Gauck überbringt Glückwunsch

Die IHK schlug beim Festakt mit dem Bundespräsidenten einen Bogen vom ersten Telefon bis zum Technologiezentrum und von der Hafeneröffnung bis zum Airport. | Foto: Günter Schmitz
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  • Die IHK schlug beim Festakt mit dem Bundespräsidenten einen Bogen vom ersten Telefon bis zum Technologiezentrum und von der Hafeneröffnung bis zum Airport.
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Mit einem großen Festakt feiert die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund heute im Opernhaus ihr 150-jähriges Bestehen.Der Teppich ist blau. Kurz bevor der Bundespräsident kommt, wird er bis ins Foyer des Opernhauses schnell noch mal gesaugt, nachdem schon 1200 Gäste über ihn gelaufen sind. Aber das macht nichts, denn Joachim Gauck steigt erst aus seinem Wagen, als alle Gäste des IHK-Jubiläums bereits im Saal sitzen.

IHK-Präsident Udo Dolezych und IHK-Hauptgeschäftsführer Reinhard Schulz nahmen die Glückwünsche von Bundespräsident Joachim Gauck entgegen. „Ihr Besuch ist eine wunderbare Würdigung der Wirtschaft und der Menschen in der Region“, begrüßte Udo Dolezych seinen Ehrengast. Neben dem Staatsoberhaupt aus Berlin erlebten auf Einladung der IHK zahlreiche Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, darunter die NRW-Minister Garrelt Duin und Guntram Schneider, Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau und weitere Ehrengäste eine Zeitreise in 150 Jahre Geschichte.

Zeitreise in 150 Jahre Industriegeschichte

Zu den Klängen von Drums und einer E-Gitarre werden die Opernhausbesucher in die Zeit der Bergarbeiter und Stahlkocher zurück versetzt. „Heute ist unsere Wirtschaft ein Tausendfüßler und ihre Stimme ist die IHK“, holt der IHK-Präsident seine Gäste zurück ins Jetzt.
„Ihr Leitbild ist Freiheit und Verantwortung, Herr Bundespräsident“, so Dolezych,“und da finden wir uns wieder.“ Doch bevor Joachim Gauck redet, bittet er die Gäste des Festaktes zuerst an die Menschen zu denken, die gegen die Flut und das Wasser kämpfen.

"Menschen, die Mut und Zuversicht ausstrahlen"

„Ich bin hier immer gerne hingekommen, weil ich hier immer Menschen treffe, die Mut und Zuversicht ausstrahlen“, sagt Joachim Gauck. Und er erzählt von den Flutopfern in Mittel- und Süddeutschland, denen das Zusammenstehen das Gemüt aufhelle. „Und da bin ich hier“, schlägt er den Bogen nach Dortmund, „mitten in der Tradition des Zusammenstehens.“ Mit dem Überwinden von Schwierigkeiten, kenne man sich hier im Ruhrgebiet aus. Zwar sei die Dortmunder IHK nicht die älteste, wohl aber eine, die in besonderer Weise Veränderungen begleitet hat.

Es geht um die Frage der Ausbildung

Und es gehe nicht um die Frage wie hoch die Gewerbesteuer sein darf, sondern vor allem um die, welche Ausbildung junge Menschen brauchen, um den Wandel voran zu treiben.
1200 Gäste verfolgten den Festakt, der mit Talkrunden, Filmsequenzen und Show einen kurzweiligen Eindruck von Geschichte, Aufgaben und Bedeutung der IHK zu Dortmund gab. Die IHK vertritt die Interessen von 59 000 Unternehmen.

Die Rede des Bundespräsidenten Joachim Gauck:

