Sensationeller Fund soll sichtbar bleiben und in den neuen Dortmunder Radwall integriert werden
Schwanenturm am Wall gefunden
Gerade einmal knapp zwei Monate ist es her, dass die Archäologen am Schwanenwall im Zuge der Tiefbauarbeiten für den Radwall bisher unbekannte Elemente der mittelalterlichen Stadtbefestigung nämlich zwei mächtige Strebpfeiler mit bis zu 400 Kilogramm schweren Steinquadern – der Öffentlichkeit präsentieren konnten.
Nun kann die Untere Denkmalbehörde der Stadt Dortmund mit einer weiteren Sensation aufwarten. Denn nur wenige Meter weiter in westlicher Richtung wurde im Zuge der Baumaßname Radwall das vollständige Fundament des Schwanenturms mit einem knapp 10 Meter langen Teilstück der Hauptmauer freigelegt. Der wertvolle Fund tauchte auf bei den Arbeiten zur neuen Oberflächenentwässerung.
Fund und Bedeutung
Das rechteckige Fundament des Schwanenturms ist etwa 7,1 m x 5,5 m groß und die Turmmauern weisen eine Breite von 1,65 m bis 1,70 m auf. Etwa 13,58 Quadratmeter standen demnach dem Wachpersonal im Turminneren als Aufenthaltsfläche in jeder Etage zur Verfügung. Der Schwanenturm wurde, wie auch alle anderen Türme der Stadtbefestigung, nicht im Zuge der Errichtung der Stadtmauer im 13. Jahrhundert erbaut, sondern erst als nachträgliche Sicherungsmaßahme im 14. Jahrhundert außen vor die Mauerschale der Stadtmauer gesetzt. Dies bezeugen auch die Bau-Fugen zwischen Mauer und Turm-Fundament.
Erstaunlich gut erhalten
Wie die vorgefundenen Strebpfeiler, so war auch das Fundament des Schwanenturms für die Archäologen eine echte Überraschung. Nicht etwa, weil die Existenz des Turmes vorher unbekannt gewesen wäre, sondern, weil die Mauern heute noch erstaunlich gut erhalten sind. Denn nach dem Rückbau des Schwanenturms 1832, war das Grundstück seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1945 mit dem Gebäude Schwanenwall Nr. 45 überbaut. Es musste angenommen werden, dass die Unterkellerung des Hauses zu massiven Schäden am Fundament des Turmes oder zu dessen vollständigen Zerstörung geführt hatte.
Doch die erste Bestandsaufnahme bezeugt das Gegenteil. Ein erster Tiefschurf ergab, dass die Mauern mindestens noch 1,50 Meter mächtig sind. Wahrscheinlich ist sogar eine Höhe von 2,50 Metern erhalten.
Wenige sichtbare Zeugnisse
Im heutigen Stadtbild weist fast kein Zeugnis mehr auf die Jahrhunderte alte Geschichte der Stadt hin. Dass Dortmund einst stolze und freie Reichs- und Hansestadt war, ist vielen Dortmunder*innen vermutlich ebenso wenig bewusst, wie die Tatsache, dass bereits wenige Zentimeter unter der Oberfläche auf dem Wallring die mächtige mittelalterliche Stadtbefestigung liegt und diese dafür gesorgt hatte, dass sämtliche Versuche, Dortmund von außen einzunehmen, fehl schlugen.
Spannende archäologische Befunde, wie der mittelalterliche Holz-Bohlen-(Hell-)weg, das Ostentor oder gar die Haupt- oder Vormauer zwischen Ostentor und Olpe, liegen direkt unter den heutigen Fahrbahnen oder zumindest in unmittelbarer Nähe zu diesen. Gerade die vielen Baustellen der jüngsten Zeit haben das historische Bild so lebendig wie nie zuvor werden lassen.
Die Lage der Baustellen erklärt jedoch auch, warum sich eine dauerhafte Sichtbarmachung dieser spannenden Zeitzeugnisse bisher kaum realisieren ließ.
Auch die Fundamente des Schwanenturms liegen nicht im Bereich einer Grünfläche, sondern sie tangieren den Verlauf der zukünftigen Radwall-Trasse auf dem Schwanenwall.
Natürlich könnten die Funde im Boden für die zukünftige Generationen gesichert, die Baugrube wieder verfüllt und der Radwall ganz nach Plan weitergebaut werden. Damit wären die außergewöhnlichen Funde auf Jahrzehnte für das plastische Aufzeigen der Stadtgeschichte verborgen.
