Personalmangel in der Pflege - Wie ist die Lage in Dortmund?

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über den Fachkräftemangel in den Pflegeberufen geklagt wird.

Wer einen kranken Angehörigen in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung betreut, kann oft haarsträubende Geschichten über den Pflegenotstand in den Häusern erzählen. Viele Pflegekräfte dort sind überfordert und ausgebrannt.

Vorschläge zur Verbesserung der Situation gib es viele, kürzlich hat der neue Gesundheitsminister Jens Spahn vorgeschlagen, Pflegekräfte aus Osteuropa kurzzeitig anzuwerben. Unterdessen versuchen Pflegebüros mit plakativer Werbung und Sonderleistungen wie einem maßgestrickten Arbeitsplan oder privater Nutzung von Dienstwagen neues Personal anzulocken.

Schon jetzt ergibt sich eine Schere zwischen Pflegekräften und Pflegebedürftigen, die sich mit dem Eintritt der Babyboomer ins Rentenalter in einigen Jahren noch verschärfen wird. Aktuell fehlen rund deutschlandweit etwa 30.000 Kräfte, im Jahr 2025 könnten es an die 100.000 sein.

Im Hoeschpark soll in absehbarer Zukunft eine der größten Pflegeschulen des Landes entstehen, und der Berufsverband der Pflegeberufe plant derzeit die Einrichtung einer Pflegekammer in NRW, um Ausbildung und Ausbildungsinhalte aktiver mitbestimmen zu können.

Die Katholische St.-Johannes-Gesellschaft hat in diesem Jahr schon zum fünften Mal das Projekt „Schüler leiten eine Station“ angeboten. 25 Gesundheits- und Krankenpflegeschüler im dritten Ausbildungsjahr bekommen dort die Möglichkeit, über vier Wochen eigenständig die Arbeit auf der Station zu organisieren. Die examinierten Kollegen stehen beaufsichtigend jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. In diesem Projekt lernen die Azubis, selbst den Überblick zu gewinnen und die Organisation des Pflegealltags von der Personalplanung über die Durchführung aller pflegerischen Tätigkeiten bis hin zur Pflegedokumentation selbstständig durchzuführen.

Doch wie sieht die Lage in der Pflege in Dortmund aktuell aus? Was sagen und tun Arbeitgeber wie das Klinikum, die Diakonie oder die Stadttochter SHDO mit ihren Seniorenheimen, um Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten?

Rund 1300 Pflegekräfte sind im Dortmunder Klinikum beschäftigt, weiß Pressesprecher Marc Raschke: „Wir bilden mit unserer klinikeigenen Schule für Gesundheitsberufe über unseren eigenen Bedarf aus, aktuell haben wir dort rund 500 Azubis, das heißt, wir kommen unserer Verantwortung als kommunales Haus für die Ausbildung sicherlich mehr als nötig nahe. Entsprechend übernehmen wir dann auch viele Azubis nach ihrem Examen direkt in den Pflegedienst.“ So bildet das Klinikum auch für andere Pflegeeinrichtungen mit aus.

„Wir verzeichnen auch immer noch eine hohe Bewerberzahl für die 500 Ausbildungsplätze, so dass wir insgesamt in das allgemeine Klagen über Fachkräftemangel noch nicht so inbrünstig einsteigen müssen wie das in anderen Regionen Deutschlands der Fall ist“, erklärt Raschke und weist auf andere Großstädte wie München oder Frankfurt hin. Dort seit der Mangel extrem hoch, was unter anderem daran liege, dass die hohen Lebenskosten dort mit einem Gehalt zum Beispiel einer Krankenschwester nicht mehr finanzierbar seien.

Das Klinikum hat für die Mitarbeiter einen weiteren Vorteil: „Als Maximalversorger können wir medizinisch nahezu alles an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen anbieten.“ Das ist gut für die Karriere der Pflegekräfte. Nicht zuletzt zahlt das öffentliche Haus nach Tarif, was viele andere (gerade private Klinikbetreiber) nicht tun.

Dennoch betreibt auch das Klinikum Personalmarketing: „Man darf schließlich nicht erst aktiv werden, wenn die Not überhand nimmt.“ Ganz frisch wurde es zum Beispiel für ein Projekt ausgezeichnet, mit dem auf ungewöhnlichem Weg nach Mitarbeitern gesucht wird. Ein You-Tube-Video mit Geräuschen einer OP war sogar preiswürdig für die Innovation im Personalmarketing.