Nun bin ich hier in Dortmund, um mit Ihnen „150 Jahre Zukunft“ zu feiern – und kann doch die gegenwärtigen Bilder nicht ausblenden. Ich habe vor zwei Tagen in Halle und in Meißen Menschen getroffen, denen das Hochwasser vieles zerstört hat, was sie aufgebaut haben – das eigene Heim, den Betrieb, das Geschäft. Es sind dramatische, für viele auch existenzielle Tage. Zugleich erleben wir bei diesem Hochwasser einmal mehr, welche Kräfte in uns stecken, wenn wir sie brauchen. Ich habe bei meinem Besuch keine zitternden, zagenden, sondern gefasste Menschen erlebt. Und ich habe Menschen getroffen, die einfach da sind, wo sie jetzt gebraucht werden, bei den Nachbarn oder bei Fremden, die tun, was sie tun können. Auch Industrie- und
Handelskammern der betroffenen Regionen bieten Nothilfe, vermitteln Sachverständige, die Hochwasserschäden begutachten helfen, oder helfen betroffenen Unternehmen, mit der akuten Situation fertig zu werden. Das alles hilft den Flutopfern nicht nur ganz praktisch. Es gibt ihnen auch das ebenso wichtige Gefühl der Zuversicht:

"Wir sind nicht allein!"

Wir leben in einem solidarischen Land. Und gemeinsam werden wir es schaffen, das Zerstörte wieder aufzubauen. Schwierigkeiten gemeinsam überwinden – damit kennen Sie sich auch hier im Westfälischen Ruhrgebiet gut aus. Ich bin ja schon oft bei
Ihnen gewesen und weiß: Hier leben Bürgerinnen und Bürger, die sagen „Wir haben unsere Kräfte und unsere Phantasie nicht nur für uns allein. Wir teilen sie, wir machen etwas daraus, für uns und für andere.“ Und darum bin ich heute sehr gern zu Ihnen gekommen, um der IHK Dortmund zum 150. Geburtstag zu gratulieren. In den 80 Industrie- und Handelskammern werden die Netze geknüpft, die unsere großen und kleinen Unternehmen und Betriebe durch den Wandel der Zeiten tragen. Wenn wir nur einmal hochrechnen würden, wie viele tausende Stunden ehrenamtlicher
Mitarbeit in Präsidium und Vollversammlung, in Ausschüssen und Arbeitsgruppen, als Prüfer oder ehrenamtliche Richter allein durch Sie hier im Saal zusammenkommen – ich bin sicher, es wäre eine imposante Zahl.

Sie steht in keiner Unternehmensbilanz

Aber sie ist ein Beleg für die Kultur der Mitverantwortung, die unser Land und
unsere Wirtschaft stark macht! Ich gratuliere heute zwar nicht der ältesten IHK in Deutschland – selbst für das Ruhrgebiet war sie eher spät dran – dafür aber einer, die in besonderer Weise Veränderungen begleitet hat. Im Grunde ist „Strukturwandel“ für Sie ja ein anderes Wort für „Normalzustand“. Als offensichtlich wurde, dass die große Zeit der Ruhrkohle vorüber war, dass für die Stahlerzeugung härteste Zeiten anbrechen würden, ebenso wie für Brauereien und viele andere Traditionsfirmen, da musste sich diese Region komplett neu erfinden. Sicher: Es strahlt noch nicht alles so golden wie das „U“ auf der alten Brauerei der Dortmunder Union.

Und ich will die Herausforderungen auch nicht kleinreden:

Arbeitslosigkeit, Energiewende oder auch demografischer Wandel – mit alledem müssen wir umgehen, hier in der Region wie auch anderswo in unserem Land.
Aber wenn ich sehe, wie viele neue Unternehmen hier seit den 80er Jahren entstanden sind, kann ich nur sagen: Das haben wir auch Ihnen zu verdanken, den Engagierten der Industrie- und Handelskammer! Sie bündeln und vertreten wirtschaftliche Interessen, Sie bringen Vorschläge und Ideen ein, Sie beraten und unterstützen Investoren und Gründungswillige. Vieles, was heute fest zu Dortmund und der
Region als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort gehört, haben nicht allein Politik und Verwaltung, sondern vor allem auch Sie und Ihre Vorgänger maßgeblich vorangetrieben: von der Anbindung Dortmunds ans Eisenbahnnetz in der Anfangszeit Ihrer Kammer über die Gründung der Universität Dortmund bis hin zu den heutigen Technologiezentren. Sie werden noch vieles mehr vorantreiben müssen, damit Ihre Region und die Wirtschaft innovativ und zukunftsfähig bleiben.

Was würden wohl die Gründerväter der IHK sagen?

