Dortmunder Ratssitzung: Bett-, Wett- & Hundesteuer / TTIP-Freihandelsabkommen / Ostwallmuseum / PPP-Modelle / Behindertenpolitisches Netzwerk mit dauerhaften Sitz
Am letzten Donnerstag fand sich der Rat der Stadt Dortmund zu seiner dritten Sitzung zusammen. Dauerte die erste Sitzung am 18. Juni mit einigen Formalitäten gerade mal eine Dreiviertelstunde, saßen die gewählten Ratsvertreterinnen und Vertreter am Vorabend eines langen Wochenendes mit anschließenden Herbstferien nun bis kurz vor 21 Uhr fast sechs Stunden zusammen und arbeiteten die Tagesordnung ab.
Mit großer Mehrheit wurde die Weiterentwicklung der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache samt Sanierung des historischen Baubestandes und der Modernisierung der Dauerausstellung wider der Nazizeit beschlossen. Ebenfalls eine Mehrheit aus SPD, Grünen sowie Linken&Piraten fand der Antrag der Fraktion DIE LINKE & Piraten dem Behindertenpolitischen Netzwerk (BPN) künftig im Gestaltungsbeirat einen dauerhaften Sitz zuzusprechen, damit das BPN weiterhin unter anderen einen festen Platz in der Architektenberatung haben kann.
Die Kommunen wurden kaputtgespart
Bei vielen Tagesordnungspunkten wurde die prekäre finanzielle Situation der Stadt Dortmund samt drohender Haushaltssicherung thematisiert. Da diese aber von allen anderen Fraktionen als quasi gottgegeben dargestellt wurde, sah sich der Ratsvertreter Carsten Klink (DIE LINKE) gezwungen einmal auf die wahren Hintergründe der finanziell desaströsen Situation der Kommunen hinzuweisen. "Die Kommunen wurden kaputtgespart. Wir brauchen eine massive Rekapitalisierung der Kommunen. Den Begriff "Rekapitalisierung" kennen wir eigentlich von den Banken. Für die waren Millarden da. Für die Kommunen offensichtlich nicht.", so der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion. Weiter kritisierte Klink die Industrie- und Finanzkonzerne, die sich bei Wirtschaftsminister Gabriel über einen Anlagenotstand ihrer Gewinne beklagen, die ja letztlich nur den überproportional einbehaltenen Anteil an dem gemeinschaftlich erarbeiteten Reichtum darstellen und forderte deren konsequente Besteuerung, da das Geld offensichtlich da sei und die Industriekonzerne keine sinnvolle Verwendung hätten. "Die Mehrheiten dafür sind da. Bei der Vermögenssteuer hat selbst die SPD einen hellen Moment, die Grünen und wir Linken sind auch dafür. Man muss dann auch diese Mehrheiten im Bundestag nutzen, was natürlich schwierig wird, wenn man weiter in einer schwarz-roten Koalition gefangen bleibt.", so Klink weiter. Die Kommunen werden durch Schwarz-Rot in einer selbstverursachten Armut gehalten.
Wettbüro- & Hundesteuer
Auch die Wettbürosteuer und die Hundesteuer wurden durch den Rat beschlossen. Bei der Erhöhung der Hundesteuer stimmte die Fraktion DIE LINKE & Piraten allerdings gegen diese Erhöhung. Bei der Wettbürosteuer werden Mehreinnahmen von jährlich bis zu € 800.000 und bei der Hundesteuer von jährlich bis zu € 300.000 erwartet.
Beherbergungsabgabe soll bis zu € 1.200.000 bringen
Der unscheinbare Tagesordnungspunkt 9.15 "Satzung über die Erhebung einer Abgabe auf entgeltliche private Beherbergungen im Gebiet der Stadt Dortmund (Beherbergungsabgabesatzung)" beherbergte eine nun vom Stadtrat sinnvollerweise beschlossenen Mehreinnahme von jährlich bis zu € 1.200.000. Die Lobbyarbeit des Hotelgewerbes verlief offensichtlich wirkungslos. Dies kann natürlich auch damit zusammenhängen, dass die Hotelierspartei FDP, die auch bei der letzten Sonntagsfrage zur Bundestagswahl auf 2 Prozent und somit auf Splitterparteiniveau reduziert wurde, nur noch mit zwei Vertretern im Rat sitzt.
