Der Un-Ruhestand bleibt
Über 30 Jahre lang hat sich Jutta Geißler-Hehlke als Leiterin der Mitternachtsmission für die Belange von Prostituierten eingesetzt. Nun geht sie in den Ruhestand.
dortmund. Obwohl: Ruhestand, das ist nicht ihre Baustelle: „ Die Arbeit der Mittarnachtsmission war immer auch ein finanzielles Problem. Schließlich sind Prostituierte kein Klientel, für das man gerne spendet. Ich will deshalb weiter Spenden aquirieren, als Unterstützung und Entlastung für die Mitarbeiterinnen der Mitternachtsmission.“
Als „alte Chefin“ will sie aber nicht aktiv ins Tagesgeschehen eingreifen, zumal sie mit ihrer Nachfolgerin Andrea Hitzke die Arbeit der Mission in guten Händen weiß.
Auch im privaten Bereich bleibt einiges zu tun: „Ich glaube, in all den Jahren sind meine Familie und meine Freunde oft zu kurz gekommen, da muss ich einiges gutmachen.“
Seit 1979 stand Jutta Geißler-Hehlke an der Spitze der Mitternachtsmission, mit einer Unterbrechung von zwei Jahren, die sie in Afrika verbrachte.
In dieser langen Zeit hat sich vieles getan, den größten Umbruch in ihrer Arbeit hat in ihrer Erinnerung das Prostitutionsgesetz aus dem Jahr 2002 bewirkt: „Die Frauen konnten sich durch das Gesetz sozialversichern, konnten endlich einen Prostitutionslohn auch einklagen, wenn der Freier nicht zahlen wollte, das alles hat zu einer Professionalisierung der Prostitution beigetragen“, erinnert sich Jutta Geißler-Hehlke.
Die Arbeitsbedingungen der Frauen wurde besser, die Bordellbesitzer handelten nun nicht mehr per Gesetz sittenwidrig und kümmerten sich darum, die Arbeitsplätze der Frauen würdig herzurichten. Bordellbesitzer mussten nun Steuern zahlen und sich an die Gewerbeordnung halten, „das hat für mehr Transparenz gesorgt.“
Soweit die Veränderungen zum Guten - doch auf der anderen Seite verschlechterte sich auch manches: „Durch die Öffnung der Grenzen in Europa gab es mehr Menschenhandel. Viele Frauen aus den ärmeren Ländern Europas kamen und gingen sich aus Mangel an anderen Tätigkeiten auf den Strich, denn sie dürfen ja ausschließlich selbstständig arbeiten. Prostitution ist aber eine Tätigkeit, für die eine Frau sich freiwillig und nicht aus Zwang entscheiden sollte.“
Die Konsequenz: „Man sollte den Menschen helfen, dass das Problem gar nicht erst entsteht. Doch Kommunen können das nicht lösen.“
Die Schließung des Straßenstrichs in Dortmund sieht Jutta Geißler-Helhke mit gemischten Gefühlen: „So wie es dort war, konnte es nicht weitergehen. Wir waren nicht für die Schließung und hätten uns gewünscht, dass der Strich verantwortlich bewirtschaftet würde, so wie ein Club.“
Ein geschützter Rahmen für die Frauen, einschließlich einer sozialen Beratungsmöglichkeit vor Ort sowie ein Pächter des Geländes, der die Verantwortung trägt, das war die Idee der Mitternachtsmission.
Nun ist ganz Dortmund ein Sperrbezirk, der Straßenstrich ist zu.
Wie die Geschichte weitergeht, „das muss man abwarten.“ Prostitution im Sperrbezirk, das habe es immer schon gegeben, erklärt Geißler-Hehlke „Mal mehr, mal weniger.“
Autor:Antje Geiß aus Dortmund-City |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.