,zu Mikrosystemtechnik und Kreativwirtschaft statt Schwerindustrie und Bierbrauereien? Ich vermute, dass sie gar nicht so sehr fremdeln würden. Zum einen wird hier auch heute noch industriell produziert – zum Glück, denn inzwischen wissen wir, wie wertvoll eine solide industrielle Basis ist, auch wenn der Trend sonst stärker auf Dienstleistungen ausgerichtet ist. Zum anderen bleiben viele der Themen, die die Gründer damals umtrieben, unverändert aktuell. Damit meine ich nicht nur die Frage, wie hoch die Gewerbesteuern sein dürfen, sondern vor allem die Frage, welche
Ausbildung junge Menschen brauchen, um im wirtschaftlichen Wandel nicht nur Schritt zu halten, sondern ihn auch voranzutreiben. Ich fand es interessant, in einer Ihrer Publikationen zu lesen, dass Ihr erster hauptamtlicher Kammersyndicus, Ernst Bernhardi, schon im Jahr 1901 den obligatorischen Schulbesuch von Lehrlingen
einführte und Dortmund damit in der beruflichen Bildung eine Spitzenstellung verschaffte.

Um das System werden wir beneidet

Es würde ihn wohl freuen zu hören, dass wir inzwischen in vielen Ländern – nicht nur in Europa – um unsere duale Ausbildung beneidet werden!
Überall, wo mich Politiker im Ausland zu diesem Erfolgsmodell befragen, antworte ich, dass die duale Ausbildung Generationen von jungen Deutschen eine solide Basis für ein erfolgreiches Berufsleben geschaffen hat – sie mussten nicht studiert haben, um erfolgreich zu sein. Genau diese Botschaft habe ich kürzlich auf meiner Lateinamerika-Reise in Bogotá vermittelt. Ich sprach vor Studenten, die ich mit dieser Botschaft vielleicht etwas irritiert habe. Aber ich habe die Botschaft bewusst vor den Studenten gesetzt, denn häufig werden in Ländern mit Fachkräftemangel zwar immer mehr Akademiker ausgebildet, aber zu wenige Facharbeiter, die ihren Beruf von der Pike auf gelernt haben. Teilen wir unsere guten Erfahrungen mit all denen, die sich dafür interessieren – sie können ein ganz wichtiger Beitrag zur Überwindung der bedrückend hohen Jugendarbeitslosigkeit in anderen Ländern sein.

Unsere guten Erfahrungen möchte ich einbringen

, wenn ich im Juli die baltischen Staaten besuche. Und mit Spannung sehe ich den anstehenden Beratungen auf europäischer Ebene entgegen, um das Notwendige und Richtige in die Wege zu leiten: Arbeitsmarktbarrieren abzubauen, die Arbeitsvermittlung zu reformieren und ganz dringend ein befähigendes berufliches
Ausbildungswesen in allen Mitgliedstaaten aufzubauen. Europa wird nur dann eine gute Zukunft haben, wenn Europas Jugend eine Chance bekommt.
Dies ist auch ein ganz wesentlicher Beitrag für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum: Denn ohne die gute Ausbildung in den Betrieben gäbe es in Deutschland wohl auch kaum die soliden und innovativen mittelständischen Unternehmen, die mit ihren Produkten in ihrem speziellen Segment oft Weltmarktführer sind.

Immer wieder beeindruckt

Einige solcher Unternehmen habe ich kennen gelernt bei meinen Antrittsbesuchen in unseren Bundesländern und war immer wieder aufs Neue beeindruckt davon: über den großen Einsatz all der Kaufleute, Informatiker und Spezialisten in der Logistik, Kommunikation oder Sicherheit – um nur einige zu nennen. Wer aber analysiert und diagnostiziert den Bedarf der Industrie und des Gewerbes in den einzelnen Sparten? Wer entwickelt die Ausbildungsinhalte mit? Wer kümmert sich um ausreichend
Ausbildungsplätze vor Ort in den Betrieben und prüft später die Auszubildenden bis zu ihrem Abschluss? All diese Aufgaben werden in Deutschland in bewährter Art erledigt durch vielfach ehrenamtliches Engagement aus Kammern heraus. In unserem Land sind es insgesamt eine viertel Million Kaufleute und Unternehmer, die sich als
ehrenamtliche Prüfer junger Auszubildender in den Industrie- und Handelskammern einsetzen – das ist eine Dimension, die einfach zuversichtlich stimmen muss! Und wer wüsste besser als die Unternehmen selbst, worin genau die Herausforderungen bestehen, auf welche Qualifikationen es letztlich ankommt, wo in Zukunft Bedarf
entsteht und in welchen Segmenten vermehrt und verstärkt ausgebildet werden muss?
Als Bundespräsident spreche ich nicht als Fachpolitiker, und ich bin auch kein Experte für Wirtschafts- und Unternehmensfragen.

