Bombe bescherte kurze Nacht

Ihr Vater bringt Jule aus der Klinderklinik nach Hause, eigentlich sollte sie am nächsten Morgen operiert werden. | Foto: Schmitz
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  • Ihr Vater bringt Jule aus der Klinderklinik nach Hause, eigentlich sollte sie am nächsten Morgen operiert werden.
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Kurz vor Mitternacht konnte Dortmund aufatmen, Die zehn Zentner Bombe im Klinikviertel ist entschärft. Die größte Evakuierungsaktion nach dem Krieg konnte beendet werden, tausende Dortmunder konnten endlich wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Über 7000 Anwohner im 500 Meter Radius um die Fundstelle an der Friedrichstraße waren am Donnerstagabend und in der Nacht in der Westfalenhalle von Helfern versorgt worden. Donnerstagmittag hatte eine Baggerschaufel in einer Baugrube den Säurezünder eines Bombenblindgängers beschädigt. Das ganze Viertel mit Teilen des Klinikums, der Kinderklinik und des Johannes Hospitals musste geräumt werden.
Über 1100 Polizisten, Feuerwehrleute, Mitarbeiter der Stadt und Helfer waren im Einsatz, um die Bewohner des Klinikviertels in Sicherheit zu bringen.
Über 1000 Rettungskräfte koordinierten die Evakuierung der über 7000 Anwohner, die ihre Wohungen verlassen mussten. Über 700 Anwohner des geräumten Gebietes rund um die Friedrichstraße harrten bis Mitternacht in der Westfalenhalle aus und wurden dort versorgt.

Helfer zeihen Bilanz

Nach der kurzen Nacht im Klinikviertel zogen Freitagmittag Stadt, Feuerwehr, Ordnungsamt gemeinsam Bilanz zum Bombeneinsatz im Klinikviertel. Aus Sicht der Polizei ist der Einsatz zur Unterstützung der Stadt sehr gut verlaufen. Besondere Vorkommnisse aus polizeilicher Sicht gab es nicht.

Polizei: Konnten auf Erfahrungen zurückgreifen

„Wir konnten bei diesem ad hoc - Ereignis auf die Erfahrungen der jahrelangen guten Zusammenarbeit bei anderen herausragenden Einsatzanlässen in Dortmund auch mit dem Krisenstab der Stadt zurückgreifen“, resümierte der Einsatzleiter, Polizeidirektor Andreas Wien. Die Dortmunder Polizei setzte zur Bewältigung des Einsatzes rund 250 Beamte ein. Darunter auch zwei Bereitschaftspolizeihundertschaften. Von der Feuerwehr wurden mehr als 1100 Einsatzkräfte von Feuerwehr, DRK, ASB, JUH, MHD und THW nach dem Bombenfund im Klinikviertel zusammengezogen.

Schnell wurde Führungsstab einberufen

Als in den Vormittagsstunden der Ernst der Lage klar wurde, wurde auf der Feuerwache 1 der Führungsstab der Feuerwehr einberufen. Teile des regulären Einsatzdienstes mussten umstrukturiert werden um sowohl das „Tagesgeschäft“ weiterhin bedienen zu können als auch die anstehenden Aufgaben zu bewältigen.
In der Seilerstraße wurde das Ausbildungszentrum zum Anlaufpunkt für externe Kräfte hergerichtet. Eine Maßnahme, die sich schon bei vielen Ereignissen, so auch gestern, bestens bewährt hat. In der Spitze standen hier etwa 700 Einsatzkräfte bereit. „Glücklicherweise konnten einige Einheiten relativ zeitnah wieder aus dem Einsatz entlassen werden, weil eine mögliche Evakuierung der Krankenhäuser nicht notwendig wurde“, meldet Stadt-Sprecher Skupsch.
Zur Heranführung der externen Kräfte wurden an den großen Einfallstraßen Lotsenstellen eingerichtet. Von hier aus wurden die Einheiten dann zum Ausbildungszentrum geführt.
Die Betreuungsstelle an der Westfalenhalle nahm zu Spitzenzeiten Donnerstagnacht 749 Personen auf. Acht Personen mussten liegend betreut werden, zwei davon wurden mit Sauerstoff versorgt.

Wo gibt es schnell so viel Sand?

