Hilfe zum Ausstieg

Stellten ihre Arbeit vor (v.l.): Andrea Hitzke, Leiterin der Dortmunder Mitternachtsmission,  Heike Müller, stellvertredende Leiterin, Gerlinde Iking, Gisela Zohren, Petra Papirowski Antje Stöhr und Meike Serge. | Foto: Schmitz
  • Stellten ihre Arbeit vor (v.l.): Andrea Hitzke, Leiterin der Dortmunder Mitternachtsmission, Heike Müller, stellvertredende Leiterin, Gerlinde Iking, Gisela Zohren, Petra Papirowski Antje Stöhr und Meike Serge.
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Die Mitternachtsmission ist seit 95 Jahren in Dortmund unterwegs, berät und betreut Prostituierte und Aussteigerinnen und ist spezialisierte Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel.

Im letzten Jahr hatte die Mission Kontakt zu 720 Klientinnen, davon waren 517 mit Migrationshintergrund, 114 Aussteigerinnen und 197 Opfer von Menschenhandel. 70 der Klientinnen waren minderjährig. Zusätzlich wurden 231 Kinder der Klientinnen mit betreut.

Die Mitternachtsmission bietet Beratung und Hilfe in allen Prostitutionsbereichen an. Die Mitarbeiterinnen gehen regelmäßig in die Linienstraße und in die bordellartigen Betriebe.

Die Beraterinnen suchen Frauen auf, die auf der Straße der Prostitution nachgehen. Dies sind zum Teil Migrantinnen, davon die meisten Bulgarinnen, aber mittlerweile überwiegend Drogenabhängige Beschaffungsprostituierte. Das Hilfeangebot für diese Frauen kann jetzt auch in Kooperation mit der Dormunder Drogenhilfe verstärkt werden.

Ins Beratungsangebot will die Mitternachtsmission wieder Gaststätten und Kneipen in der Nordstadt, in denen sich Prostituierte aufhalten oder in denen die Prostitution angebahnt wird, aufnehmen. Dieser Bereich war 2011 an die Beratungsstelle Kober abgegeben worden.

Gute Erfolge konnten die Mitternachtsmission im Bereich der Ausstieghilfen erzielen. Aufgrund der Nachfragen gehen die Beraterinnen von einem erhöhten Ausstiegswunsch aus. Dies betrifft auch die Frauen aus Bulgarien und Rumänien, die eine Chance auf eine Arbeit außerhalb der Prostitution sehen.
Der Bereich Kinder und Jugendliche in der Prostitution wird nach wie vor ausschließlich aus Spenden finanziert.

Durch den Einsatz von muttersprachlichen Honorarmitarbeiterinnen ist Beratung und Hilfe in verschiedenen Sprachen möglich.

Durch die nun wieder verstärkt mögliche aufsuchende Sozialarbeit und Streetwork, für die auch Mitarbeiterinnen eingestellt werden konnten, ist der Kontakt zu Frauen, die Opfer von Menschenhandel sind, einfacher geworden. Es sind Frauen und Mädchen, die mit physischem und psychischem Druck und Gewalt zur Prostitution gezwungen werden. Derzeit gibt es hier einen hohen Anteil zu von Menschenhandel betroffene Frauen und Mädchen, die als Flüchtlinge in Dortmund ankommen und überwiegend aus afrikanischen Ländern stammen. Besonders aufwändig ist hier die Mitbetreuung der Kinder der Klientinnen.

Von besonderer Bedeutung ist für die Mitternachtsmission die gute Kooperation mit anderen Stellen, z.B. den verschiedenen Hilfeeinrichtungen wie der Drogenhilfe, den unterschiedlichen Ämtern und der Polizei. Die Mitternachtsmission koordiniert seit vielen Jahren die kommunalen runden Tische Menschenhandel und Prostitution.

Fallbeispiel Ivanka (25):

In Bulgarien hat Ivanka für sich keine Zukunft gesehen, da sie Analphabetin ist und keine Ausbildung gemacht hat. Von Deutschland verspricht sie sich eine bessere Zukunft. In ihrer Heimatstadt hat sie von vielen gehört, die hier Arbeit gefunden haben und nun ihre Familie in Bulgarien mit Geld versorgen können.
Angekommen in Dortmund hat es sich für Ivanka, aber auch für ihren Freund Michel, als schwierig erwiesen eine Arbeitsstelle zu finden.

Michael hat die beiden anfänglich mit etwas Geld, das er durch Gelegenheitsarbeiten verdient hat, über Wasser gehalten. Für eine eigene kleine Wohnung reicht das Geld allerdings nicht aus. So sind beide ständig auf die Hilfe von Bekannten angewiesen die sie bei sich aufnehmen. Ivanka sieht zu dem Zeitpunkt für sich nur die Möglichkeit, Geld in der Prostitution zu verdienen.

Ivanka beginnt sich, wie einige andere Frauen die sie kennt, im Sperrbezirk zu prostituieren. Dort kommt auch eine Streetworkerin erstmals in Kontakt mit Ivanka. Ivanka öffnet sich, auch aufgrund der vorhandenen Sprachbarriere, nur langsam. In vielen kurzen Gesprächen und mit Hilfe der Sprachmittlerin stellt sich heraus, dass sie nicht in der Prostitution arbeiten möchte. Jeden anderen Job würde sie annehmen.

Mit Hilfe der Mitternachtsmission hat sie einen Job als Reinigungskraft angeboten bekommen. Der Arbeitgeber füllt alle erforderlichen Unterlagen aus und Ivanka schickt die Unterlagen an die Zentrale Arbeitsvermittlung nach Duisburg. Diese Stelle lehnt drei Monate später ihren Antrag ohne die Angabe von Gründen ab.

Seitdem arbeitet Ivanka weiterhin auf der Straße. Regelmäßig kommt sie in die Beratungsstelle und wird mit Kleidung und Lebensmittel versorgt. Um deutsch zu lernen, besucht sie einen Sprachkurs. Obwohl sie weder lesen noch schreiben kann, macht sie große Fortschritte.

Ivanka ist wieder auf Jobsuche. Leider ist die Stelle als Reinigungskraft anderweitig besetzt worden. Zusammen mit den Mitarbeiterinnen der Mitternachtsmission schaut Ivanka nach neuen Stellen, damit sie endlich aus der Prostitution aussteigen kann.

Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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