TTIP-Freihandelsabkommen: CDU wollte gegen schwarz-roten Koalitionsvertrag stimmen
Beim Tagesordnungspunkt "TTIP-Die Transatlantische Handels- und Investititonspartnerschaft" sollte der Rat der Stadt Dortmund ein Zeichen für die kommunale Daseinsvorsorge und gegen mögliche Konzernklagen gegen die Entscheidungsfreiheit der Kommunen setzen. Hierfür sollte der Rat lediglich ein entsprechenden Beschluss des Deutschen Städtetages vom 12. Februar 2014 unterstützen. Die CDU drohte sofort mit Ablehnung. Was besonders putzig war, lob der Deutsche Städtetag doch ausdrücklich die Festlegungen des Koalitionsvertrages im Bundestag von CDU, CSU und SPD, der bei den derzeit geführten Verhandlungen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft, auf die Wahrung der europäischen Sozial- und Umweltstandards sowie auf den Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge Wert legt. Während Linke und Piraten offensichtlich lobende Worte und Zustimmung, wenn auch für einen äußerst kleinen, begrenzten Teil des schwarz-roten Koalitionsvertrages finden konnten, wollten die Christdemokraten doch tatsächlich auch mal gegen den eigenen Koalitionsvertrag stimmen. Da die Dortmunder SPD wie ihr Bundeswirtschaftsminister Gabriel beim Thema TTIP scheinbar weder Fisch noch Fleisch ist, wurde der Antrag der Linken & Piraten zwar von der SPD nicht niedergestimmt, aber zu weiteren Beratung in die Ausschüsse geschickt.
FDP: "Chlorhühner heben gesundheitliche Standards"
Für Erheiterung bei einem nicht gerade kleinen Teil der Ratmitglieder sorgte dann ein FDP-Vertreter, der allen Ernstes behauptete, dass durch die Einführung von Chlorhühnern der gesundheitliche Standard in Deutschland gehoben werden würde. Schade, dass die FDP das TTIP-Abkommen, soweit sie es überhaupt gelesen hat, nur bis zu den Chlorhühnchen studiert hat. Selbst die Anti-TTIP-Bewegung ist über dieses Argument inzwischen weit hinaus gekommen, da andere Aspekte wie das Konzernklagerecht viel schlimmer sind.
Es wird bei TTIP tatsächlich keiner gezwungen Chlorhühner der Yankees zu essen, die Kommunen und die Staaten können aber sehr wohl gezwungen werden, Schadensersatzforderungen in Millardenhöhe zu begleichen, wenn Konzerne entsprechende Klagen vor Geheimgerichten führen.
PPP-Geschäfte der Stadt Dortmund
Beim Thema PPP (Public-Private-Partnership) schieden sich im Rat ebenfalls die Geister. Der Rat konnte sich nicht dazu durchringen, angesichts der durch das Rechnungsprüfungsamt jüngst aufgedeckten gravierenden Mängel bei den PPP-Geschäften der Stadt weitere Überprüfungen zuzustimmen. Mögliche Rückforderungsansprüche der Stadt ggf. in Millionenhöhe sind somit ebenso nicht gewollt, wie vorbeugende Maßnahmen für zukünftig angedachte PPP-Maßnahmen. Da die Fraktion DIE LINKE & Piraten allerdings den Vorsitz des Rechnungsprüfungsausschusses inne hat, werden die Linken & Piraten auf diesem Wege versuchen, die Interessen der Stadt Dortmund trotzdem zu wahren. Der Bundesrechnungshof hat kürzlich nicht umsonst darauf hingewiesen, dass fünf von sechs PPP-Geschäfte für die Öffentliche Hand Mehrkosten in Milliardenhöhe verursacht haben.
Ostwallmuseum
Wie man ja bereits der Lokalpresse entnehmen konnte, gab es im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung deutliche Hinweise, dass das Ostwallmuseum wohl gerettet werden kann. Die Chancen scheinen zumindest so gut wie noch nie zu stehen.
Abschließend sei angemerkt, dass der Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) wie gewohnt äußerst eloquent durchs Programm führte.
Autor:Carsten Klink aus Dortmund-Ost |
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