Ich bin ein Fürsprecher der Wirtschaft

Was ich aber bin, und das von Herzen: ein Freund und Fürsprecher der Wirtschaft und eines freien Unternehmertums, das bereit ist, Verantwortung zu übernehmen – nicht nur für das Gedeihen der eigenen Unternehmen, sondern auch für das gesamtgesellschaftliche Miteinander. In den rund dreieinhalb Millionen gewerblichen
Unternehmen, die in den 80 Industrie- und Handelskammern organisiert sind, wird ein Großteil unseres Wohlstands geschaffen. Was wären wir ohne Sie, die im wahrsten Sinne etwas unternehmen, was wären wir ohne Ihren Mut und Ihre Initiative? Sie gründen, Sie investieren, Sie bilden aus, Sie geben Anderen Arbeit. Sie sind für mich
ein ganz wichtiger Teil unserer freien Bürgergesellschaft!
Mit großem Interesse habe ich darum, bevor ich zu Ihnen kam, im aktuellen Gründerreport des Deutschen Industrie- und Handelskammertages gelesen. Da gibt es Licht und Schatten: Die Zahl der Existenzgründungen ist in den letzten Jahren bedauerlicherweise weiter abgesunken. Allerdings hat das einen erfreulichen Hintergrund: Die Arbeitslosenzahlen sind niedrig und damit sinkt wohl auch der
Druck, sich aus der Not heraus selbständig zu machen.

Immer mehr Frauen gründen

Erfreulich ist es zu lesen, dass immer mehr Frauen gründen. Und auch wenn der
typische Existenzgründer, die typische Existenzgründerin jung ist – „jung“, das heißt hierzulande: „unter 50“: Es gibt immer mehr Ältere, die risikofreudig genug sind, um die Selbständigkeit noch zu wagen. Das finde ich großartig. Im Übrigen bedeutet „gründen“ ja nicht nur „wagen“, sondern sich auch einen Standort suchen, also „sich
beheimaten“. Es hat mich darum gefreut zu lesen, dass jeder vierte Unternehmensgründer ausländischer Herkunft ist und sich auch auf diese Weise fest in Deutschland verankert. Was können wir tun, um das alles zu stärken? Der DIHK
empfiehlt: Förderung für arbeitslose Existenzgründer und Anschubfinanzierung für Hightech-Start-Ups verbessern! Bürokratie für Existenzgründer vereinfachen! Und auch: Eltern mit besseren Kinderbetreuungsangeboten die Selbständigkeit erleichtern! Da muss man kein Experte sein, das liest sich alles gut und richtig. Und es ist beeindruckend, wie viele Hilfen und Förderprogramme, professionelle
und kompetente Begleitung es gerade durch die IHK gibt.

Verantwortung wird "den anderen " zugeschoben

Ein wenig nachdenklich stimmt mich aber, dass – wenn wir in Deutschland über Arbeitsplätze sprechen – die Verantwortung, welche zu schaffen, allzu oft „den anderen“ zugeschoben wird: Unternehmern und Konzernen, Politikern und Parteien. Sie werden verantwortlich gemacht, wenn Arbeitsplätze verloren gehen, sie werden in
Verantwortung genommen, Arbeitsplätze zu sichern. Das mag auch nicht ganz falsch sein, wenn es um Investitionsentscheidungen oder wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen geht. Aber schauen wir uns doch die Geschichte Ihres Kammerbezirks an: Was wäre er ohne mutige und weitblickende Gründer wie zum Beispiel den ersten Kammerpräsidenten, Wilhelm Overbeck? Ich brauche Sie ja nicht daran zu erinnern: Es ist als Einzelner möglich, nicht nur auf eine Karriere als
abhängig Beschäftigter zu setzen, es ist auch möglich, eigene Pläne und Projekte zu entwickeln, Unterstützung dafür zu suchen und sich in die Selbständigkeit aufzumachen.

