Sozialgericht Dortmund - Erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes
Die Eingliederungsvereinbarung war ursprünglich als Hilfe für Erwerbslose gedacht und ist inzwischen zum reinen Züchtigungsmittel verkommen. Sie ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem Jobcenter und dem Hartz IV Leistungsempfänger, der auf sechs Monate geschlossen werden soll.
Das nachfolgende Beispiel zeigt, dass sich das Jobcenter dabei zu rein gar nichts verpflichtet, zu was Jobcenter nicht von Gesetzeswegen eh verpflichtet sind.
Schlimmer noch, die Formulierungen und die Arbeitspraxis des Jobcenter Märkischer Kreis zeigt regelmäßig, dass die Kunden nicht ausreichend über Ihre Rechte und Konsequenzen informiert werden und den Kunden so zustehende Unterstützungsleistungen vorsätzlich vorenthalten werden.
1. Unterstützung durch Jobcenter Märkischer Kreis
Das Jobcenter unterbreitet Ihnen Vermittlungsvorschläge, soweit geeignete Stellenangebote vorliegen.
Das Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i. V.m. § 44 SGB III, sofern Sie diese zuvor beantragt haben.
Das Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten nach Maßgabe des § 16 Abs. I SGB II i. V.m. § 44 SGB III durch Übernahme von angemessenen und nachgewiesenen Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen, sofern die Kostenübernahme vor Fahrtantritt durch Sie beantragt wurde.
Kommt das zuständige Jobcenter seinen in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht nach, ist ihm innerhalb einer Frist von 4 Wochen das Recht der Nacherfüllung einzuräumen. Ist eine Nachbesserung tatsächlich nicht möglich, muss das Jobcenter eine Ersatzmaßnahme anbieten.
Die offen versteckten Bedingungen werden von vielen unkritischen Kunden nur zu leicht überlesen. In der Konsequenz bleiben viele auf den Bewerbungskosten und Fahrtkosten sitzen. Aus diesem Grund lehnen mehr und mehr Kunden die Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung ab und wehren sich mit Widersprüchen gegen Verwaltungsakte.
Zu Recht entschied jetzt die 27. Kammer des Sozialgerichts Dortmund in einem Kostenbeschluss zu einer EGV VA-Klage. Die Klage war durch Zeitablauf des Verwaltungsaktes hinfällig geworden, nicht aber die damit verbundenen Kosten.
„Denn das Gericht hat erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes. Zum einen lässt die Übernahme „angemessener Kosten" für Bewerbungen offen, ob und in welcher Höhe Kosten tatsächlichen durch den Beklagten übernommen worden waren. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff stellt lediglich eine Prüfung des zu stellenden Kostenerstattungsantrags in Aussicht. Damit ist der Eingliederungsverwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt“
S 27 AS 2745/14
Diese gerichtliche Rüge betrifft beinahe alle Eingliederungsvereinbarungen die im Märkischen Kreis „geschlossen oder diktiert werden“.
Für Verträge aller Art gilt grundsätzlich: entscheidend ist eine übereinstimmende Willenserklärung hinsichtlich Angebot und Nachfrage. Und: Über gesetzlich geregelte Rechte und Pflichten brauche ich keinen zusätzlichen öffentlich-rechtlicher Vertrag.
Die 27. Kammer des Sozialgerichts Dortmund steht mit dieser Bewertung der Eingliederungsvereinbarungen nicht allein. Am 03.08.2015 hatte auch die 60. Kammer die Praxis des Jobcenters Märkischer Kreis gerügt:
„Der Kläger hat am 27.06.2013 den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht abgelehnt, wie sich aus dem VerBIS-Vermerk vom 27.06.2013 und den Ausführungen des Klägers im Termin ergibt, hat er lediglich zunächst eine Beratung beim Verein „aufRECHT e.V." wahrnehmen wollen. Aufgrund des Vorrangs einer konsensualen Lösung (vgl. BSG, Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R) hatte der Beklagte ihm dies zugestehen und zumindest eine kurze Frist zur Unterzeichnung gewähren müssen, wie es in der Vergangenheit auch praktiziert worden ist (vgl. VerBIS-Vermerk vom 20.12.2012).“
S 60 AS 3769/13
Autor:Ulrich Wockelmann aus Iserlohn |
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