Schwanenturm soll erhalten bleiben
Der Wunsch aller Beteiligten bei der Stadt ist es, die freigelegten Turm-Fundamente am Schwanenwall als wichtiges und außergewöhnliches Stück des mittelalterlichen Befestigungsbollwerks sichtbar und erfahrbar zu machen, und die Geschichte des alten Dortmund in das heutige Stadtbild zu integrieren. Eine Idee wäre eine Stahlgitter-Brücke für den Radverkehr, um das Bodendenkmal zu überbrücken und darunter zu präsentieren.
Weitere Planung notwendig
Ob eine Brücke bereits die richtige Idee ist oder es andere Lösungen geben kann, muss nun sorgfältig geprüft werden. Die Untere Denkmalbehörde wird mit der Unterstützung des Tiefbauamtes ein Konzept dazu erarbeiten. Dabei werden auch gestalterische Aspekte und die Unterhaltung und Finanzierung betreffende Punkte (Glasabdeckung oder Umzäunung; Entwässerung und Beleuchtung; Beschilderung, Reinigung und Forschung etc.) berücksichtigt. Das finale Konzept wird dann den zuständigen Gremien zur Entscheidung vorgelegt. Da die Realisierung eines solchen Vorhabens nicht nahtlos umgesetzt werden kann, soll das Bodendenkmal zunächst vor Umwelteinflüssen geschützt und die Baugrube gesichert werden. Waren die Mauern seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von einer schützenden Erdschicht ummantelt, so liegen die Fundamente seit ihrer Freilegung ungeschützt in der Baugrube. Der Jahrhunderte alte weiche Mörtel zwischen den Steinen wird durch die kräftigen Regengüsse und die Einflüsse aus der Luft permanent angegriffen, gelöst und beschädigt. Besonders der nahende Winter und seine Frost-Gefahr könnten an dem offenen, unverfugten Mauerwerk enorme Schäden verursachen.
Weiteres Vorgehen
Zum Schutz der historischen Zeugnisse wird nun vorübergehend eine 30 Zentimeter mächtige Sandschicht auf die Mauern aufgetragen und im Anschluss mit einer Vliesschicht bedeckt. Da die Stadtmauer nur wenige Zentimeter unter der heutigen Asphaltschicht liegt, wird diese mit einem blau-grauen Flüssigboden übergossen. Dieser gewährleistet nach seiner Trocknung für den Zeitraum der Überdeckung die erforderliche Tragfähigkeit und kann später wieder mit Spaten und Kelle ohne große Mühen abgetragen werden. Diese Arbeiten werden bereits zum Ende dieser Woche starten. Im Anschluss erfolgt der Weiterbau des Radwalls. Ein erneutes Freilegen der Fundstelle am Schwanenwall zur gegebenen Zeit, wenn ein Konzept feststeht, ist auch unter Haftungs- und Verkehrssicherungsgründen, sinnvoller als eine Dauerbaustelle zu belassen und unter anderem den Radverkehr in dieser Zeit über eine Umleitung zu führen.
Hintergrund Radwall
Bei der Baumaßnahme Radwall handelt es sich um eine von 16 Baumaßnahmen, die im Rahmen des Förderprojektes Emissionsfreie Innenstadt zurzeit umgesetzt werden.
Im ersten Schritt baut die Stadt Dortmund seit dem 29. März 2021 von Kuckelke bis Adlerturm im Innenring des Walls und von Arndtstraße bis Brüderweg im Außenring in verschiedenen Bauabschnitten neue Radwege und richtet Fahrradstraßen ein. Die Umbauarbeiten des Radwalls dauern insgesamt voraussichtlich noch bis Sommer 2022 an und werden in sieben einzelnen Bauabschnitten realisiert.
Baufortschritt des Radwalls
Die Bauabschnitte 3 und 7 stehen kurz vor ihrer Vollendung – voraussichtlich Ende Oktober werden diese der Öffentlichkeit im vollen Umfang zur Verfügung stehen. Im Bauabschnitt 1, zwischen Stiftsstraße und Brüderweg, wird zurzeit aufgrund der Winterpause vorerst nur noch bis Mitte November gearbeitet – und zwar im Bereich der Parkplatzfläche vor den Häusern Schwanenwall 34-46. Nach der Pause sollen die Arbeiten nach am 10. Januar 2022 fortgesetzt. Durch die Freilegung und die archäologische Erkundung des Fundes, kam es zu Einschränkungen im laufenden Betrieb beim 1. Bauabschnitt. Dennoch konnte unter Aussparung des Fundortes sehr effektiv weiter gearbeitet werden, was insbesondere für die dort ansässigen Gewerbetreibenden wichtig gewesen ist.
Mit dieser Medieninformation versenden wir auch Fotos als Bildangebot, die bei dem Medientermin entstanden sind (Quelle: ).
Autor:Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City |
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