Auch das ist gelebte Freiheit.

Sie braucht eine Kultur des Wagens, die sich nicht durch die Möglichkeit des Scheiterns beirren lässt. Den Mut zum Gründen können wir auch in Momenten wie diesen sammeln, wenn wir an die Kräfte unserer Vorfahren erinnern – wie viele Brüche, wie viele Krisen haben sie überstanden! Die Gründungen der letzten 150 Jahre wären zusammengenommen Stoff genug für tausende von abenteuerlichen Geschichten von Leidenschaft und Ideenreichtum, von Biss und Verantwortungsgefühl, von Niedergang und Neuerfindung. Momente der Erinnerung sind wichtig, in denen wir uns sagen, was wir alles geschafft haben, um glauben zu können, dass wir es auch in Zukunft schaffen werden. Beständigkeit und Verantwortung, zugleich Veränderungsbereitschaft und Mut – das sind auch die Ansprüche an Ihre eigene Institution, die Kammern.

Solide Arbeit und Transparenz

Wie alle Institutionen müssen siesich wandeln, müssen sich ihre Legitimation, ihre besondere Stellung einschließlich ihrer besonderen quasi-hoheitlichen Aufgaben immer wieder neu erarbeiten – durch solide Arbeit, durch Transparenz, durch gute Ideen, mit denen vor Ort Probleme gelöst und Erfolge spürbar werden: Zum Beispiel, gemeinsam mit Arbeitsagentur und Jobcenter über das Radio zu versuchen, Arbeitssuchende und Arbeitsplätze
zusammenzubringen – eine, wie ich finde, pfiffige Idee hier aus Dortmund.
Unsere Tradition der Selbstverwaltung der Wirtschaft birgt das große Versprechen unternehmerischer Teilhabe an der Gestaltung unserer Wirtschaftsordnung. Sie ist eine historische Errungenschaft bürgerlichen Engagements und der Demokratisierung in unserem Land. Das sollten wir in heutiger hektischer Zeit nicht leichtfertig übersehen. Hier spricht natürlich auch der Ostdeutsche in mir, der erlebt hat,
welche absurden und zerstörerischen Folgen es haben kann, wenn eine Staatsmacht behauptet, alles zentral lösen zu können. Nicht zufällig haben die Nationalsozialisten gleich nach der Machtergreifung 1933 die Handelskammern gleichgeschaltet – und
nicht zufällig hat das SED-Regime die Kammern nach dem gescheiterten Arbeiteraufstand im Jahr 1953 zentralisiert und von ihrer Selbstverwaltung entmachtet.

Heute lebendige Diskussion

Nehmen wir es heute also als ein gutes Zeichen für die Lebendigkeit unserer deutschen Demokratie, wenn die Positionen der Handelskammern zur Standort- und Wirtschaftspolitik so manchem Landes- oder Bundespolitiker bisweilen missfallen. Und nehmen wir es auch als ein gutes Zeichen, wenn in den regionalen Industrie- und
Handelskammern kontrovers und lebhaft diskutiert wird.
Verantwortung für die res publica zu übernehmen heißt, sich mit dem Unvollkommenen zu arrangieren und dabei die Energie und den Willen zu behalten, die man braucht, um die Verhältnisse verbessern zu wollen. Nicht meckern, sondern mitgestalten – da, wo man es kann.

Seid keine Zuschauer!

Darum möchte ich Sie bitten, bei all Ihren Mitgliedern dafür zu werben:Seid keine Zuschauer, werdet Gestalter! Nehmt Euer aktives und passives Wahlrecht in den Gremien der Industrie- und Handelskammern noch weitaus zahlreicher wahr! Auch da gibt es Luft nach oben. Nutzt die Chance, Eure Angelegenheiten eigenverantwortlich zu regeln und gemeinsame Interessen für den Standort auch gemeinsam zu vertreten!
Zum Schluss: Ich sehe in der Art und Weise, wie Sie in den Industrie- und Handelskammern Verantwortung übernehmen, die angemessene Art, Freiheit zu leben. In diesem Geist werden Sie keine Zukunft zu fürchten haben, sondern dürfen sich freuen auf alle kommenden Jahre – und seien es 150 und mehr. Dazu wünsche ich
Ihnen alles Gute!

Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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