Einblicke zum Geschäftsjahr 2015 beim Sozialgericht Dortmund
Für den 29.02.2016 hatte das Sozialgericht Dortmund zu einem Pressegespräch geladen, um über die Arbeitsergebnisse des vergangenen Jahres zu berichten. Pressemappe 2015
58 Richter und Richterinnen sind damit betraut über sozialrechtliche Klagen von 3.393.781 Einwohnern aus den Kreisen Unna, Soest, Siegen, Olpe, den Ennepe-Ruhr-Kreis, den Hochsauerlandkreis und den Märkischen Kreis sowie die Städte Dortmund, Hamm, Bochum und Hagen zu entscheiden.
Dabei sind auch die Facetten der einzelnen Rechtsgebiete weit gefächert. Mit 19 Kammern nimmt die Grundsicherung für Arbeitsuchende den breitesten Raum ein, gefolgt vom Schwerbehindertenrecht. Dann folgen Krankenversicherung und Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten mit je 9 Kammern.
Auf insgesamt 16.799 Klagen und Eilverfahren bezifferte das Gericht die Neuzugänge 2015 und schließt das Jahr mit einem unerledigten Bestand von 21.566 Klagen ab. Und das obwohl insgesamt 17.260 Klagen für erledigt erklärt werden konnten. Der Rückstand konnte ein wenig aufgearbeitet werden.
„Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug im letzten Jahr 16,2 Monate, bei Hartz IV Klagen 15,4 Monate. Eilsachen wurden in knapp anderthalb Monaten entschieden. Auch alte Verfahren werden seit einem Jahr vorrangig erledigt, um auf Dauer die Verfahrenszeiten zu senken.“
Kampf gegen Verfahrensstau - Sozialgericht Dortmund sitzt auf 21.566 Fällen
Dazu hieß es, dass seit 2014 zwei Bestandskammern eingerichtet worden seien, die „freiwillig nur Altbestände aus den Jahren 2009 bis 2011“ abarbeiteten. Eine Rückfrage, ob „Freiwilligkeit“ hier gleichbedeutend sei mit „ehrenamtlich“, wurde mit wohlwollendem Lachen beantwortet.
Die nächsten Klagewellen zeichnen sich ab
In den kommenden Monaten erwartet das Gericht einen neuen Anstieg der Klagen aus dem SGB II-Bereich. Die unterbliebene Anpassung der Regelsätze aufgrund der vorliegenden Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 (um ca 87,00 €) , die unbefriedigende und in weiten Teilen ungeklärte Situation der angemessenen Mietkosten (schlüssiges Konzept), aber auch der beim Bundesverfassungsgericht anhängige Vorlagebeschluss aus Gothe zur Sanktionspraxis des SGB II lassen einen vermehrten Anstieg der Klagen erwarten.
Dazu kommt die Entwicklung der Flüchtlingssituation in den Sozialleistungsträgern.
Um der Klageflut durch das „Hartz IV“-Gesetz Herr zu werden, hatte der Gesetzgeber mehrere Schritte unternommen, um die Rechtswahrung der Betroffenen zu behindern.
1. Der Zugang zur Beratungshilfe wurde erschwert,
2. der Beschwerdewert für die zweite Instanz wurde angehoben,
3. der Zugang zur Prozesskostenhilfe wurde ebenfalls behindert und
4.Fördergelder für erwerbslosenberatungsstellen wurde zum Teil ersatzlos gestrichen.
5.Und um die Rechtsverteidigung für Rechtsanwälte unattraktiver zu machen, werden Kürzungen an den Anwaltsgebühren vorgenommen.
Die Klagewelle im Märkischer Kreis
Trotzdem belegt der Märkische Kreis mit seinen 16.316 Bedarfsgemeinschaften (Okt 2015) und 1.377 eingereichten Klagen den absoluten Spitzenplatz.
So sind in der Jahresübersicht der Klageeingänge insgesamt Schwankungen auszumachen. Die einzige Konstante bietet das Jobcenter Märkischer Kreis. Abgesehen von nur einem Klagerückgang im Jahr 2011 zeigt sich eine stetige Zunahme der Klagen. Das Schaubild zeigt, die Verhältnismäßigkeit der Anzahl der jeweiligen Bedarfsgemeinschaften zur Zahl der Klageeingänge.
Die Erfolgsquote beim Sozialgericht
Die Aussichten für Kläger vor dem Sozialgericht ganz oder teilweise zu obsiegen ist nach wie vor hoch und liegt bei ca. 30-40 Prozent. Diese Zahlen müssen jedoch gründlicher hinterfragt werden und nach Themenschwerpunkten aufgeschlüsselt werden.
Autor:Ulrich Wockelmann aus Iserlohn |
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