Zukunft der DEW: Dortmund am Scheideweg

DR. Eva Stegen, Energiereferentin  der EWS Schönau
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Soll weiterhin jeder zweite beim örtlichen Versorger DEW21 verdiente Euro in die falschen Hände geraten – nämlich in die Hände der RWE in Essen, zweitgrößter deutscher Energiekonzern und mächtiger Kohle-Lobbyist?
Bericht von der Veranstaltung des Bündnisses DEW-kommunal am vergangenen Donnerstag, 20. März, in der vhs Dortmund

Im Schwarzwald-Städtchen Schönau haben die Bürger die Stromversorgung in eigene Hand genommen

Etwa 60 Personen waren der Einladung des Bündnisses und von Pax Christi in die Volkshochschule gefolgt. Nach einleitenden Worten durch Heiko Holtgrave berichtete Frau Dr. Stegen sehr anschaulich vom Kampf der „Stromrebellen“ in dem kleinen Städtchen Schönau um ihr Stromnetz. Begonnen hatte alles mit den Nachrichten über die Atom-Katastrophe in Tschernobyl. Zunächst war es nur ein Handvoll Menschen, die sich in dem ansonsten eher beschaulichen Schwarzwald-Städtchen zusammengetan hatten, um der Atomkraft den Kampf anzusagen. Da der damalige Regionalversorger Gespräche um eine atomstromfreie Versorgung verweigerte, blieb den „Rebellen“ nichts anderes übrig, als sich selbst um die Strom-Konzession zu bewerben. Es sollte über 10 Jahre dauern, 2 Bürgerentscheide waren zu überstehen, bis die letzten Hürden genommen waren und die Bürger das örtliche Stromnetz tatsächlich in die Hand bekamen. Aus der ehemaligen Bürgerinitiative war ein eigenständiges Versorgungsunternehmen hervorgegangen, die Elektrizitäts­werke Schönau (EWS). EWS vertreibt ausschließlich Energie aus Erneuerbaren sowie Kraft-Wärme Koppelung. Seit der Liberalisierung des Strommarktes bietet es seine Produkte auch bundesweit an (mittlerweile 150.000 Kunden).

Flammender Appell: Energiewende retten!

Frau Stegen schloss ihren Beitrag mit einem flammenden Appell gegen die Pläne der Großen Koalition in Berlin, die weitere Verbreitung von Erneuerbaren Energien durch eine Veränderung des EEG auszubremsen. Anhand von Schaubildern konnte sie überzeugend nachweisen, dass für das dramatische Anwachsen der EEG-Umlage in den letzten 5 Jahren (auf mittlerweile über 6,2 ct/kWh) nicht Windkraft und Photovoltaik verantwortlich sind, sondern die veränderte Berechnung der Umlage (noch aus der ersten Regierung Merkel/Steinmeier bis 2009) und die Vielzahl an Befrei­ungen bzw. Rabatten, die mittlerweile ein Gesamt-Volumen von 5,1 Mrd. € pro Jahr angenommen haben (bei knapp 2.100 befreiten Unternehmen).

In ein ähnliches Horn stieß der zweite Referent des Abends, Herr Dr. Berlo vom Wuppertal Institut. Die Ruhrgebiets-Kommunen seien schlecht beraten, wenn sie weiter an ihren RWE-Anteilen fest­hielten. Dem Konzern fehle im Moment jedes Geschäftskonzept; man versuche durch Druck auf die Bundesregierung noch zu retten, was zu retten sei. Aber letztlich ist diese Anstrengung eindeutig rückwärtsgewandt.

Im Ruhrgebiet ticken die Uhren offenbar anders...

Die hohen Verluste der RWE seien eindeutig selbstverschuldet. Wenn es die betreffenden Kommu­nen mit ihren Energiewende-Konzepten wirklich ernst meinten, müssten sie dem Konzern spätestens jetzt die rote Karte zeigen. Großen Einfluss haben sie ohnehin nicht; im Konfliktfall seien die vier Kommunal-Vertreter im RWE-Aufsichtsrat, darunter OB Sierau, zuerst dem Unter­nehmen verpflichtet. Und wer glaube, die Städte könnten ihre Energieversorgung nicht alleine hinbekommen, der irrt. Die DEW21 beispielsweise habe durchaus „das Potential, weitere Erzeu­gungskapazitäten auf Basis von Erneuerbaren aufzubauen und damit einen aktiven Beitrag für den Ausstieg aus Kohle und Atom wie auch zur lokalen Wertschöpfung zu leisten“, ist Heiko Holtgrave vom Bündnis überzeugt. Man müsse sie nur lassen - und sie muss ja schließlich nicht alles alleine bewerkstelligen.

Wieso hält der Dortmunder Rat mehrheitlich an der Stromehe mit RWE fest?

Gerade die letzten Bemerkungen führten zu einer lebhaften Diskussion mit dem Publikum. Was könne man tun, um die unselige Verbindung mit dem Essener Atomkonzern zu beenden? Selber einen Versorger aufbauen, wie in Schönau? Warum gibt Dortmund nicht einfach die RWE-Aktien ab, und bekommt im Gegenzug einen rein kommunalen Versorger DEW21? Wieso halten OB und Ratsmehrheit an der Stromehe mit dem DAX-Unternehmen fest? Eine Bürger-Beteiligungs­gesellschaft aufbauen? Oder wie wär's damit, ein Bürgerbegehren gegen den kommenden Rats­beschluss einzuleiten?
Die Referenten versuchten, die Fragen so weit als möglich zu klären. In Dortmund gehe es aktuell nicht um die Konzession. Aber es bleiben noch ca. 6 Monate bis zur endgültigen Entscheidung des Rates über die künftige Gesellschafterkonstellation bei DEW21. Da sei noch was drin – zumal die Kommunalwahlen vor der Tür stehen.

Die Erneuerbaren sind ein Jobmotor, die großen Energiekonzerne bauen hingegen Stellen ab

Wolf Stammnitz, ehemaliger Ratsvertreter der Linken, fügte seine Beobachtung hinzu, dass man in der SPD und CDU heute deutlich defensiver als früher argumentiere hinsichtlich Nutzen und Gewinn der Verbindung mit RWE. Man scheue sich jedoch davor, den Konzern herauszufordern, nicht zuletzt wegen der in Dortmund angesiedelten Arbeitsplätze. Wer allerdings glaube, die Stadt habe es in der Hand, eine – auch nur teilweise - Schließung von RWE-Einrichtungen in Dortmund zu verhindern, wenn der Konzernvorstand so was ernsthaft vorhabe, der irre. Dr. Berlo teilte diese Ansicht; auf Nachfragen fügte er hinzu, dass er der Stadt empfehlen würde, die RWE-Aktien schrittweise, in 4-5 etwa gleichgroßen Paketen, abzustoßen, um ein Maximum an Erlös zu erzielen.
Es gebe im übrigen inzwischen genug Studien, die belegen, dass eine Komplettversorgung Deutsch­lands ohne Kohle- und Atomstrom möglich sei, und zwar bereits nach einer Umbauzeit von nur 10-20 Jahren. Dafür müsse allerdings auch der Druck auf die Politik noch wachsen.

Alles in allem ein gelungener Abend. Auch die Veranstalter schienen zufrieden.

Weitere Informationen zum Bündnis DEW kommunal unter www.dew-kommunal.de

Autor:

Heiko Holtgrave aus Dortmund-City

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