CSD ist Samstag ein Heimspiel
Samstag hat Michael Kauch ein Heimspiel. Natürlich geht der Politiker, der Dortmunder Bundestagsabgeordnete, zum Christopher Street Day (CSD). Und das ist für den 46-Jährigen kein Wahlkampftermin.
„Ich war in einem Jahr schon mal auf elf CSDs“, erzählt Michael Kauch lachend. Seit vier Jahren lebt der FDP-Politiker in einer Lebenspartnerschaft mit seinem Mann Henry, jetzt ist er stolzer Vater einer kleinen Tochter.
Während viele den CSD in der City heute als große bunte Party erleben, sieht Michael Kauch den politischen Charakter des Straßenfestes im Vordergrund. „Dortmund ist nicht so riesig wie Köln, doch mit drei Talkrunden geht es bei uns auch viel um Politik“.
Es geht um die schwule und lesbische Community, um Menschen, die im falschen Körper geboren wurden und auch darum, Menschen fürs Ehrenamt zu gewinnen.
„Wir haben in Dortmund die einzige transsexullen Kneipe in NRW und zwei Initaitiven. Eine davon ist „Lili Marlene, die Transidente Lebenshilfe.
Als Politiker kennt Michael Kauch die Probleme von Menschen, die sich im falschen Körper gefangen fühlen: „Die Krankenkasse zahlt zwar alle Leistungen für geschlechtsanpassungen, doch sieht dann plötzlich Bartentfernung als rein kosmetisches Problem“, nennt er ein Beispiel.
In Sachen Diskriminierung habe sich bei Schwulen und Lesben viel getan, „doch wir müssen mit dem Vorurteil aufräumen, dass es im Bürojob einfacher ist als im Handwerk.“ So kenne er den Fall eines Abteilungleiters, der von allen Seiten gemobbt werde.
Und auch gerade schwule Lehrer haben Angst, sich in der Schule zu outen.
„Im Fußball gibt es keinen Bundesligaprofi, der sich in der aktiven Zeit geoutet hätte“, nennt der Dortmunder, der im Kaiserstraßenviertel zu Hause ist, ein weiteres Beispiel, dass der Weg zur Toleranz noch nicht zuende gegangen sei. „Viele Sportler haben nicht nur Angst vor den gegnerischen Fans, sondern auch um Sponsorengelder“, erklärt er.
Nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen
Der CSD sei ein guter Anlass, zu sprechen etwa über Homophobie im Fußball. Mit Blick auf Russland, wo Kauch nicht Staatschef Putin, sondern die 85 Prozent der Bevölkerung als Problem für Homosexuelle empfindet, könne man doch über die Partnerschaft mit Rostow am Don das Thema offen ansprechen. „Man sollte nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen machen“, fordert der Politiker.
Skeptisch ist der Dortmunder, der seit zehn Jahren im Bundestag sitzt, auch, ob der neue Papst für Schwule und Lesben in der Kirche etwas bewegt. Denn inhaltlich habe das Oberhaupt der Kath. Kirche nichts Neues gesagt. „Er hat es nur freundlicher ausgerückt“, schmunzelt Kauch.
Ein Tropfen auf den heißen Stein
litiker, er weiß von Besuchen in Moscheen, dass man die Konfliktfässer nicht gleich zur Begrüßung aufmachen muss.
Ein wichtiges Projekt, auch Vorurteile abzubauen, seien Peers, die Schulen besuchen. „SchLAau NRW“, ein schwul, lesbisches, bi-trans Aufkläsungsprojekt sei wertvoll, jedoch nach Michael Kauchs Erfahrung leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
„Die Mädchen haben mit dem Thema schwul oder lesbisch nicht so ein Problem, wie Jungen und das wird meist noch größer, wenn sie einen russischen oder türkischen Migrationshintergrund haben“, sagt Michael Kauch.
Nur wenig Interesse bestehe bei Lehrern sich in diese Richtung fortzubilden, so seine Erfahrung. „Der Ring politischer Jugend wollte parteiübergreifend Schulen besuchen, doch es gab in Dortmund nur zwei Rückmeldungen “, berichtet der Politiker.
Und da wurd's spannend
Auch, dass er in einer Realschule eingeladen war und von den Schülern gefragt wurde, ob er verheiratet sei. Da hat er gesagt, dass er schwul sei. Und erst von da an, sei es spannend geworden. Für die Schüler ist Michael Kauch einer, der so gar nicht dem Klische entspricht. Das ist wie beim Christopher Street Day, wo heute bis zu 10 000 Menschen feiern, die auch nicht alle Lack und Leder oder Fummel tragen.
Autor:Antje Geiß aus Dortmund-City |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.