„Flüchtlinge werden sehr wohl weggeschickt“

Fatma Karacakurtoglu

„Das ist doch Augenwischerei. Hier wird so getan, als sei man großzügig und guckt aber doch nicht über den Tellerrand.“ Fatma Karacakurtoglu, Ratsmitglied und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN, ist sehr wütend und verärgert über die Aussagen der Stadt Dortmund zur so genannten Wohnsitzauflage.

Diese Wohnsitzauflage – ein Erlass des Innenministeriums ¬¬– ermöglicht es Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, anerkannte Flüchtlinge in die Städte und Bundesländer zurückzuschicken, in denen sie seit Januar 2016 erstmals registriert wurden. In anderen Bundesländern ist diese rückwirkende Regelung ausgesetzt.

Betroffen in Dortmund sollen bis zu 2000 Geflüchtete sein. Sie haben sich im Jahr 2016 – nach ihrer Anerkennung an einem anderen Ort – für den Wohnsitz Dortmund entschieden und hier teilweise schon eine Wohnung bezogen. Angeblich dürfen sie auch in Dortmund bleiben. „Es wird keiner weggeschickt.“ So lautete die Aussage, die die Politikerinnen und Politiker vor einigen Tagen im Sozialausschuss zu hören bekamen. Angeblich würden alle Spielräume zu Gunsten der Flüchtlinge genutzt. Vor allem Familien mit Kindern oder auf laufende Integrationskurse werde Rücksicht genommen, hieß es.

„Diese Information ist geradezu lächerlich“, sagt Fatma Karacakurtoglu, die sich sowohl beruflich als auch privat in der Flüchtlingsarbeit engagiert. „Alleine mir persönlich sind über 50 Personen bekannt, denen ein Umzug nahegelegt wurde. Viele dieser Menschen hatten schon eine eigene Wohnung bezogen. Aber sie nehmen noch nicht an einem Integrationskurs teil, der sie momentan vor dieser Form der Abschiebung schützen könnte. Aber auf einen Platz in einem Integrationskurs muss man ewig warten. Und machen wir uns nichts vor: Welcher Flüchtling traut sich schon, gegen eine Behörde Einspruch einzulegen? Und wer kämpft, wenn er einfach keine finanziellen Leistungen mehr vom Dortmunder Jobcenter bekommt?“

Auch Nadja Reigl, Ratsfrau für DIE LINKE & PIRATEN und Mitglied im Sozialausschuss, sind solche Vorfälle bekannt: Auch sie hat erfahren, dass Flüchtlinge schriftlich von der Ausländerbehörde aufgefordert wurden, die Stadt zu verlassen. Nadja Reigl: „Das Jobcenter verkürzt ihre Bewilligungszeiträume für Leistungen und übt so Druck aus.“

Nadja Reigl: „Ebenso wie das Netzwerk der Ehrenamtlichen sind auch wir entsetzt, weil wir spüren, wie sich die ursprünglich so wunderbare Willkommenskultur in eine Abwehrhaltung gewandelt hat. Es werden die Gesetze verschärft, und den Flüchtlingen wird die Integration erschwert.“
Dortmund sei eine der wenigen Städte in NRW, die den Erlass aus dem Innenministerium so restriktiv umsetze, beklagt Fatma Karacakurtoglu. „Zuerst hat die Ausländerbehörde der Stadt Dortmund die Flüchtlinge in Angst und Schrecken versetzt. Dann wurden sie mit Druck dazu gebracht, Dortmund zu verlassen.“

Wahrscheinlich sei die Stadt Dortmund juristisch sogar im Recht, sagt Fatma Karacakurtoglu. „Aber dann soll sie nicht so tun, als würde sie großzügig mit dem Gesetz umgehen. Das ist einfach nicht wahr. Denn das was die Stadt Dortmund wirklich nur umsetzt, ist der Erlass des MIK vom 28. September. Da ist nichts weiter Großzügiges durch die Stadt hinzugekommen.“ Eine wirklich großzügige Geste wäre es, die Prozedur bis zur endgültigen Entscheidung durch das Land NRW ruhen zu lassen, statt die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen, ohne selbst zu wissen, wie es letztendlich umgesetzt werden soll.

Autor:

Claudia Behlau, DIE LINKE+ aus Dortmund-Ost

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