Erinnerungen, die kein Schulbuch vermitteln kann: Jugendliche besuchen Gedenkstätten
Die Angst in Ausschwitz erlebt
Die nicht enden wollenden Schütten voller Schuhe in der Gedenkstätte Majdanek. Das beklemmende Gefühl der Enge in Belzec. Der Geruch von feuchtem Holz und kalter Angst in Auschwitz. Es sind diese Erfahrungen, die im Kopf bleiben, und Eindrücke, die kein noch so gutes Schulbuch vermitteln kann. Sieben Jugendliche erzählten im Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk (IBB) von ihren Gedenkstättenfahrten nach Majdanek und Auschwitz.
Ihre aufmerksamen Zuhörerinnen waren Michelle Müntefering, Staatsministerin für internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt und Bundestagsabgenordnete Sabine Poschmann. „Ich war selbst als 16-Jährige in Bergen-Belsen und hatte als Jugendliche die Gelegenheit, mit einer Zeitzeugin zu sprechen“, erzählte Michelle Müntefering. Diese Begegnung sei für ihr Leben prägend gewesen. In den Koalitionsverhandlungen setzte sie sich besonders dafür ein, dass mehr Jugendliche eine Gedenkstätte besuchen können.
Wenn Begegnungen fehlen
„Uns ist es wichtig, Begegnungen zu ermöglichen, denn Vorurteile entstehen durch fehlende Begegnung“, unterstützte sie Sabine Poschmann.
Mit dem Programm „Jugend erinnert“ wurden die Fördermittel für außerschulische Gedenkstättenfahrten für 2019 und 2020 auf jeweils 1,25 Mio. Euro aufgestockt, 2018 waren es 750.000 Euro. Träger der Jugendarbeit können Fördermittel für Fahrten beim IBB unter Tel.: 952096-0 beantragen. Die beiden Politikerinnen interessierte besonders, welche Erfahrungen die Jugendlichen gewonnen hatten.
Die Reise hat verändert
Verändert habe sie ihre Reise, berichteten die Schüler übereinstimmend. Sie hatten sich im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften begleitet durch die Auslandsgesellschaft vorbereitet und waren dennoch von den Eindrücken vor Ort überrascht: „Es war erschütternd, diese Mengen von Schuhen und Koffern in Auschwitz zu sehen. Es dauert, bis man begreift, wie viele Menschen ermordet wurden – die bis zuletzt dachten, dass sie weiterleben werden“, erzählte Paulina (17). Ihre Mitschülerin Sarah (16) hatte nach der Rückkehr einen Vortrag in der Schule gehalten. „Man fragt sich plötzlich: Könnte so etwas noch einmal geschehen?“
Aus der Geschichte lernen
„Jede Generation muss selbst einen Zugang zur Geschichte finden“, ermutigte Staatsministerin Müntefering die Jugendlichen. „Das wichtigste ist, dass wir alle aus der Geschichte lernen, denn Demokratie ist nicht selbstverständlich.“ Erinnerungsarbeit sei Zukunftsarbeit und damit Friedensarbeit, sagte sie und zitierte den früheren SPD-Bundeskanzler Willy Brandt: „Ohne Frieden ist alles nichts.“
Autor:Antje Geiß aus Dortmund-City |
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