Politikerinnen packen mit an: Sonntags im ObdachlosenKaffee Reinoldi

Brötchen schmieren, Kaffee kochen und Kuchenteller verteilen: im ObdachlosenKaffee in der Reinoldikirche bewirten jeden dritten Sonntag im Monat in der kalten Jahreszeit 25 Helfer, darunter auch Konfirmanden, Anja Butschkau und Nadja Lüders, gastfreundlich rund 150 Bedürftige im Gotteshaus mitten in der City. | Foto: Schmitz
  • Brötchen schmieren, Kaffee kochen und Kuchenteller verteilen: im ObdachlosenKaffee in der Reinoldikirche bewirten jeden dritten Sonntag im Monat in der kalten Jahreszeit 25 Helfer, darunter auch Konfirmanden, Anja Butschkau und Nadja Lüders, gastfreundlich rund 150 Bedürftige im Gotteshaus mitten in der City.
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Das Helferteam des Obdachlosencafés St. Reinoldi verstärkten bei einem Praktikum die beiden Landtagsabgeordneten Nadja Lüders und Anja Butschkau am Sonntagnachmittag. Da immer mehr Menschen in Not in die Reinoldikirche kamen, entschloss sich die Gemeinde vor über 18 Jahren das ObdachlosenKaffee in der beheizten Kirche einzurichten und diese Dortmunder zu Kaffee und Kuchen, belegten Broten, Gesprächen und Gesang einzuladen.

Stadtmitte.„Hier wird jeder mit offenen Armen und viel Wärme im Herzen aufgenommen und akzeptiert wie er ist“, beschreibt Butschkau, die an diesem Tag ein Tagespraktikum im ObdachlosenKaffee macht, die liebevolle Atmosphäre. Selbst die Tische sind mit viel Liebe gedeckt. Am Sonntag bekam Butschkau einen Einblick in die Lebensrealität der Menschen: „Armut ist unter uns und sie hat in den letzten Jahren zugenommen.“ Leider werde das von vielen Politikern nicht ernst genommen, bedauert sie. „Jens Spahn könnte hier viel über materielle Armut und, welche Auswirkungen sie auf die Menschen hat, lernen“, sagt sie.

Armut wird hier greifbar

Der neue Bundesgesundheitsminister behauptete vor wenigen Tagen, HartzIV bedeute keine Armut. „Erst wenn man sieht, wie sich Menschen über ein simples Brot freuen, das man ihnen in die Hand drückt, versteht man, unter welchen materiellen Bedingungen Menschen in unserem Land leben", sagt Butschkau, "wenn man sich anschaut, wie viele Menschen von Lebensmittelspenden der Tafeln abhängig sind und welche sozialen Spannungen sich dort gerade entwickeln, stellt man fest, dass Sozialleistungen nicht zum Leben reichen.“

Wachsende Schere zwischen Arm und Reich

„Unser Angebot richtet sich nicht nur an Obdachlose, sondern an Menschen, die unsere Unterstützung brauchen. Arbeitslosigkeit, Krankheit und Armut führt oft dazu, dass sich die Leute auch seelisch nicht wohl fühlen. Bei uns können sie sich in einem geschützten Raum begegnen“, erzählt Monika Dürger. Das ObdachlosenKaffee bietet neben Kaffee und belegten Brötchen auch ein musikalisches Angebot und Zeit für Gespräche an.
Dürger macht die wachsende Schere zwischen Arm und Reich Sorge. „Deutschland ist eines der reisten Länder. Es ist ein Skandal, wenn sich Unternehmen massiv bedienen können, während für die Ärmsten in unserer Gesellschaft das Geld zum Leben nicht ausreicht. Diese Entsolidarisierung unserer Gesellschaft ist auch eine Gefahr für die Demokratie, wie es auch der Bundespräsident richtig sieht.“

Über 660 Dortmunder sind ohne Obdach

Nadja Lüders, Mitglied des Sozialausschusses im Landtag, sieht enormen Handlungsbedarf bei Bund, Ländern und Kommunen. „Von 2011 bis 2016 ist allein die Zahl der Obdachlosen in Dortmund von 116 auf 663 gestiegen. Und das sind nur diejenigen, die von Stadt und Obdachlosenhilfe registriert wurden.“ Die Dunkelziffer sei hoch, da viele durch das soziale Netz fallen, sei es weil sie aufgrund ihrer Herkunft keinen Anspruch auf Sozialhilfe oder Grundsicherung haben oder weil das Vertrauen zum öffentlichen Hilfesystem fehle.

Bezahlbarer Wohnraum fehle

„Rot-Grün hatte in NRW einen präventiven Ansatz entwickelt, mit dem erst gar nicht zu Wohnungslosigkeit kommen sollte. Dieser Ansatz muss fortgesetzt werden“, fordert Lüders. Dafür brauche es aber auch einen grundlegenden Wandel in der Sozialpolitik. Lüders: „Wir brauchen genügend bezahlbaren Wohnraum.“ Leider priorisiere die Mitte-Rechts-Regierung in Düsseldorf aber momentan den Eigenheimbau für Familien mit gesicherten Einkommen.

Arbeitslosigkeit bleibt größtes Risiko

Das größte Armutsrisiko bliebe aber Langzeitarbeitslosigkeit. „Die Menschen brauchen eine Perspektive. Zum Beispiel über einen sozialen Arbeitsmarkt“, so Lüders. In diesem würden auch Menschen einen Platz finden, die von der Wirtschaft bereits abgeschrieben wurden. Sie sehe es daher positiv, dass die große Koalition in Berlin Maßnahmen zur Eingliederung in den sozialen Arbeitsmarkt im Sozialgesetzbuch verankern will. 

Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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