In der Nähe der Westfallenhallen standen auch LKW, beladen mit Sand, bereit. Hätte es zu einer kontrollierten Sprengung kommen müssen, wären große Mengen Sand erforderlich gewesen. „Diesen kurzfristig heranzuschaffen stellte eine ganz besondere Aufgabe dar“, berichtet der Krisenstab von Donnerstagnacht. Entsprechende Sandentnahmestellen mussten ausfindig gemacht, Spediteure angeheuert werden. Schlussendlich wurde der Sand aus Haltern am See herangeschafft.
Eine Behandlungsplatzeinheit war im Laufe des Abends in das Kreuzviertel verlegt worden und stand für alle Fälle bereit. Das „Behelfskrankenhaus“ musste seinen Betrieb aber zum Glück nicht aufnehmen.
Wegen des bei Baggerarbeiten gefunden Bombenblindgänger in der Innenstadt mussten weitreichende Evakuierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Davon betroffen waren auch das Klinikum Mitte, die Kinderklinik sowie das Johanneshospital.

Gesundheitsamt lobt Kooperation der Kliniken

Das Gesundheitsamt hat neben der Mitwirkung im Krisenstab der Stadt die internen Krisenstäbe der Krankenhäuser unterstützt und einen eigenen Führungs- und Koordinierungsstab gebildet.
Aufgrund der sehr guten Zusammenarbeit konnten die erforderlichen Maßnahmen zum Schutze der Patienten und der Mitarbeiter in den Krankenhäusern strukturiert und planmäßig umgesetzt werden.
Die Krankenhäuser wurden vom Gesundheitsamt regelmäßig über die Lage informiert.
Alle nicht unmittelbar betroffenen Kliniken mussten mit einem höheren Patientenaufkommen rechnen und haben sich darauf entsprechend vorbereitet.
Insgesamt muss die hohe Professionalität und das große Engagement aller Dortmunder Kliniken besonders hervorgehoben werden. Ausnahmslos haben sich alle Krankenhäuser binnen kürzester Zeit auf die besondere Lage eingestellt. Das Gesundheitsamt bedankt sich bei allen Helferinnen und Helfern für die große Einsatzbereitschaft.

Klinikum wieder im Normalbetrieb

Nach der Bombenentschärfung und umfangreichen Verlegung innerhalb des Kinderzentrums läuft das Klinikum wieder im Normalbetrieb.
„Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Hand in Hand und mit viel Engagement die notwendigen Verlegungen und Transporte bestens durchgeführt“ resümiert Arbeitsdirektor Ortwin Schäfer die Ereignisse rund um die Bombenentschärfung.
Im Kinderzentrum mussten die oberen drei Etagen gänzlich frei gezogen werden und im Hauptgebäude mussten die dem Fundort zugewandten Zimmer geräumt werden. „Mit Verlegungs- und Evakuierungsmaßnahmen anlässlich von Bombenfunden haben wir ja reichlich Erfahrung. Das ist jetzt bereits die vierte Bombe in den zurückliegenden sieben Jahren.“ weiß der Arbeitsdirektor des Klinikums.
Alle Notaufnahmen und Ambulanzen am Klinikum sind wieder im Normalbetrieb.

Abgesperrte Straßen und Anwohner, die von der Polizei im Klinikviertel rausgeklingelt wurden. Doch nicht nur rund 7100 Anwohner, auch Patienten der Krankenhäuser und die Senioren im Krautscheid-Haus sind betroffen: Nach dem Fund eines 10-Zentner-Bombenblindgängers bei Baggerarbeiten in der Dortmunder Innenstadt, wurde der Bereich um die Fundstelle an der Friedrichstraße abgesperrt. Hunderte Einsatzkräfte sind bei der großräumigen Evakuierungsaktion im Klinikviertel. Erste Anwohner treffen abends in der Westfalenhalle ein, wo sie abwarten, bis die Bombe entschärft ist.

