CDU-Fraktion will Umsetzbarkeit des neuen Betreuungskonzepts für Erkrankte prüfen lassen
Stadt kann mit Demenz-Dorf Vorreiter sein
Der demographische Wandel bringt neben Globalisierung und Digitalisierung tiefgreifende Veränderungen – Zuwanderung, Geburtenrückgang, steigende Lebenserwartung und eine daraus resultierende Verschiebung der Altersstruktur in der Bevölkerung – stellen das Sozialsystem vor Herausforderungen.
Experten sind sich einig darüber, dass die Auswirkungen dieses Prozesses, insbesondere mit dem bevorstehenden Renteneintritt der „Babyboomer-Generation“, in Zukunft immer stärker zutage treten werden.
Das hat Folgen: „Mit der älter werdenden Bevölkerung wird es auch eine exponentielle Zunahme altersbedingter Krankheitsformen geben – darüber müssen wir uns im Klaren sein“, meint Justine Grollmann. Die sozialpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Rat der Stadt hat besonders eins im Blick: Der Zusammenhang zwischen steigendem Lebensalter und erhöhtem Demenzrisiko sei schon seit 20 Jahren wissenschaftlich belegt, so die gelernte Krankenschwester, die in leitender Funktion im Pflegebereich tätig ist. Sie kennt die Situation von Betroffenen und Angehörigen allzu gut. Und sie weiß, dass Pflegesituation und Versorgungslage von Demenzkranken nicht in jeder Einrichtung optimal sind.
„Betroffene haben einen erhöhten Bewegungsdrang, ihre Kommunikationsfähigkeit verändert sich, sie entwickeln spezielle Ernährungsgewohnheiten und/oder zeigen herausfordernde Verhaltensweisen. In Einrichtungen, die nicht auf die Pflege demenzkranker Menschen spezialisiert sind, können diese besonderen Bedürfnisse in der Regel nicht ausreichend berücksichtigt werden“, stellt Grollmann fest. So leide die Lebensqualität der Betroffenen oft erheblich. Sie plädiert daher für eine Offenheit gegenüber alternativen Konzepten: „Wir sind überzeugt, dass die Entwicklung demenzspezifischer Pflege- und Betreuungskonzepte die Lebensqualität von Betroffenen enorm steigern kann und wollen dies anstoßen.“
Eine solch innovative Lösung hat die CDU-Fachfraktion im „Demenzdorf-Konzept“ ausgemacht. Das Betreuungskonzept stammt ursprünglich aus den Niederlanden, wo für demenzkranke Menschen ein ganzes Dorf nahe Amsterdam entstanden ist. Die Betroffenen leben dort in kleineren Hausgemeinschaften zusammen und profitieren von demenzgerechter Architektur und individuell-bedürfnisorientierter Betreuung. Die CDU-Fraktion plant, demnächst die Umsetzbarkeit dieses Konzeptes in Dortmund durch die Verwaltung prüfen lassen. Zunächst aber hat die Fachfraktion um die Vorstellung des Konzeptes in einer Sitzungen des Sozialausschusses gebeten.
„Dortmund kann hier möglicherweise eine Vorreiterrolle in Deutschland einnehmen. Gerade der Gesundheitssektor ist Wirtschaftsmotor und besonderes Aushängeschild unserer Stadt – in dieses Bild würde sich unserer Meinung nach das Demenzdorf-Konzept als innovativer Lösungsweg einer zukunftsorientierten Stadtgesellschaft sehr gut einfügen“, so Grollmann abschließend.
Zum Hintergrund:
In Deutschland sind derzeit etwa 1,7 Millionen Menschen von Demenz betroffen. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft schätzt in ihrem Bericht von 2018, dass die Zahl von demenzkranken Menschen in den kommenden Jahrzehnten zunehmen wird, sofern kein präventiver oder therapeutischer Quantensprung gelingt. Folgt man Prognosen zur allgemeinen Bevölkerungsentwicklung in Deutschland, dann könnte die Zahl der Betroffenen bis 2050 auf rund 3 Mio. ansteigen – bei abnehmender Gesamtbevölkerungszahl. Das Demenzdorf-Konzept ist in Deutschland noch weitgehend unbekannt, wird im europäischen Ausland aber seit Jahren mit Erfolg praktiziert. Im nationalen Kontext genießt das 2014 eröffnete Demenzdorf „Tönebon am See“ bei Hameln bislang Alleinstellungsstatus.
Autor:M Hengesbach aus Dortmund-City |
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