Das große Vergessen

Bei der Alzheimer Beratung im Hansmann-Haus hilft Johanna Koßmann (r.) Angehörigen und Betroffenen. | Foto: Schmitz
  • Bei der Alzheimer Beratung im Hansmann-Haus hilft Johanna Koßmann (r.) Angehörigen und Betroffenen.
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Seit rund 20 Jahren ist Johanna Koßmann selbst betroffen. Zuerst erkrankte ihre Schwiegermutter, dann ihre Mutter an Demenz.
Seit zwölf Jahren gibt sie die Erfahrungen, die sie im Umgang mit der Krankheit machte, durch ihre Mitarbeit bei der Alzheimer Gesellschaft Dortmund an andere Betroffene weiter. Im Zusammenhang mit dem Outing von Rudi Assauer sprachen wir mit Johanna Koßmann:

Wie unterscheidet sich Alzheimer von Demenz?
Koßmann: Die Grenzen sind fließend. Ob jemand an Alzheimer gelitten hat, kann man definitiv erst nach seinem Tod durch eine Obduktion feststellen. Auffallend ist aber, dass Alzheimerkranke oft ihre komplette Identität vergessen und Personen, zum Beispiel Verwandte, verwechseln oder falsch zuordnen. Innerhalb der Demenzerkrankungen stellt Alzheimer wohl die größte Gruppe dar. Es gibt aber auch der Alzheimer-Erkrankung ähnliche Formen der Demenz.
Woran können Angehörige erkennen, dass jemand an Demenz leidet?
Koßmann: Oft werden Dinge selbst, verlegt aber andere beschuldigt. Die Tagesstruktur geht verloren, ganz normale Abläufe werden vergessen. Die Reizbarkeit der Kranken nimmt zu. Die Grenzen zwischen Demenz und Depression sind manchmal fließend, so könnte es durchaus sein, dass Gunter Sachs an einer Depression und nicht an einer beginnenden Demenz gelitten hat. Manchmal gibt es auch Rückbesinnungen durch das Langzeitgedächtnis: Eine Kranke versteckte Banane in ihrem Bett, weil das früher teure und begehrte Südfrüchte waren, andere kaufen plötzlich einseitig ein, zum Beispiel nur Produkte mit Kirschen.
Wo liegen die Hauptprobleme bei den pflegenden Angehörigen?
Koßmann: In erster Linie brauchen sie Hilfe und Unterstützung bei Verhandlungen mit den Krankenkassen und Pflegekassen. Unsere Ehrenamtlichen können da begleiten. Auch bei dem Formularkram brauchen viele Hilfe. Ganz wichtig ist der Austausch mit anderen Betroffenen. Da kann man erzählen, über die eigene Situation sprechen.
Wir empfehlen außerdem, wichtige Dinge wie zum Beispiel eine Patientenvollmacht zu regeln, solange es dem Kranken noch gut geht. Das Öffentlichmachen der Krankheit in der Nachbarschaft kann helfen, es gehen viel weniger Kranke verloren, wenn die Nachbarschaft Bescheid weiß. Ganz wichtig ist auch die Hilfe der Ehrenamtlichen zuhause. Dann kann sich die pflegende Person einmal kurz ausklinken. Weiterführende Infos über die Arbeit der Alzheimer Gesellschaft und die Krankheit gibt es im Internet unter http://www.alzheimer-dortmund.de. Die Gruppenbetreuung von Alzheimerkranken wird jeweils donnerstags von 15 bis 19 Uhr im Wilhelm-Hansmann-Haus angeboten.

Zum Hintergrund:
Demenz ist der Oberbegriff für Erkrankungsbilder, die mit einem Verlust der geistigen Funktionen wie Denken, Erinnern, Orientierung und Verknüpfen von Denkinhalten einhergehen
Die Ursache der Alzheimer-Krankheit ist das Absterben von Gehirnzellen. Um Laufe der Krankheit lagern sich immer mehr Eiweiß-Spaltprodukte – Amyloide genannt – im Gehirn ab.
Kann man Demenz vorbeugen? Das Gehirn kann man wie einen Muskel betrachten, der trainiert werden muss, um dauerhaft leistungsfähig zu bleiben. Zwischen dem 50. bis 60. Lebensjahr scheint das besonders wichtig zu sein. Dabei sollte möglichst etwas völlig neues erlernt werden. Auch soziale Kontakte und Kommunikation können helfen.

Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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