Mobilität
Wird es in NRW ein ermäßigtes „Deutschlandticket“ für ärmere Menschen geben?
Wenige Wochen vor dem Start des 49 Euro-Tickets ist die Situation noch völlig unklar. Das Landesverkehrsminister hat zwar Ende März bekundet, dass man für NRW die Einführung eines bundesweit gültigen Sozialtarifs „in den nächsten Monaten“ prüfen wolle. Und dass es ihm ein persönliches Anliegen sei, dass Mobilität nicht nur einfacher, sondern auch für alle bezahlbar bleiben muss.
Bislang aber ist nichts darüber durchgedrungen, wie Herr Krischer sich das vorstellt. Nur eines weiß man: Eine bundeseinheitliche Lösung wird es definitiv nicht geben; eine Verständigung darauf war im Zuge der Verhandlungen zur Einführung des Deutschlandtickets am Widerstand des Bundesverkehrsministers gescheitert (weshalb jetzt jedes Bundesland für sich nach einer kleineren Lösung sucht).
Der Vorverkauf für das 49-Euro-Ticket ist bereits angelaufen. In einigen Regionen, auch hier in Dortmund, werden die Abo-Verträge von Altkunden automatisch auf ein Deutschlandticket-Abo umgestellt, sofern der jeweilige Kunde für sein altes Abo mehr als 49 Euro im Monat bezahlt hat und er der Umstellung des Abos nicht ausdrücklich widerspricht.
Was für die Mittelschicht und vor allem für BerufspendlerInnen eine erhebliche finanzielle Entlastung bedeuten wird, ist für ärmere Haushalte gleichwohl noch zu teuer. Viele haben ohnehin schwer mit den stark steigenden Preisen zu kämpfen und wissen kaum, wie sie über die Runden kommen sollen. Von Maßhalte-Appellen allein wird mensch nicht satt.
Gerade für Menschen, die ganz oder teilweise von Sozialleistungen leben (müssen), sind 49 Euro immer noch sehr, sehr viel Geld. Eine solche Ausgabe ließe sich nur auf Kosten anderer Ausgaben realisieren, denn im gesetzlichen Regelsatz sind für die Inanspruchnahme von „fremden Verkehrsdienstleistungen“ nur 40,58 € im Monat vorgesehen. Und keinen Cent mehr. Einsparungen an anderer Stelle sind jedoch unrealistisch, nachdem die Regelsatzanhebung zu Jahresbeginn (Bürgergeld) durch die hohe Inflation der letzten Monate bereits vollständig aufgezehrt wurde.
Mobilität ist ein menschliches Grundbedürfnis, und der Zugang zu bezahlbarer Mobilität verbessert die Lebenssituation und soziale Teilhabe armer Menschen nachweislich in erheblichem Maße. Deshalb sollte es für Haushalte mit geringem Einkommen ein ergänzendes Angebot zum Deutschlandticket geben, zu einem deutlich günstigeren Tarif.
Um sie nicht auszuschließen, muss bald eine Lösung her. Darauf drängen die Sozialticket-Initiativen in einem Brief, den sie kürzlich an Verkehrsminister Krischer geschickt haben. Und auch die Sozialverbände und der DGB NRW haben öffentlich mehr Tempo angemahnt. Zugleich betonen diese Organisationen unisono, dass ein solches Ticket für Menschen mit kleinem Geldbeutel maximal 29 Euro im Monat kosten darf.
Die Initiativen haben zudem vorgeschlagen, als vorläufige Maßnahme bei den vorhandenen lokalen Sozialticket-Angeboten den räumlichen Geltungsbereich auf das Gesamt-Land auszudehnen, falls sich die Klärung um die Einführung des geplanten Sozialtarifs in NRW doch noch länger hinziehen sollte.
Und noch etwas ist den Initiativen wichtig: Da ärmere wie auch ältere Menschen häufig nicht über ein internetfähiges und betriebsbereites Smartphone verfügen, ausgestattet zudem mit einem aktuellem Betriebssystem, muss das ermäßigte Ticket unbedingt auch an Schaltern und in Automaten erhältlich sein.
Weitere Infos unter www.buendnis-sozialticket-nrw.de
Autor:Heiko Holtgrave aus Dortmund-City |
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