Stadt warnt: Nicht zu den Kliniken fahren

Die Stadt bittet dringend Angehörige nicht zu den Kliniken zu fahren, um Patienten abzuholen, da dies die Verkehrssituation noch mehr belastet. Die Patienten werden in sichere Räume verlegt. Für das Abwarten bis zur Entschärfung der Bombe wurde für Anwohner des Viertels eine Anlaufstelle in der großen Westfalenhalle eingerichtet. Laut Angaben der städtischen Pressestelle wurde der Langzeitzünder der Bombe von einer Baggerschaufel auf einer Baustelle für Eigentumswohnungen beschädigt.

Blindgänger auf Baustelle

In der Friedrichstraße 33 wurde heute bei Bodenaushubarbeiten ein 10 Zentner schwerer Bombenblindgänger entdeckt. Nach ersten Informationen ist die Bombe mit einem chemischen Langzeitzünder versehen, der von einem Bagger beschädigt wurde. Es handelt sich um eine britische Fliegerbombe mit einem abgescherten mit Säure befüllten Langzeitzünder.

500-Meter Evakuierungs-Radius

Der Kampfmittelbeseitigungsdienst will versuchen den Blindgänger durch das Entfernen des Zünders zu entschärfen, gelingt dies nicht, muss gesprengt werden. Im ersten Fall beträgt der Evakuierungsradius 500 Meter, er reicht von der Grenze Dorotheenstraße im Westen bis zum Hohen Wall, zur Luisenstraße und fast bis zur S-Bahn Richtung Sonnenplatz.
Das Johannes-Hospital muss dann nicht evakuiert werden. In der zweiten Variante beträgt der Radius 1000 Meter. So sitzen viele Anwohner neben gepackten Taschen, falls die Entschärfung der Bombe nicht gelingt und sie auch ihre Wohnungen verlassen müssen.
Die im ersten Radius liegenden größeren Objekte wie Klinikum, Kinderklinik und Eugen-Krautscheid-Haus wurden sofort informiert. Neben dem Führungsstab der Feuerwehr hat auch der städtische Krisenstab unter der Leitung von Stadträtin Birgit Zoerner die Arbeit aufgenommen. Seit 12.20 Uhr unterstützt der Krisenstab die unfassenden Evakuierungsmaßnahmen in der City.

Feuerwehr bereitet Sandsäcke vor

Die Feuerwehr bereitet vorsorglich für den Fall einer Sprengung 50 sogenannte Bigpacks vor. Hierbei handelt es sich um Sandsäcke mit einem Fassungsvermögen von einer Tonne Sand. Die Kinderklinik sowie Teile des Klinikums müssen für die Entschärfung der Bombe evakuiert werden und frei von Patienten sein, weitere Abteilungen des Klinikums Mitte dürfen Patienten innerhalb des Gebäudes verlagern. Krankenhäuser in Brackel, im Dortmunder Westen und Süden nehmen Patienten aus der Innenstadt auf. Die Bezirksregierung Arnsberg überprüft auch die Aufnahmekapazitäten der Krankenhäuser außerhalb Dortmunds.
Es wird von einem Evakuierungsradius von 500 Metern ausgegangen.

Krisenstab koordiniert Evakuierung

"Inzwischen befinden sich zusätzlich zu den regelmäßig im Dienst befindlichen Kräften der Feuerwehr und des Rettungsdienstes mit mehr als 800 Einsatzkräften von Feuerwehren, Hilfsorganisationen und dem THW im Verfügungsraum und Bereitstellungsräumen", informiert die Feuerwehr. Diese Personalreserve ist wichtig, um mit ausreichend Personal jederzeit schnell eingreifen zu können.
Ein Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitungsdienstes (KBD) Außenstelle Münster informierte im Krisenstab über den aktuellen Stand der Dinge.
In unmittelbarer Nähe des Blindgängers steht ein Hochspannungshäuschen von DEW21, welches bei einer Detonation beschädigt werden könnte.
Zwei Mitarbeiter des KBD werden von der Feuerwehr in alle drei Kliniken gefahren um zu prüfen, inwieweit möglicherweise die Evakuierungsmaßnahmen auf ein Minimum reduziert werden können.
Die Feuerwehr richtet auf den Parkplätzen vor der Westfalenhalle 1 einen Bereitstellungsraum für die Zusammenführung eigener Kräfte sowie einen Verfügungsraum für die Kräfte des Rettungsdienstes vor.

