Stärkere Besteuerung von Reichen und Vermögenden - eine sinnvolle ökonomische Forderung?

Steuerpolitik zum Haare raufen (Bild: Acryl auf Leinwand, Bekowerdo und die Steuerpolitik, von Dagmar Schnecke-Bend)
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"Der DGB fordert stärkere Besteuerung von Reichen". Diese Überschrift konnte man in den letzten Tagen häufig in den Medien lesen. Die Forderung nach einer höheren Besteuerung von Reichen und Vermögenden ist ökonomisch grundsätzlich korrekt aber politisch schwierig durchsetzbar.

Die Ursache liegt in einem Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik, der bereits Mitte der 1970er Jahre stattgefunden hat. Damals gab es vor dem Hintergrund der Ölkrise und dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen ein Phänomen, das man bis dahin in den Wirtschaftswissenschaften nicht kannte, nämlich die sog. "Stagflation" - ein gleichzeitiges Auftreten von Inflation und Arbeitslosigkeit. In dieser wirtschaftlichen Situation war die in den Nachkriegsjahren praktizierte keynesianische Nachfragepolitik wirkungslos und galt als gescheitert. Zur Bekämpfung der Krise wurde nicht mehr auf nachfragepolitische Instrumente zurückgegriffen sondern alle Maßnahmen richteten sich auf die Erhöhung der Unternehmensgewinne.

Ende der 1970er Jahre spitzte sich die weltweite Wirtschaftlage durch die zweite Ölpreiskrise erneut zu. Eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik setzte verstärkt auf Lohnverzicht, Sozialabbau und Senkung der Gewinnsteuern. An dieser grundlegenden Wirtschaftspolitik hat sich bis heute nicht viel geändert. Die Umverteilung von den Löhnen zu den Gewinnen findet bis heute ihre Fortsetzung, während die Besteuerung der Reichen unter dem neoliberalen Paradigma immer weiter verringert wurde.

Unter Helmut Kohl lag der Grenzsteuersatz bei der Einkommensteuer noch bei 53 Prozent - heute liegt er bei 42 Prozent. Unter Helmut Kohl gab es noch einen gespaltenen Körperschaftssteuersatz von 35 Prozent für einbehaltene Gewinne und 25 Prozent für ausgeschüttete Gewinne. Heute beträgt der Körperschaftssteuersatz einheitlich nur noch 15 Prozent.

Eine gerechtere Steuerpolitik, die hohe Einkommen und große Vermögen belastet wäre ökonomisch sinnvoll. Die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich hat negative Auswirkungen auf das Wachstum. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat festgestellt, dass die Ungleichheit bei der Vermögensverteilung noch gravierender ist als bisher angenommen. Demnach besitzt das reichste Prozent der Bevölkerung 30 Prozent des gesamten Vermögens.

Eine alternative Steuerpolitik wäre dringend erforderlich, aber im Rahmen einer vorherrschenden neoliberalen politischen Ausrichtung schwierig durchsetzbar.

Autor:

Rüdiger Beck aus Dortmund-City

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