinner, gewinnen wollt´ ich immer...“ spürt man, dass diese Kinder erkannt haben, worum es im Leben wirklich geht: Kämpfen, Aufstehen und Weitermachen, es lohnt sich – für jeden.
Welche Verbindung besteht zwischen der Undercovercrew und den Fighting Spirits?
Die Undercovercrew hat die Fighting Spirits auf einer Gala des Kinderlachen e. V., ebenfalls in Dortmund, kennengelernt. Backstage entwickelte sich ein intensives Gespräch, die Coverband verstand die Botschaft und lud die Spirits ein, bei ihrem nächsten Konzert dabei zu sein. Der Erlös des Konzertes „Mission Grössenwahn“ geht zu hundert Prozent an den Verein Kinderlachen mit Sitz in Dortmund.
Jeder Einzelne der Fighting Spirits sowie die Mitglieder des gleichnamigen, ehrenamtlichen Vereins hoffen, dieses Projekt und diese Idee in viele Kliniken weiter tragen zu können, beispielsweise auch über den neuen Partner DMI, dem größten Anbieter für digitale Archivierungssysteme in Krankenhäusern.
Auch im nächsten Jahr sind weitere Auftritte geplant, bisher sichere Termine der „Komm-mit-Tour“:
Düsseldorf, Theater der Träume, 21. März 2015
Münster, Factory Hotel, 16. Mai 2015
Nordhorn, Kloster Frenswegen, 20. Juni 2015.
Weitere Informationen unter www.fightingspirits.de
Autor:Mirjam Bauer aus Essen-Ruhr |
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