Theatertipp: Karten für Nora sichern
Sie shoppt, er steigt die Karriereleiter hinauf. Und als beide glauben angekommen zu sein, im schönen Luxusleben, entpuppt sich ihr Heim als Hölle. Ibsens Nora lässt die Zuschauer im Bungalow-Garten vom Swimming-Pool aus eine turbulente Reise verfolgen, hinab in die Ehehölle. Begeisterten Applaus gab es für eine aktuelle, actionsreiche Inszenierung, große Schauspieler und eine tolle Bühne. Mit Gucci-Tüten bepackt kommt Nora nach Hause und freut sich auf Weihnachten, doch entpuppt sich das Heim der lebensfrohen jungen Frau als Puppenhaus, wo sie als natürlich blondes Hoppelhäschen oder verkleidet als Kälbchen nach den Regeln des Gatten zu tanzen hat.
Ganz nah dran (wie bei Youtube) erlebt das Publikum per Video (Daniel Hengst) mit, wie sich das niedliche Frauchen, das einst eine Bürgschaft fälschte, um ihren Mann zu retten, ihr Leben selbst in die Hand nimmt.
Doch dabei gehen nicht nur ihre Ehe, sondern auch ihr Mann, der Weihnachtsbaum und ihre Liebe im Pool baden. Ganz nackt, endlich sein statt Schein, steht Noras Gatte am Ende da und entlarvt sich als fieser Egoist.
Damals, vor über 130 Jahren, durfte das Emanzipationsstück Nora nur auf die Bühne gebracht werden, wenn sie am Ende, wegen der Kinder bleibt. Doch heute wächst Nora (Caroline Hanke), zuvor klein gehalten, über sich hinaus.
Wäre da nicht „Gespenster“ Henrik Ibsens zweites düsteres Stück, das Schauspieldirektor Kay Voges als Fortsetzung einen Abend darauf gibt: Mit vielen starken Bildern für moralische Begriffe. So trägt der Tischler erst das Holzkreuz selbst, um es dann zusammen mit der Schuld, dem nächsten auf die Schulter zu schieben.
Hinter den Bungalow-Gardinen bleibt kein Geheimnis unsichtbar. War Noras Befreiung aus der Kleinfamilien-Idylle (tolle Bühne von Pia Maria Mackert) noch mit Witz, Enterprise-Reminiszenzen und Cowboy-Schlager gewürzt, wird „Die Wiedergänger“, so der Untertitel des zweiten Abends heftiger.
Voges lässt den zurückgekehrten Sohn durchs Publikum toben, leiden und schreien. Flackerndes Licht und laute Musik begleiten den Untergang.
Szenenapplaus gibt es für das singende Hausmädchen (Luise Heyer).
Der Zuschauer ahnt, als er Noras 20 Jahre später im Bungalow wieder trifft, dass ihre Rückkehr keine gute Idee war. Dass die Träume der jungen Nora geplatzt sind. Denn hier bahnen sich die Gespenster der Vergangenheit ihren Weg ins Jetzt und Zerstören auch noch die Zukunft. Da bleibt nur eins: Nora geht.
Weitere Aufführungen: Nora am Freitag, 14. Oktober, um 19.30 Uhr, sowie am 21. 10. Gespenster, Samstag, 15. Oktober, um 19.30 Uhr sowie am 23. Oktober um 15 Uhr. Karten unter ( 50-27222.
Autor:Antje Geiß aus Dortmund-City |
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