"Kick it like Samuel?!"
Was passiert eigentlich, wenn man es in der Welt des Fußballs nicht bis ganz nach oben schafft? Samuel Tuffour weiß es, denn für ihn hat es letztlich nicht gereicht. Im Interview berichtet er über seine Karriere, seinen gewandelten Blick auf Bildung und seine Pläne für die Zukunft.
Samuel wurde 1993 in Ghana geboren und lebte dort bei seiner Tante und seinem Onkel; seine Mutter weit weg in Deutschland. Nicht einfach für ihn damals, berichtet Samuel. Seine einzige Leidenschaft bestand aus dem Fußballspielen. Als seine Mutter ihm bei einem Besuch ein Dortmund-Trikot mitbrachte, reifte in ihm sein größter Traum: eines Tages für Dortmund spielen, als Profi. Er trainierte jeden Tag so hart wie er nur konnte. Im Alter von 12 Jahren hatte er dann die Möglichkeit, zu seiner Mutter nach Dortmund zu ziehen. Er machte als Spieler schnell auf sich aufmerksam und sein Traum schien wahr zu werden: Zuerst bei TSC-Eintracht Dortmund als jüngster und wohl bester Spieler der U13 dort, dann ein Angebot von Borussia Dortmund für 5 Jahre (bis zur U17) sowie ein Vertrag in Wattenscheid. Schließlich holte ihn ein Sport-Manager nach Bielefeld, wo er in die zweite Mannschaft (U19, Oberliga) aufgenommen wurde. Der Traum vom Spielen in der Regional- und dann Bundesliga rückte immer näher.
Man könnte meinen, dass seine Geschichte wie die vieler heutiger Fußballstars weitergehen würde. Doch dem war nicht so. Es kam - wie nicht selten im Fußballerleben - die große Verletzung: Bänderriss mit der Folge, dass der linke Fuß nie mehr wieder so stabil sein wird wie vorher. Damit war klar, dass die ganz große Karriere ausbleiben wird. Zunächst wurde er nicht mehr dauerhaft eingesetzt, dann lief der Vertrag aus. Trotz Wechsel zum TSG Sprockhövel und einigen Einsätzen merkte Samuel, dass er eine Alternative bzw. Perspektive brauchte. Obwohl schon früher die Trainer viel Wert darauf gelegt hatten, dass die Spieler neben dem Fußball auch die Schule im Blick behalten, erkannte Samuel zu dieser Zeit erstmals, wie wichtig eine solide Schulbildung und ein guter Abschluss für Fußballspieler ist.
Nicht mit seiner Situation hadernd informierte er sich, wie es für ihn weitergehen könnte. Freunde machten ihn auf das Westfalen-Kolleg in Dortmund aufmerksam, bei dem er sich schließlich 2016 anmeldete, um die Fachhochschulreife nachzuholen. „Es war komisch, die Schulbank wieder zu drücken. Ich war auf einmal wieder in einem ganz normalen Leben. Die ersten Schultage waren für mich nicht einfach.“ Samuel wurde auch von einigen Klassenkameraden erkannt und sie waren sehr interessiert an seiner Geschichte. Es entwickelten sich für ihn echte Freundschaften, auch unabhän-gig vom Thema Fußball. „Das Gemeinschaftsgefühl half, zur Schule zu kommen, mit der Situation zurechtzukommen“, berichtet Samuel. Von den Lehrkäften wurde er indes nicht erkannt. Erst als Samuel mit der Schulmannschaft des Westfalen-Kollegs an der NRW-Meisterschaft der Kollegs und Abendgymnasien teilnahm und diese gewann, merkten viele, dass hinter Samuels fußballerischem Können nicht nur ein Hobby stand. Auf den Unterricht hatte das seiner Meinung nach aber keinen Einfluss. Es werde hier jeder gleich und fair behandelt, unabhängig von der eigenen Vorgeschichte, so Samuel.
Nun verlässt Samuel das Westfalen-Kolleg mit der Fachhochschulreife, zufrieden über das Erreichte und glücklich über die Möglichkeit, dass er hier den Abschluss nachholen konnte. Für seine weiteren Pläne reiche dieser Abschluss, so Samuel. Einerseits reizt ihn ein Studium des Sport-Managements in England. Andererseits möchte er aber auch gerne mit seinem Wissen und seinen Erfahrungen rund um die Fußballwelt seinen kleinen Bruder trainieren und ihm beratend zur Seite stehen. Er befindet sich momentan genau an der Stelle zum Profi, an der er früher stand: „In der Fußballwelt braucht man eine Person, auf die man sich zu 100 % verlassen kann, gerade wenn es um Training, Verträge und Perspektiven geht.“ Um genug Zeit für seinen Bruder zu haben, überlegt er daher alternativ, eine Ausbildung hier vor Ort anzufangen. Mit seinem nachgeholten Schulabschluss dürften die Chancen hierfür sehr gut stehen. Egal für was er sich letztlich entscheiden wird, seinem Bruder wird er sicherlich nahelegen, dass Bildung bzw. ein guter Schulabschluss sich letztlich immer auszahlen wird. Denn man weiß nie, was kommt!
Das Westfalen-Kolleg ist eine Schule des Zweiten Bildungsweges. Das „Abitur nachholen“ kann man hier zwei Mal im Jahr, zum Sommertermin (gemeinsam mit den Gymnasien) und zum Wintertermin, zu dem nur an Weiterbildungskollegs das Abitur erlangt werden kann. Zum nächsten Semesterbeginn nach den Sommerferien sind sowohl in den Bildungsgängen „Abendgymnasium“ und „Kolleg“ (ganztags) als auch in „Abitur-online“ noch Plätze frei. Informationen finden Sie unter: www.westfalenkolleg-dortmund.de oder 0231/139050.
Autor:Clemens Brust aus Dortmund-City |
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