Leben mit Alzheimer

Anni mit ihrem Mann Horst. Das Bild wurde mit einem Bearbeitungsprogramm verfremdet. | Foto: Schwalbert
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Von Sabine Schwalbert

Vor rund fünf Jahren bekam Anni M. (Namen geändert) mit Ende 60 die Diagnose: Alzheimer. Sie hat eine langsam verlaufende Form, deshalb kann ich mit ihr selbst sprechen und fragen, wie sie sich mit der Krankheit fühlt, wie sie ihr Leben verändert.

Auch Annis Mann Horst ist betroffen. So manche lieb gewordenen Gewohnheiten, Urlaubsreisen und den Dauercampingplatz musste das Paar aufgeben. „Koffer packen, das ist einfach viel zu stressig für mich, das ist Schwerstarbeit“, erzählt Anni. Dennoch finden die beiden noch Gelegenheiten zum Lachen. „Das ist keine schöne Krankheit, aber wenn ich nicht mehr laufen könnte, wäre das für mich schlimmer. Wenn ich schon nicht denken kann, dann kann ich wenigstens gut laufen“, lacht sie.

„Angefangen hat das alles von jetzt auf gleich, mit Vergesslichkeit“, erzählt Anni. Es wurde schlimmer, Arztbesuche folgten, erst beim Hausarzt, dann beim Neurologen. Schließlich die eindeutige Diagnose per Rückenmarks-Punktion im Krankenhaus. Über die Jahre ist die Krankheit extremer geworden, hat sich schleichend verschlechtert: „ Das ist schon krass. Mir bleiben oft nur Fetzen im Gehirn.“ Besonders das gesprochene Wort ist bei ihr oft sofort wieder weg, an Gespräche und deren Inhalt kann sie sich in der Regel gar nicht mehr erinnern, sie muss alles aufschreiben. Das Langzeitgedächtnis funktioniert noch gut, das Kurzzeitgedächtnis so gut wie gar nicht mehr.

Wenn man Anni so sieht, würde man nicht auf die Idee kommen, dass sie an Alzheimer leidet. Sie ist eine lebhafte Person, wirkt agil, mit einem flotten Kurzhaarschnitt sieht sie jugendlich aus. Viele Tätigkeiten im Haushalt kann sie noch gut bewältigen. „Was ich machen will, das schaffe ich auch.“ Auch alleine spazieren gehen klappt noch, obwohl sich Horst dann Sorgen macht. Er wünscht sich, dass sie dann ihr Handy mitnimmt, falls sie mal nicht mehr weiß, wo sie ist. Doch davon will Anni nichts wissen: „Das setzt mich dann wieder so unter Stress.“ Alleine rauszugehen, das ist so eine letzte Freiheit, die sie noch hat – und noch nicht aufgeben möchte. „Ich weiß immer noch genau, wo ich bin, und wie ich nach Hause komme“, sagt sie.

Wie sich die Krankheit weiter entwickeln wird, das kann keiner sagen. Es wird weiter schlimmer werden, soviel ist klar. Mit Medikamenten, Ergotherapie, Massagen, Gleichgewichtsübungen und möglichst vielen Aktivitäten versuchen Anni und Horst, die Krankheit zu verlangsamen. Sie gehen zum Alzheimer-Gesprächskreis und in die Freizeitgruppe der Alzheimer-Gesellschaft, haben dort neue Freunde getroffen, machen Ausflüge. Gemeinsam gehen sie viel spazieren: „Das haben wir immer getan, und das machen wir weiter, solange es geht.“ Auch den Garten in der Nähe ihrer Wohnung haben sie behalten.

Horst hat schon einen Kochkurs besucht, falls Anni das irgendwann nicht mehr kann, aber Anni will das Kochen und ihren Haushalt nicht abgeben. „Wenn es nicht mehr geht, dann muss ich in ein Heim“, sagt sie, auch darüber haben sie gesprochen. Horst sagt: „Wenn es soweit ist, werden wir Hilfe von außen holen. Wir machen vieles gemeinsam, das ist auch eine große Hilfe für sie.“

Sensibel war Anni immer schon, das sagt sie selbst. Doch die Krankheit hat sie dünnhäutig gemacht. Menschen, die nicht unbefangen mit ihr umgehen, erkennt sie sofort. Manchmal hat sie depressive Phasen, dann zieht sie sich komplett zurück, spricht gar nicht mehr. Sie ärgert sich dann über sich selbst und ihre Krankheit: „Ich bin dann sauer, ich will das nicht haben, bin mit mir selber böse, dass ich diese Krankheit habe.“

Weitere Infos rund um die Krankheit gibt es auf der Seite der Alzheimer-Gesellschaft.

Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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