Keine Solidarität mit türkischen Kommunalpolitikern
Die politischen Freiheiten der Ratsmitglieder in Dortmund sind nicht selbstverständlich. In der Türkei etwa werden Kommunalpolitiker willkürlich angeklagt, verhaftet und inhaftiert. Als Grund reicht die Mitgliedschaft in einer kurdischen Partei. Grund genug für die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN, sich mit den Kolleginnen und Kollegen in der Türkei, speziell natürlich mit denen in der Dortmunder Partnerstadt Trabzon, zu solidarisieren.
Die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN hatte deshalb den Vorschlag für eine Resolution in den Rat eingebracht – in der Hoffnung und Erwartung, dass diese von allen demokratischen Parteien mitgetragen wird. Doch SPD und CDU haben den Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung des Rates genommen. Der Grund: Der Rat der Stadt Dortmund sei gar nicht zuständig; hier gehe es um Angelegenheiten des Bundes.
„Wir sind sehr enttäuscht“, kommentierte Utz Kowalewski, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN. „Die türkische Regierung geht rigoros gegen ihre Kritiker vor. Das betrifft nicht nur unseres Freunde in den Kommunalparlamenten. Zivilisten fliehen. In vielen türkischen Städten herrscht der Ausnahmezustand. Es gibt sogar Tote.
Wir sind der Meinung, dass das keine Angelegenheit ist, die nur Kanzlerin & Co etwas angehen. Diese schlimme Situation in der Türkei betrifft Familienangehörige und Freunde der vielen türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die mit uns in Dortmund leben. Die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN bleibt deshalb bei ihrer Meinung, dass dieses Thema sehr wohl auch in Dortmund behandelt werden müsste. Denn demokratisches Verhalten und Solidarität beginnt nicht erst im Bundestag.“
Tagesordnungspunkt für den Rat am 2. Juni 2016
Resolution zur Solidarität mit den inhaftierten Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern in der Türkei – beispielhaft für alle verfolgten Kurdinnen und Kurden in der Türkei.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN beantragt die Beratung und Beschlussfassung der nachstehenden Resolution durch den Rat der Stadt Dortmund und deren Weiterleitung an das Stadtoberhaupt der Dortmunder Partnerstadt Trabzon. Zudem soll die Resolution an die Türkische Botschaft nach Berlin gesendet werden – mit der Bitte um Weiterleitung an den türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdogan.
Anlass für unseren Antrag sind die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen und die Beschneidung der demokratischen Werte, etwa der Pressefreiheit, in der Türkei. Beispielhaft für alle betroffenen Kurdinnen und Kurden sollte der Rat der Stadt Dortmund deshalb seine Solidarität mit den kurdischen Kolleginnen und Kollegen in den türkischen Kommunalparlamenten zeigen, die in der Türkei heftigen Repressionen ausgesetzt sind.
In der Dortmunder Stadtgesellschaft, in der zahlreiche Kurden leben und in der es zahlreiche aktive kurdische Vereinigungen gibt, herrscht ein reges Interesse daran, dass die Verfolgungen und Repressionen in der Türkei beendet werden. Auch Demonstrationen fanden deshalb bereits in Dortmund statt.
Es ist höchste Zeit, dass auch der Rat der Stadt Dortmund klar Position bezieht. Die inhaftierten Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in der Türkei brauchen die Solidarität ihrer Amtskolleginnen und Amtskollegen. Und die betroffene Bevölkerung benötigt ebenfalls unsere Hilfe.
Resolution
Der Rat der Stadt Dortmund erklärt sich solidarisch mit den inhaftierten Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern in der Türkei. Zudem fordert der Rat der Stadt Dortmund die Freilassung der in der Türkei willkürlich inhaftierten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie der Mitglieder aller kommunalen Parlamente. Diese ausschließlich politisch motivierten Verhaftungen, Inhaftierungen und Anklagen missbilligt der Rat der Stadt Dortmund ausdrücklich.
Mit Bestürzung und großer Sorge verfolgt der Rat der Stadt Dortmund die Situation seiner kurdischen Ratskolleginnen und -kollegen sowie der kurdischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in der Türkei.
Laut Medienberichten leiden in der Türkei viele kurdische Kommunalpolitikerinnen und -politiker seit Monaten verstärkt unter der Repression und Verfolgung der türkischen AKP-Regierung. Kurdische Kommunalpolitikerinnen- und politiker, darunter auch Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, sind regelrechten Verhaftungswellen ausgesetzt, befinden sich in U-Haft oder wurden angeklagt. Von mindestens 24 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus 17 Kommunen ist bekannt, dass sie sich in Gefängnissen befinden.
Die anti-kurdische Politik in der Türkei hat damit eine neue Eskalationsstufe erreicht, von der nicht nur Politikerinnen und Politiker betroffen sind. In vielen Städten herrscht der Ausnahmezustand. Festnahmen, Ausgangssperren und Tötungen sind an der Tagesordnung. Alleine in der Stadt Cizre wurde über 110 Menschen getötet. Die Dimensionen, die die Repressionen des türkischen Staates angenommen haben, sind erschreckend.
Die türkische Regierung lässt keine unabhängigen Beobachter in die betroffenen Städte und geht rigoros gegen Kritiker des Regierungskurses vor. Hunderte Zivilisten sind bereits gestorben. Mindestens 300.000 Menschen mussten aus kurdischen Gebieten fliehen: Sie versuchen sich vor dem Tod zu retten. Vielleicht werden manche von ihnen sogar nach Dortmund kommen. Diese Flüchtlinge sind in Dortmund willkommen. Doch oberstes Ziel muss es sein, die Fluchtursachen in der Türkei abzustellen und dafür zu sorgen, dass die kurdische Bevölkerung, auch die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, in der Türkei ihre (Menschen- und staatsbürgerlichen) Rechte in vollem Umfang wahrnehmen kann.
Wir, die Ratsmitglieder der Stadt Dortmund, solidarisieren uns mit den verfolgten Kurden in der Türkei. Wir kritisieren die Politik der türkischen Regierung unter Recep Tayyip Erdogan, da diese mit äußerster Gewalt gegen die kurdische Bevölkerung vorgeht und demokratische Werte beschneidet.
Autor:Claudia Behlau, DIE LINKE+ aus Dortmund-Ost |
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