Johannes-Hospital muss nicht geräumt werden

Bürger müssen bei Anfragen an die Stadt Dortmund über die Rufnummer (0231) 50 0 ggfls. mit einer längeren Wartezeit rechnen. Für die akute Lage ist diese Rufnummer am heutigen Donnerstag über 20 Uhr hinaus besetzt. Informationen zur aktuellen Lage gibt die Stadt unter Tel:(0231) 50 13888. Hier können Fragen zur Öffnung im Sektor liegender Schulen, Kindergärten und Tagespflege beantwortet werden.
Eine aktuelle Begehung des Kampfmittelbeseitigungsdienstes im Johanneshospital hat ergeben, dass hier nicht evakuiert werden muss. Das Krankenhaus hat einige Patienten vorzeitig entlassen. Mit eigenen Bordmitteln werden einige Patienten nun innerhalb des Gebäudes in tiefer gelegene Geschosse verlegt. Hier werden auch die Kellerräume des Hospitals genutzt. Derzeit stellt sich die Situation vor den drei Kliniken derart dar, dass zahlreiche Angehörige per Pkw versuchen, diese zu erreichen um Patienten zu besuchen bzw. abzuholen. Dies führt zu einer erheblichen Verschlechterung der Verkehrssituation an allen drei Kliniken. Der städtische Krisenstab bittet darum, derartige Fahrten nicht zu unternehmen.

Drei Etagen der Kinderklinik werden evakuiert

Eine aktuelle Besichtigung mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst (KBD) in der Kinderklinik sowie im Klinikum hat ergeben, dass lediglich die oberen drei Etagen des Gebäudes der Kinderklinik evakuiert werden müssen. Die Betten werden in die Flure der unteren Geschosse geschoben. Im Hauptgebäude des Klinikums an der Beurhausstraße werden die Patientenbeten von den Fensterfronten in den Betten auf die Flure geschoben.

DEW21 sieht nur geringe Probleme für Energieversorgung

DEW21 sieht in unmittelbarer Nähe des Blindgängers keine Probleme für Strom und Wasserleitungen. Probleme bereitet eine Gasversorgungsleitung im Bereich der Friedrichstraße die von zwei Trupps freigelegt und vor der Entschärfung abgesperrt werden muss. Entsprechende Arbeiten haben um 17.15 Uhr begonnen. Die Arbeiten dauern voraussichtlich rund drei Stunden. Nach Absperren der Leitung werden rund acht bis neun Häuser ohne Gasversorgung sein.

Hunderte Einsatzkräfte vor Ort

Rund 120 Einsatzkräfte des Ordnungsamtes und rund 200 Polizeibeamte sind am heutigen Einsatz beteiligt. Hinzu kommen weitere Mitarbeiter aus allen betroffenen Bereichen. Das Tiefbauamt beginnt nach 17 Uhr mit der Polizei, die erforderlichen verkehrlichen Straßensperrungen vorzubereiten.
Die Stadtbahnlinie an der Möllerbrücke wird rechtzeitig vor der Entschärfung außer Betrieb gesetzt.
Patienten, die von Polizei und Ordnungsamtsmitarbeiter evakuiert werden, sollten dringend daran denken, ggfls. erforderliche Medikamente mitzunehmen.
Vorsorgliche Maßnahmen
Der KBD lässt über das städtische Beschaffungsamt 300 m³ Sand bestellen, mit dem die ausgehobene Baugrube praktisch wieder komplett befüllt werden kann. Dreihundert Tonnen kommen mit elf LKW aus Haltern am See, weitere einhundert Tonnen sind in Bickpacks Vorbereitung. Dabei käme ein Bagger des Technischen Hilfswerks zu Einsatz. Der Sand würde dann darüber hinaus noch pyramidenartig mit den sogenannten Bigpacks abgedeckt. Dies für den Fall, dass der Entschärfungsversuch nicht greift.
Kurz vor 18 Uhr wird das U geschlossen, das View, oben im Turm sagt seinen 130 Gästen für den Abend ab. Laut Stadt haben auch das FZW und das Theater Fletch Bizzel ihre Abendveranstaltungen abgesagt. Demgegenüber ist das Theater nicht von der Evakuierung betroffen. Gegen 18 Uhr verkehren noch die Stadtbahnlinien im Viertel, halten jedoch nicht mehr am Klinikum.

Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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