Viel Beifall für "Furcht und Elend des Dritten Reiches" in Dortmund

Der Koffer ist gepackt. Sie (Fiederike Tiefenbacher) muss sich von ihrem Mann verabschieden, weil sie Jüdin ist. | Foto: Hupfeld
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  • Der Koffer ist gepackt. Sie (Fiederike Tiefenbacher) muss sich von ihrem Mann verabschieden, weil sie Jüdin ist.
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Durch drei Fenster beobachten Zuschauer im Megastore, wie vor über 70 Jahren die Diktatur Nazideutschlands in den Alltag der Menschen kroch. Ist das weltweite Grauen der 40er Jahre vergessen? Nein, mit „Furcht und Elend des Dritten Reiches“ erweckt es Regisseur Sascha Hawemann auf der Bühne des Dortmunder Theaters zum Leben, erschreckend aktuell.

Im Exil schrieb Bertholt Brecht diesen Zyklus von szenischen Einaktern gegen den Faschismus als Exempel politischer Dramatik, das zum „eigreifenden Denken“ anregen soll. Gezeigt werden elf Szenen. Drei davon: Eine Frau packt, ein Richter bereitet sich vor, ein Paar heiratet - Alltag in Deutschland.

Furcht, Schrecken und Verrat

Und das Dortmunder Theater wirft in schwarzweiß Bilder des bedeutendsten Dramatikers an die Wand, engagiert einen syrischen Flüchtling und einen bulgarischen Live-Musiker und präsentiert auf der provisorischen Ausweichbühne mit dem brutalen Realismus dieses Reigens über Furcht, Schrecken, Verrat und Verstummen großes Theater.

Die Fallstricke des völkischen Rechts

Denn die Frau, die da packt, ist Jüdin, die sich 60 berührende Sekunden lang von ihrem Mann verabschieden muss. Der Richter verheddert sich zusehends in den Fallstricken der "völkischen Rechtsprechung". Und in verstörenden Szenen der braunen Diktatur berichtet das Hochzeitspaar fröhlich lachend von brutalen Massenerschießungen.

Auch in der Familie ist niemand sicher

Selbst im kleinen Kreise der Familie regiert die Unsicherheit, die Sorge vorm Verrat durch das eigene Kind. Angst, Gewalt und Krieg bestimmen Nazideutschland. In Zeiten, wenn postfaktisch, also ein Denken und Handeln, bei dem Fakten nicht mehr im Mittelpunkt stehen, zum Wort des Jahres ernannt wird, Hetze nicht nur online zunimmt und Nationalismus und Populismus Wahlen bestimmen, hat das Dortmunder Schauspiel einen guten Griff getan. Langer Applaus bei der ausverkauften Premiere gibt ihm recht.
Weitere Aufführungen von "Furcht und Elend des Dritten Reiches" laufen im Megastore an der Felicitastraße am 16. und 21. Dezember, sowie am 14. und 19. Januar. Karten unter Tel: 0231-50-27222.

Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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