130 Kinder abgewiesen: Zu wenig Plätze an Gesamtschulen/ Schülerzahlen steigen/ Dortmund will Schule umwandeln
Dortmund schreibt Schulplanung bis 2027 fort

Die Gesamtschule, hier eine Veranstaltung zur Berufsorientierung für die Jugendlichen der Anne-Frank-Gesamtschule, ist eine beliebte Schulform. 130 Kinder mussten fürs kommende Schuljahr abgewiesen werden, nun will die Stadt eine zusätzliche Gesamtschule durch "Umwandlung" schaffen.  | Foto: AFGS
  • Die Gesamtschule, hier eine Veranstaltung zur Berufsorientierung für die Jugendlichen der Anne-Frank-Gesamtschule, ist eine beliebte Schulform. 130 Kinder mussten fürs kommende Schuljahr abgewiesen werden, nun will die Stadt eine zusätzliche Gesamtschule durch "Umwandlung" schaffen.
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Bis heute ist in zehn Jahren die Zahl der Geburten in Dortmund um ein Viertel gestiegen. Auswirkungen sind bereits an den Grundschulen sichtbar. Bis zum Schuljahr 2026/27 wird ein weitere Zunahme um fast 15 Prozent auf 24.630 Grundschulkinder erwartet. Um ausreichend Schulraum zur Verfügung stellen zu können, werden Schulen aus- und Grundschulen neu gebaut. Der Verwaltungsvorstand befasste sich mit der Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung bis zum Schuljahr 2026/27 für den Primarbereich sowie bis 2027/28 für die weiterführenden Schulen.

Die Stadt Dortmund verzeichnete in den letzten zehn Jahren einen Geburtenanstieg von 25 Prozent. Die ersten Auswirkungen sind bereits an den Grundschulen sichtbar. Bis zum Schuljahr 2026/27 wird ein weiterer Anstieg auf 24.630 Grundschulkinder erwartet.

Mehr Grundschulen

Um genügend Schulraum zur Verfügung stellen zu können, hat der Rat bereits im September 2019 beschlossen, Schulstandorte baulich zu erweitern, die notwendigen Zügigkeitserhöhungen vorzunehmen und neue Grundschulen zu errichten. Im Dezember 2020 konnten die ersten zusätzlichen Schulzüge im Primarbereich geschaffen werden. Die Umsetzung weiterer, bereits beschlossener, Maßnahmen dauert an.
Auf Grundlage dieser aktuellen Fortschreibung soll nun die Schaffung weiterer dauerhafter Kapazitäten an vier Grundschul-Standorten unter anderem in den Stadtbezirken Scharnhorst und Huckarde geprüft werden.

Zwei Schulformen bevorzugt

Bei den weiterführenden Schulen macht sich der Geburtenanstieg mit einer zeitlichen Verzögerung von vier Jahren bemerkbar. Die verschiedenen Schulformen sind nicht gleich stark von dieser Entwicklung betroffen. Während die besonders beliebten Schulformen Gymnasium und Gesamtschule den größten Anstieg verzeichnen werden, fällt dieser an den Realschulen eher moderat aus – von aktuell 7.550 auf voraussichtlich knapp 8.000 SchülerInnen im Schuljahr 2027/28. Die Schulkinderzahlen an den Hauptschulen werden voraussichtlich sogar sinken, von zurzeit 2.700 auf 2.350 SchülerInnen. Damit reichen die vorhandenen Real- und Hauptschulkapazitäten gesamtstädtisch betrachtet bis zum Ende des Prognosezeitraums aus.

„Handlungsbedarf sehen wir vor allem im Bereich der Gesamtschulen und Gymnasien. Im Dezember letzten Jahres wurden für beide Schulformen bereits Erweiterungen der Zügigkeiten für diesen Sommer beschlossen. Im kommenden Schuljahr wird es acht Schulzüge mehr an den Gymnasien und sieben Schulzüge mehr an den Gesamtschulen geben“, erläutert Schuldezernentin Daniela Schneckenburger.

130 Absagen

Beim aktuellen Anmeldeverfahren in die Klassen 5 des Schuljahres 2021/22 zeigt sich, dass alle neu geschaffenen Gesamtschulplätze nachgefragt wurden. Leider müssen noch immer 130 Kinder an dieser Schulform abgelehnt werden. Verbunden mit den auch künftig steigenden Schulkinder-Zahlen zeichnet sich damit ein weiterer Bedarf an Schulplätzen ab. Da viele Eltern für ihre Kinder den Wunsch nach einem höheren Bildungsgang mit direkter Abitur-Option haben, prüft die Stadt Dortmund nun die Schaffung weiterer Kapazitäten, zum Beispiel durch die Umwandlung von Bildungsgängen in eine Gesamtschule.

