Zum Stichtag in Dortmund 1.666 Menschen ohne eigene Wohnung,
"Zwangsräumungen in Pandemiezeiten unverantwortlich"
Zum Stichtag am 30. Juni 2020 waren in Dortmund 1.666 Menschen ohne eigene Wohnung, in Bochum 595. „Wir haben im letzten Jahr gesehen, dass sich in der Pandemie die Lebenssituation wohnungs- und obdachloser Menschen drastisch verschlechtert hat, auch, weil die Wohnungslosenhilfe oft nur eingeschränkt arbeiten konnte“, sagt Alexandra Gehrhardt vom bodo. Statistisch abbilden lässt sich das nicht. Trotzdem sind die Zahlen, die das Land erhebt, überraschend stabil.
Umso überraschender, dass Bochum als eine von zwei Städten im Land eine Ausnahme gegen den Trend bildet: Hier ist die Zahl um ein Drittel gesunken. Auch dort waren Beratungsstellen und Versorgungsangebote eingeschränkt oder geschlossen ‑ woran es auch Kritik gab. Die Ruhr Nachrichten berichteten im August über Wohnungslose, die vermehrt aus Bochum nach Dortmund gekommen seien. „Ob das den starken Rückgang erklärt, gibt die Statistik aber nicht her“, so Gehrhardt.
Ein Fünftel jünger als 18 Jahre
Die Zahlen aus dem Ministerium zeigen: Auch wenn die Steigerung weniger dramatisch ist als in den letzten Jahren, wächst das Problem weiter. Und das nicht nur bei den „klassischen“ Wohnungslosen, die zum Beispiel nach Jobverlust oder Trennung ihre Wohnung verlieren und keine neue finden, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen. Ein Fünftel der erfassten Wohnungslosen war jünger als 18 Jahre.
Weg in eigene Wohnung schwierig
Die Statistik zeigt auch, dass mehr als die Hälfte der ordnungsrechtlich Untergebrachten länger als zwei Jahre untergebracht war. Das unterscheidet sich zwar je nach Art der Unterbringung und in den Städten. Es bedeutet aber, dass die Übergänge von der Wohnungslosigkeit in eine Wohnung offenbar nicht so gut funktionieren wie sie sollten. „Dabei ist Wohnraum das, was am besten hilft, woran es aber nach wie vor mangelt.“ Die Initiative des Landes, mehr Wohnungslose in Wohnungen zu bringen, bewertet der bodo e.V. darum als wichtig und richtig. Genauso wichtig sei aber Prävention: „Dass im letzten Jahr in der Pandemie Zwangsräumungen stattgefunden haben und weiter stattfinden, ist unverantwortlich. Alle zuständigen Stellen von Ämtern bis Jobcentern müssen stärker auch gemeinsam daran arbeiten, dass Menschen ihre Wohnung am besten gar nicht erst verlieren.“
Situation in NRW erfasst
Auch im vergangenen Jahr waren mehr Menschen in NRW wohnungslos. Fast 50.000 Menschen (48.897) zählt die Wohnungsnotfallstatistik des Landes für 2020 ‑ noch einmal über 3.000 mehr als im Jahr zuvor. Welche Rolle Corona bei der Entwicklung spielt, zeigt die Statistik nicht. Für den bodo e.V. lässt sich daraus aber schließen: Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum und Prävention verschärfen die Lage.
Hintergrund
Jedes Jahr erfasst das Land NRW all die Menschen, die als Wohnungslose in kommunalen Unterkünften und über freie Träger untergebracht werden oder bei Beratungsstellen als wohnungslos bekannt sind. Nicht erfasst werden jene, die im Hilfesystem nicht ankommen, die ohne Unterkunft auf der Straße leben oder lediglich einen Schlafplatz bei FreundInnen haben.
Autor:Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City |
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