Wer sich für eine Stelle am Klinikum interessiert, kann sich über zwei neue Apps informieren: Den „PJDO“ für Studenten, die ihr Praktisches Jahr dort machen wollen, sowie die „Jinder – der Job-Finder“-App; letztere richtet sich an Schüler, die kurz vor ihrem Abschluss stehen und Orientierung in Ausbildungsberufen suchen, die es in einem Krankenhaus wie dem Klinikum gibt. Beide Apps sind im App-Store von Apple und Google kostenlos herunterzuladen.

SHDO-Chef Martin Kaiser meint: „Bundesweit haben wir jetzt schon einen dramatischen Fachkräftemangel und in Zukunft wird dieser Mangel noch deutlicher werden.“ Ein Grund für den Personalmangel ist für Kaiser das schlechte Image der Pflegeberufe. Dabei sagen fast alle Pflegekräfte, das ihr Beruf ein toller Beruf ist.“

Schon 2007 haben die städtischen Seniorenheime Dortmund einen internen Ausbildungspakt geschlossen. Seitdem werden Azubis bis an die leistbare Obergrenze ausgebildet, das sind 60 bis 70 pro Jahr. „Jeder, der die Ausbildung schafft, bekommt bei uns auch einen qualifizierten Arbeitsplatz. Derzeit schaffen wir das so gerade, das Personal zu bekommen, das wir brauchen, da sind wir ein bisschen so das gallische Dorf, umringt von Römern.“ Infos zu Stellenausschreibungen gibt es hier: http://www.shdo.de/cms/front_content.php?idcat=53

Dabei sind die Aufstiegsschancen in den Pflegeberufen gut, denn auch in den Führungsebenen fehlen geeignete Leute. Die Zukunft der Pflegeberufe betrachtet Kaiser dennoch skeptisch: „Ich sehe das nicht rosig. Die Wertschätzung und die Würdigung in diesen Berufen findet nicht statt. Das System muss wohl erst komplett zusammenbrechen, bevor es neu aufgebaut wird.“

Dabei ist die mangelnde Wertschätzung der Arbeit nur ein Problem. Der Betreuungsschlüssel sorgt in Deutschland für die Überlastung des Pflegepersonals. Der Burnout der Mitarbeiter ist da vorprogrammiert: Die internationale Pflege-Vergleichsstudie RN4CAST aus dem Jahr 2012 hat ermittelt, das in den USA durch­schnittlich 5,3 Patienten auf eine Pflegefachkraft kommen, in den Niederlanden sieben, in Schweden 7,7 und in der Schweiz 7,9. In Deutschland müssten sich Krankenschwes­tern dagegen im Schnitt um 13 Patienten kümmern.

„Examinierte Krankenpfleger und Altenpfleger suchen wir ständig“ - Das sagt Tim Cocu, Pressesprecher der Diakonie in Dortmund. Rund 300 Mitarbeiter hat die diakonische Altenpflege in Dortmund, verteilt auf sieben Diakoniestationen, mehrere Demenz-Wohngruppen und in der Tagespflege. 38 Azubis werden derzeit ausgebildet, unter anderem von 17 Praxisanleitern der Diakonie.

„Bei uns ist es so, dass wir Menschen in der Pflege ausbilden, die uns nach der Prüfung dann oft erstmal wieder verlassen“, so Cocu. Die kleinen Pflegebüros können oft attraktivere Angebote machen als die Diakonie. Erfreulicherweise kommen aber dann viele Ehemalige wieder zur Diakonie zurück. „Mit dem Personal müssen wir jonglieren, doch meist gelingt die Stellenbesetzung.“

Bei der Diakonischen Pflege Dortmund gGmbH beginnen immer im Frühling und im Herbst die Ausbildungen. Für den nächsten Start im Oktober sind noch wenige Plätze frei. Bewerbungen für die Ausbildung ab April können aber auch schon jederzeit eingereicht werden. Weitere Infos und Stellenangebote gibt es hier: https://www.diakoniedortmund.de/fuss/stellen-mitarbeit.html.

Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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