"Genau beobachten"

Ob der prognostizierte Bedarf an Gymnasialplätzen durch die bereits beschlossenen und die aufgrund der Umstellung auf G9 angestoßenen baulichen Maßnahmen und Kapazitätsanpassungen an allen Schulstandorten gedeckt werden kann, wird in den kommenden Jahren genau beobachtet und geprüft werden.

„Die Dortmunder Schullandschaft wird sich bereits mit den Zügigkeitserweiterungen zum Schuljahr 2021/22 verändern. Die künftigen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die einzelnen Schulformen und Schulstandorte werden wir genau beobachten. Wir sammeln auch in den folgenden Jahren dazu Erfahrungswerte, die dann in die weiteren Planungen schulorganisatorischer Maßnahmen einfließen werden“, so die Schuldezernentin.

Kritik der GEW

GEW Dortmund zu den Anmeldezahlen an den weiterführenden Schulen
"Schulentwicklungsplanung findet nicht statt! Der Schulträger hat die neuen Übergangszahlen für die Klassen 5 an den weiterführenden Schulen vorgelegt. Aus Sicht der GEW Dortmund wird deutlich, dass eine zukunftsfähige Schulentwicklungsplanung nicht stattfindet. Am Beispiel der Gesamtschulen wird deutlich, dass weder die Umwandlung der Sekundarschule Westerfilde in eine Gesamtschule noch die Aufstockung der Züge (Klassen) dem Bedarf und Elternwillen nachkommt. 'Es ist unverständlich, dass weiterhin über 150 SchülerInnen keinen Platz an einer Schule des gemeinsamen Lernens bekommen', kritisiert die GEW Dortmund.

"Jetzt bauen"

Die GEW Dortmund hatte schon vor einem Jahr bei einem Gespräch mit dem Verwaltungsrat
auf die steigenden Zahlen hingewiesen und nachgefragt, wo denn die Baugruben für neue Schulgebäude seien. Auch der Schulträger geht bis Mitte dieses Jahrzehnt von einer Übergangszahl von 6000 gegenüber aktuell ca. 5000 aus. „Wer die aktuellen Übergangsquoten zum Gymnasium und zur Gesamtschule hochrechnet, muss jetzt anfangen zu bauen“, stellt Volker Maibaum für die GEW Dortmund klar. Wenn man die Übergangszahl von 6.200 im Jahre 2027/28 für eine Schulentwicklungsplanung zu Grunde legt, müssen ca. 2100 SchülerInnen aus der Grundschule an den Gymnasien und ca. 2000 an den Gesamtschulen untergebracht werden. Dies bedeutet rein rechnerisch eine Kapazitätserhöhung von 400 bis 500 jeweils an diesen beiden Schulformen, die das Abitur ermöglichen. Bei den Gymnasien ist auch die Kapazitätserhöhung durch die Rückkehr zu G9
zu berücksichtigen. 'Dies ist nicht mit einer Übergangslösung wie der Erhöhung der Zügigkeit zu erreichen', erklärt der Vorsitzende der Dortmunder GEW, Volker Maibaum. 'Es muss jetzt gebaut werden.' 

Keine Alternative

Erstaunt zeigt sich die GEW Dortmund über die Aussagen zur Hauptschule. Nach Schulgesetz ist die Größe einer Hauptschule zweizügig vorgeben. Diese gesetzliche Vorgabe erreicht nur eine Hauptschule in Dortmund. Alle anderen Hauptschulen bilden nur eine Eingangsklasse, in vielen Fällen an der untersten Grenze. Es wird weiterhin deutlich, dass die Hauptschule mit einer Übergangsquote von gerade mal 3 % (=200 SchülerInnen) keine reale Alternative für die Eltern ist. Sie sind der Notnagel, wenn nichts anderes mehr geht.
„Dies hat nichts mit der tollen Arbeit der Hauptschulen zu tun, sondern mit dem gesellschaftlichen Trend“, macht Volker Maibaum, selber Lehrkraft an einer Hauptschule und ehemaliger Personalratsvorsitzender der Hauptschulen, klar. 'Aber dieser Realität muss man sich stellen.' Erschreckend ist weiterhin aus Sicht der GEW, dass die Funktion der Hauptschule auf die Abschulung nach der 7. und 8. Klasse reduziert wird. 'Im ersten Bildungsbericht der Stadt Dortmund wurde die Abschulung noch als Problem kritisiert', erinnert Volke Maibaum, der selber Mitglied der letzten Bildungskommission war. 'Heute wird dieses Modell der Abschulung umgemünzt zu einer Begründung für eine Steigerung der Nachfrage an den Hauptschulen, als sei dies eine freiwillige Entscheidung.'

Elternwillen umsetzen

Die GEW Dortmund fordert den Schulausschuss auf, endlich eine zukunftsfähige Planung für die weiterführenden Schulen zu entwickeln, die zur Kenntnis nimmt, dass das Gymnasium und die Gesamtschule die beiden Schulformen sind, die dem Elternwillen entsprechen.

Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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