Einsparungen beim Bürgergeld?
Die Debatte um Kürzungen im Sozialbereich muss sofort beendet werden!

Die Behauptung, dass viele mit Bürgergeld besser dastehen als mit Arbeit, ist aus meiner Sicht reine Stimmungsmache und entbehrt jeglicher Grundlage.

Vor ein paar Tagen haben sich die großen Wohlfahrts- und Sozialverbände zusammen mit ver.di in einer gemeinsamen Erklärung äußerst besorgt über die aktuelle Debatte um Kürzungen beim Bürgergeld geäußert. Die sieben unterzeichnenden Organisationen forderten von Politik und Medien eine sofortige Beendigung der zugespitzten Debatte und wiesen darauf hin, dass eine potentielle Kürzung des Bürgergeldes nicht nur die Ärmsten hart treffen würde, sondern eine Kürzung beim Existenzminimum auch verfassungswidrig wäre. Auch falsche Behauptungen zum angeblichen Lohnabstandsgebot und die Forderung nach einem Arbeitszwang wurden deutlich zurückgewiesen.

Zum einen haben Bürgergeld-Beziehende, die arbeiten, nachweislich mehr in der Tasche als diejenigen ohne Arbeit. Das ist ohnehin schon in der Bürgergeld-Konstruktion mit eingebaut. Zum anderen besteht für Bürgergeld-Empfänger die gesetzliche Verpflichtung, jegliche Arbeit zu suchen und anzunehmen, von wenigen begründeten Ausnahmen (z.B. Krankheit, kleine Kinder, Schule) abgesehen.

Es ist zudem unfair, Geringverdienende gegen Bürgergeld–Beziehende auszuspielen. Das verschärft nur den Druck auf untere Einkommensgruppen und zementiert den Niedriglohnsektor mit seinen Dumpinglöhnen. Es ist eine perfide Masche derjenigen, die die Lohnkosten niedrig halten wollen.

800.000 Beschäftigte im Leistungsbezug
Viele Menschen haben so wenig Arbeit und so geringen Lohn, dass sie zusätzlich auf Wohngeld, Kinderzuschlag bzw. Bürgergeld angewiesen sind. Allein 800.000 Beschäftigte verdienen in Deutschland so wenig, dass sie ergänzend Bürgergeld (vormals Hartz IV) benötigen, um ihr Existenzminimum halbwegs zu sichern. Deshalb ist es unabdingbar, die Tarifbindung zu stärken und den Mindestlohn deutlich anzuheben.

Und was auch wichtig ist zu wissen: Von den über 5,5 Millionen Menschen, die aktuell Bürgergeld beziehen, stehen knapp 4 Millionen dem Arbeitsmarkt real gar nicht zur Verfügung: wegen ihres Alters (unter 15 Jahren), ihrer Gesundheit, der Pflege von Angehörigen oder weil sie bereits in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen stecken.

Diese und andere Fakten werden in den Neiddebatten jedoch immer wieder weggelassen.
Man sollte eigentlich meinen, dass Leute wie Friedrich Merz, Carsten Linnemann oder Christian Lindner diese Zusammenhänge kennen. Ihr Zündeln am Sozialstaat ist brandgefährlich!

Es muss endlich Schluss sein mit der pauschalen Verunglimpfung von Erwerbslosen und Asylbewerbern!

Nachbemerkung: Die oben erwähnte gemeinsame Erklärung von Wohlfahrtsverbänden und ver.di „Für ein menschenwürdiges Existenzminimum – gegen Kürzungen beim Bürgergeld“ (v. 8.12.23) ist im Netz nachzulesen unter https://t1p.de/e5nwz

Heiko Holtgrave, Sozialforum Dortmund

Autor:

Heiko Holtgrave aus Dortmund-City

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