Spannendes Nordstadtspiel
Man nehme ein junges lebendiges Viertel, 60 engagierte Bewohner und 77 neugierige Zuschauer. Mit der Premiere „Crashtest Nordstadt mach mein Spiel“ lockt das Theater seine Besucher tief in Dortmunds umstrittenstes Viertel. Statt in den Schauspielhaussessel schickt Regisseur Jörg Lukas Matthaei seine Zuschauer kreuz und quer durch die Nordstadt. In grüne Hinterhöfe, quer durch Gärten, zu Tatorten, ins Hinterzimmer einer alten Kirche und in ein Kassenhäuschen, aus dem das Foyer eines Seniorenheims wird.
150 Minuten lang wird die Nordstadt zu einem riesigen Markt, in dem der Theaterbesucher seinen eigenen Wert zu steigern versucht. Das hatte wohl niemand erwartet: Als am Premiereabend das Publikum die ehemalige Kirche an der Braunschweiger Straße betritt, wird es kurzerhand zu Aktien erklärt, von einem „Checker“ mit anderen in einem Portfolio verkauft. Die so bunt zusammengewürfelte Gruppe stürzt sich, ausgestattet mit einem Plan und einem Handy ins Spiel, um ihren Wert zu steigern.
Nun gilt es die Spielorte zu finden und natürlich sich gut zu verkaufen. Doch das ist nicht leicht. Im Hinterzimmer des ehemaligen Gotteshauses treffen die Sechs auf einen Umschüler, der sie zu Marktforschungszwecken testet. Hier punktet die Gruppe und lernt ganz nebenbei, dass sich Befragte, je nach Ort, wo sie befragt werden sich sehr unterschiedlich entscheiden. So kam es im Stadion fast zur Prügelei, in der Kirche entscheiden sich alle sehr sozial und in der Linienstraße war „alles dabei“.
Weit im Norden wartet schon das nächste Spiel: Spacebook. Hier müssen die Spieler inmitten grüner Gärten Freundschaftsanfragen und Postings zwischen Rani, Halan, Habibi und Ali hin- und her“schicken“. Ein Lauf gegen die Stoppuhr. Ein Glück, das ein Shuttle, die ausgepowerte Gruppe zur Mallinckrodtstraße zurück bringt. Ständig erfahren die Spieler unterwegs, ob ihr Wert gestiegen oder gesunken ist und der Fahrer verrät, dass der NAX, der Nordstadt Aktien Index gerade auf über 6000 gestiegen ist. Also heißt es jetzt an der nächsten Station punkten. Doch wo ist sie? Ein Radfahrer hat einen Tipp und schon steht die Portfoliogruppe erwartungsvoll vor einer kleinen Bühne inmitten der alten Sparkasse. Stellte nicht Shakespeare einst fest, dass die ganze Welt eine Bühne ist und alle Menschen Spieler. Also muss die Gruppe an ihrem Theaterabend selber ran und improvisieren. Mehr wird nicht verraten. Nur, dass sich diese Gruppe am Premiereabend dabei nur mittelmäßig geschlagen hat. Jetzt heißt es aber Gas geben: Die nächste Chance zuzulegen ist ein Tatort-Dreh an der Nord-/Ecke Heroldstraße. Die blonde Leiche liegt schon am Set bereit. Doch plötzlich gesellt sich ein Betrunkener spontan als zweiter Toter hinzu und es muss improvisiert werden, bis die echte Polizei vorbei kommt und schnell Ordnung schafft. Leider waren die Schauspieler so nicht ganz bei der Sache und es dauerte, bis alle Szenen der Mörderjagd im Kasten waren. Also beim nächsten Mal besser punkten. Der Kurs der Aktien fällt auf dem Weg zum Hinterhof von Velokitchen. Hier warten nicht nur Engagierte der Rad-Initiative, sondern auch viele Kinder. Und die wollen spielen: Doch hier gilt es beim Battle nicht nur die Kinder zu schlagen, sondern besser zu sein, als eine weitere Gruppe, die gerade auf dem großen Spiel- und Bolzplatz eintrifft.
Und am Ende hat der Checker alles verloren
Wird es reichen? Konnten die „Aktien“ ihren Wert steigern? „Ich habe am Ende alles auf euch beim Battel gesetzt und leider alles verloren“, erfahren sie zurück am Ausgangspunkt, der sich in eine Börse verwandelt hat, von ihrem Checker. Hier sehen die Spieler an der Wand wie ihre Kurse stehen, was sie am Ende wert sind und treffen die rund 60 Nordstädter, die ihre Rollen beim der Mischung aus Börsenspiel und Stadtteilparcours Crashtest gespielt haben. „ Crashtest Nordstadt“ ist jedesmal anders. Denn keiner weiß mit wem er spielt, nicht alle landen an den selben Stationen und niemand weiß, was er beim Abtauchen in die Nordstadt erlebt. Nur eines ist sicher: „Wenn du fremd bist in einer Stadt, musst du viel laufen“, sagt Oktay aus dem bulgarischen Plowdiw. Und das stimmt. Wer über Neugier, gutes Schuhwerk und Ausdauer verfügt und Lust hat, sich auf ein neues Spiel einzulassen, sollte diesen Crashtest nicht verpassen: Er startet um 18.30 Uhr in der ehemaligen Kirche an der Braunschweiger Str. 33. Termine und Karten unter Tel: 50-27222.
Autor:Antje Geiß aus Dortmund-City |
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