Viel, viel sprechen!

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" Es sind nicht nur die Kinder mit dem sogenannten Migrationshintergrund, die Schwierigkeiten beim Sprechen haben", sagt Heike Klocke-Knäpper. Sie kümmert sich als Fachreferentin bei der Fabido speziell um solche Probleme.

"Bildungsfern", das ist ihr Stichpunkt, denn Kinder auch aus bildungsarmen deutschen Familien beherrschen oft ihre Muttersprache nicht ausreichend.
50 Kinder aus zehn Nationen werden in zwei Gruppen in der Fabido-Einrichtung an der Bornstraße betreut. "Deutschkenntnisse haben die Kinder fast gar nicht", erklärt die Leiterin Heike Klumbies, und das ist das Hauptproblem. "Oft kommen die Kinder aus sprachlich gemischten Familien, in denen schon die Eltern ihre Muttersprache nicht richtig beherrschen." Was die Eltern nicht gelernt haben, können sie auch nicht an ihre Kinder weitergeben.

"Besonders die bildungsfernen Schichten sprechen einfach zuwenig mit ihren Kindern", erklärt Heike Klocke-Knäpper. Das was im Elternhaus fehlt, kann auch der Kindergarten nicht komplett ausgleichen, obwohl die Einrichtung an der Borstraße allein schon durch die Zusammensetzung ihrer Kinder seit Jahren besonders intensiv am Spracherwerb arbeitet. "Wir nehmen die Kinder nicht aus den Gruppen heraus, um sie einzeln intensiv zu fördern. Statt dessen wird mit allen Kinder extrem viel gesprochen - den ganzen Tag lang und in jeder Situation".

Es gibt Lesepatinnen, die auf Deutsch und auf Türkisch vorlesen, in Kürze kommt noch das Angebot auf Deutsch-Griechisch hinzu. Daneben gibt es den "Book-Buddy" im Kindergarten, den Bücherkumpel. Mit selbstgemachten Büchern, Fotos und zum Beispiel Memory-Spielen sind die Kinder nicht nur kreativ, sondern auch sprachlich gefordert. In regelmäßigen Teamkonferenzen werden neue Ansätze besprochen, und auch das Projekt "Griffbereit" unterstützt die Arbeit im Kindergarten. Es richtet sich an zugewanderte und deutsche Eltern und Kinder. „Griffbereit“ fördert sowohl die allgemeine kindliche Entwicklung und die Mehrsprachigkeit von Kindern und Eltern als auch die Erziehungskompetenz der Eltern.

Ein ganz wichtiger weiterer Baustein: " Die Mitarbeit der Eltern", erklärt Heike Klocke-Knäpper. Das Problembewusstsein der Eltern sein sehr groß, erklären Klocke-Knäpper, Klumbies und Sara Nase, die als Erzieherin und Tagesmutter in der benachbarten Kinderstube an der Bornstraße arbeitet.

Jeweils drei Tagesmütter betreuen dort drei Gruppen von neun Kindern. Knapp unter zwei bis vier Jahre alt sind die Kinder, die in der kinderreichen Nordstadt keinen Kita-Platz bekommen haben. Auch in den Kinderstuben steht die Sprachförderung ganz oben. "Durch die kleinen Gruppen haben wir viele Möglichkeiten der Förderung, singen Lieder, machen Rollenspiele, gucken Bilderbücher an." Daneben gilt es, besonders die Mütter zu Deutschklursen zu ermuntern.

"Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass es gar nichts bringt, wenn eine Mitarbeiterin in der Einrichtung speziell ausgebildet wird. Alle müssen entsprechend geschult werden", erklärt Heike Klocke-Knäpper. So früh wie möglich mit dem Spracherwerb ansetzen, durchgehend viel mit den Kindern sprechen, die Eltern weitgehend einbeziehen, das sind die Eckpunkte der praktischen Arbeit, an der Bornstraße. "Das Geld für Delfin setzt man am besten für mehr Personal ein", erklärt Heike Klocke-Knäpper. Der Delfin-Test bildet ein gleichbleibend schlechtes Niveau ab", da sind sich die drei Erzieherinnen einig. "Dabei sein der Test ein gutes Instrument zur Bewertung, Doch die Kinder kommen oft erst mit vier Jahren - zu spät für den Spracherwerb.

Auf die Einrichtungen in der Nordstadt könnten in Zukunft aber noch ganz andere Probleme zukommen, denn mit dem nächsten Jahr rechnen die Erzieherinnen mit einem deutlichen Zuwachs au Kindern aus Rumänienund Bulgarien. "Momentan kommen schon jetzt viele marokkanische Familien aus Spanien", hat Heike Klumbies erfahren. "Da sind die Kinder oft schon fünf Jahre alt oder älter und sprechen kein Deutsch."

Besonders bei den Romafamilien aus Rumänien und Bulgarien muss man erst einmal sehen, wie man die Familien erreicht, die Strukturen wie Kindergarten und Schule gar nicht kennen und die sich erst einmal an regelmäßige Abläufe gewöhnen müssen.

Sieben Auffangklassen gibt es bereits in den Schulen in der Nordstadt, rund einhundert Kinder wurden so erfasst, doch wie groß die Zahl der Kinder ist, die in keiner Institution sind, ist ebenso unbekannt wie die Zahl derer, die in den nächsten Jahren kommen werden.

Klar scheint: Es gibt zuwenig Kindergartenplätze, zuwenig Erzieherinnen in den Einrichtungen, die Kinder kommen zu spät in die Kindergärten, um wirklich das aufzufangen, was im Elternhaus fehlt.

Familien, die keinen Kita-Platz haben, können dennoch etwas für den Spracherwerb ihrer Kinder tun: "Viel mit den Kindern sprechen, in der Muttersprache und auf Deutsch, Bewegung und Sprache verbinden, die Angebote der Büchereien nutzen, die Kinder mit Büchern vertraut machen", das rät Heike Klumbies und gibt gleich ein Beispiel: "Wir haben hier eine kurdische Familie, die unter sehr schlechten Bedingungen hier lebt. Doch der Vater schreibt auf kurdisch Kinderbücher, und die Kinder wachsen mit Büchern zuhause auf. Sie lernen Sprache viel schneller als andere Kinder, weil es zuhause ein Thema ist."

Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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