Wer krank ist, landet schnell im Abseits
Wer eine psychiatrische Behandlung benötigt, wird von der Gesellschaft ganz schnell ins Abseits gedrängt. Das ist für die meisten von einer psychischen Erkrankung betroffenen Menschen erlebte Realtiät. Eine Ausgrenzung, die nicht hingenommen werden und angemessener integrativer Maßnahmen bedarf. Das war die Kernaussage der Fachtagung „Arbeit ist ein Teilhaberecht“, zu der die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie in Kooperation mit der Stadt Dortmund eingeladen hatte. Dabei fühlen sich viele Psychiatrie-Erfahrene sehr gut in der Lage, eine angemessene und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Aufgabe bewältigen zu können. So wie die Teilnehmer einer Podiumsrunde, die die Nöte und Bedürfnisse von Psychiatrieerfahrenen in der Arbeitswelt aus ihrer Sicht erzählten.
Förderung droht wegzufallen
Rund 160 Teilnehmer waren gekommen, um über Tätigkeitsmöglichkeiten für Menschen mit einer psychischen oder einer anderen Beeinträchtigung zu sprechen. Ein aktuell gerade in Dortmund wichtiges Thema, betonte Dr. Ulrike Ullrich, die ärztliche Leiterin des Sozialpsychiatrischen Dienstes der Stadt Dortmund, denn derzeit drohten aus Kostengründen zahlreiche Fördermöglichkeiten des Jobcenters für dieses Klientel wegzufallen. Dabei, so zeigten die drei Betroffenen im Podiumsgespräch, ist Arbeit auch oder vielleicht sogar gerade für Psychiatrie-Erfahrene eine wichtige Facette des Alltags – und der Genesung. „Es war mir wichtig, auf Partys sagen zu können, dass ich Arbeit habe“, hieß es, und eine Frau formuliert deutlich: „Ich habe stets einen Burnout vorgeschoben, denn von einer Schizophrenie oder Psychose haben die Leute sehr komische Vorstellungen.“
Das Recht auf Arbeit
Tatsächlich, so unterstrich in seinem Vortrag der Bundestagsabgeordnete Markus Kurth (Grüne), ist das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit Teil der UN-Behindertenrechtskonvention, die einstimmig von allen Bundestagsabgeordneten verabschiedet worden ist und juristisch den Status eines Bundesgesetzes hat. Auch sei Inklusion Thema nicht nur der Schulen, sondern ebenso des Ersten Arbeitsmarktes. In den Augen des Bundestagsabgeordneten wird die Erwerbsfähigkeit viel zu schematisch nach der „Drei-Stunden-Grenze“, also dem gesetzlichen Mindestumfang täglich leistbarer Arbeitszeit abgehandelt, sind Wartezeiten für die Akut- und anschließende Reha-Behandlung psychiatrischer Krankheiten viel zu lang und führten zu vermeidbaren Folgekosten.
Depressionen kosten 21 Mrd. Euro
Allein das Thema „Depression“ kostete, so der Stand im Jahr 2006, jährlich zwischen 15,5 und 21,9 Milliarden Euro − rund 0,88 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung.
Ein Problem, das wachsen wird, wie auch Dr. Ewald Rahn, der stellvertretender Leiter der LWL-Klinik Warstein, sagte: „Wir wissen alle, dass die Arbeitsunfähigkeitstage bei psychischen Erkrankungen zunehmen“. Dabei fühlten sich psychisch beeinträchtigte Menschen keineswegs entlastet, wenn sie verrentet und damit offiziell aus dem Arbeitsmarkt herausgenommen werden. Wie hatte anfangs die Moderatorin Cornelia Benninghoven Tucholsky zitiert? „Es muss eine Arbeit sein. Und man muss morgens hingehen können. Sonst hat das Leben keinen Zweck.“
Autor:Antje Geiß aus Dortmund-City |
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