Fridays for Future Dortmund und Bezirksschülervertretung mahnen
Leserbrief: "Schulen nicht um jeden Preis öffnen"
"In anderen Ländern wie den Niederlanden, Großbritannien oder Frankreich, werden die Abschlussprüfungen dieses Jahr nicht stattfinden und die Schule beginnt erst wieder im September. Hier in Deutschland aber müssen Schüler wieder zur Schule und das voraussichtlich schon ab nächsten Montag. Aktuell gehen Abiturienten und Schüler anderer Abschlussjahrgänge auch wieder zur Schule - die Abiturprüfungen in NRW fangen z.B. am 12. Mai an.
"Wir finden das inakzeptabel!"
Abiturienten bekommen keine Wahl zu einem Durchschnittsabitur und das obwohl diese ihre Prüfungen in einer Pandemie schreiben müssen. Eine Pandemie, wie sie durch Sars-Cov-2 ausgelöst wurde, bedeutet eine extreme psychische Belastung für alle Beteiligten. Es kommt vermehrt zu
häuslicher Gewalt, der Stress insgesamt nimmt zu - Eltern müssen mit Existenzängsten kämpfen oder sind systemrelevant beschäftigt und arbeiten nur noch. Das ganze Leben der Schüler stellt sich von einem Tag auf den anderen auf den Kopf. Eltern sind Teil der Risikogruppe, die Kinder gefährden damit ihre Eltern.
Schulen sind nicht auf die Wiederaufnahme des Unterrichts vorbereitet und das Schulpersonal begibt sich selbst - oft auch Teil der Risikogruppe - ebenfalls in Gefahr. Häufig fehlt es in den Schulen an elementaren Dingen wie Papierhandtüchern und Seife. Die Lehrer sind am Limit, Abschlussjahrgänge wie die 10er, werden aufgeteilt und ,, zum Teil nicht mehr von eigentlichen Fachlehrern unterrichtet. Die Lehrer geben dennoch ihr bestes, uns auf die Abschlussprüfungen
vorzubereiten und die Zeit wird sinnvoll genutzt." - Ben Rüther, stellvertretender Schülersprecher einer Dortmunder Gesamtschule, Jahrgang 10.
Es wird deutlich, wie sehr das Wohl weiter Teile Gesellschaft in den Hintergrund gerückt wird. Wie bei der Klimakrise wird nicht auf die Wissenschaft gehört. Wir appellieren daran den Empfehlungen der Wissenschaft zu folgen, gerade in Bezug auf den Infektionsschutz.
" Jetzt müssen wir uns entscheiden, unsere und die Gesundheit der Familie aufs Spiel zu setzen oder unseren Abschluss. Außerdem hat man nicht das Gefühl, wirklich lernen zu müssen, weil dieser letzte Appell vor den Ferien fehlte. Die Motivation ist unten. Den ganzen Tag hört man von Corona, wird verunsichert und weiß gar nicht, was genau abgeht und man muss mit den Entscheidungen der Politik vieles riskieren, nur um einen "vernünftigen" Abschluss zu kriegen. Vergleichbar ist seit Corona nichts mehr wirklich." - S. Müller, Abiturientin aus Dortmund, NRW
Bei der Kultusministerkonferenz (KMK) am 16.04.2020 wurde beschlossen, dass der Schulbesuch zunächst freiwillig anzusehen sei (zumindest für Abiturienten in NRW). Das ist eine scheinheilige Freiwilligkeit, die Ungerechtigkeit schafft. Ein privates Gymnasium in Dormagen schloss nach
Kontakt eines Schülers zu Infizierten wieder, da die Schule über eine gute digitale Infrastruktur verfügt. Bei einer ähnlichen Situation in Duisburg an einer Gesamtschule ist dies nicht der Fall, die Schule öffnete wieder unter dem Druck der herannahenden Abiturprüfungen. Diese Ungerechtigkeit entstünde nicht, wenn die Schulen weiterhin geschlossen bleiben.
„Als Abiturientin fühle ich mich wie ein Versuchskaninchen. Statt auf die Wissenschaft zu hören und auf die Empfehlung von Experten, werden Schüler wissentlich einer Gesundheitsgefahr ausgesetzt nur damit Armin Laschet sich für seine Kanzlerkandidatur profilieren kann. Damit verliert die CDU nicht nur eine neue Generation an Wählern sondern sorgt auch erneut dafür, dass sich junge Erwachsene in diesem Land mit ihrem Interessen und Bedenken nicht ernst genommen fühlen.
Diese Besessenheit auf Abiturprüfungen ist aus Sicht der Schülerschaft, Lehrerschaft und Elternschaft vollkommen verantwortungslos!“ - Lena Kah, Abiturientin aus Dortmund, NRW
Die Entscheidung, die Schulen so früh wieder zu öffnen und um jeden Preis eine Abiturprüfung schreiben zu lassen, ist absurd. Wir solidarisieren uns mit allen, die in der jetzigen Situation besonders unter der Verantwortungslosigkeit der KMK zu leiden haben und fordern deshalb:
Schulen erst zu öffnen, wenn es dazu von wissenschaftlicher Seite keine Einwände mehr gibt
Durchschnittsabitur statt mit allen Mitteln durchgedrückte Prüfungen, sowie vergleichbare Lösungen für andere Abschlüsse Freiwillige Prüfungen, die den Abschluss verbessern, aber nicht
verschlechtern können."
Fridays for Future Dortmund und Bezirksschüler*innenvertretung (BSV) Dortmund
(Im Text gender-Endungen *innen der besseren Lesbarkeit wegen entfernt)
Autor:M Hengesbach aus Dortmund-City |
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