Heinrich-Schmitz-Preis 2024
"Der Standpunkt des Anderen"

Astrit Cramer, Bezirksbürgermeisterin; Osama Alhouweish, Heinrich-Schmitz-Preis-Träger 2024;  Friedrich Fuß, Ehrenring. Foto: Patrick Temme
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  • Astrit Cramer, Bezirksbürgermeisterin; Osama Alhouweish, Heinrich-Schmitz-Preis-Träger 2024; Friedrich Fuß, Ehrenring. Foto: Patrick Temme
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Um zum Heinrich-Schmitz-Preis 2024 nominiert und von einer Jury gewählt zu werden mussten Jugendliche sich mit dem Thema: "Der Standpunkt des Anderen" auseinandersetzen. Sie mussten eine 180°-Wende machen. Einer der Preisträger ist Osama Alhouweish. Er hat sich als junger Mann in verschiedene Rollen eingedacht.

Aus Syrien kommend, ein Moslem in Dortmund, Student, 21 Jahre alt.

Sich in einen anderen einzudenken, eine andere Lebenssituation als seine zu erkennen ist, finde ich jedenfalls, besonders schwer. Als junger Mann in einer unbekannten Welt muss man sich erst einmal selbst erkennen, bevor man die Lebenssituation eines anderen Menschen erkennen kann.

Als 21jähriger sich in einen älteren einzudenken, die Unbeschwertheit der Jugend mit der Last des Alters zu tauschen, erscheint mir nahezu unmöglich, die beständigen Rückenschmerzen meines Vaters kann ich doch nur mit den Muskelkatern nach langen Sportpause nicht wirklich ermessen. Klar die Schmerzen sind da, aber mein Bewusstsein sagt mir auch, diese Schmerzen, die du hast, sind endlich, die deines Vaters sind chronisch, sind immer. 

Wie soll ich mich als junger Mann in die Situation einer Frau eindenken, und gerade da macht meine frühere kulturelle Erfahrung mir es besonders schwer. Wie manche Männer mit Frauen umgehen und das noch als richtig empfinden, ist doch eine große Ungerechtigkeit. Frauen unterscheiden sich in ihrer Wertigkeit in keiner Weise von einem Mann. Aber das war etwas, was ich erst hier in der westlichen Kultur erleben musste, und das gilt für alle Frauen, nicht nur für bestimmte.

Ich bin ein gesunder Mann, aber ich sehe andere Menschen, die eine Behinderung haben, die nicht richtig oder gar nicht gehen können, die blind sind. Ich habe mich einmal in einen Rollstuhl gesetzt und musste erkennen, dass die kleinen Hürden, die Gesunde gar nicht wirklich wahrnehmen, für den Rollstuhlfahrer unüberwindlich sind. Ich habe meine Augen verbunden und habe versucht einige Meter blind zu gehen; mein Verständnis für Menschen mit Behinderungen hat sich wesentlich verändert. 

Am leichtesten ist es für mich, mich in einen blonden, blauäugigen Mann zu verwandeln. Ich gehe dann durch den Bahnhof und kann ihn unkontrolliert passieren; als Mann in meinem Alter mit schwarzen Lockenund dunklen Augen passiert das eher selten. Bei jeder polizeilichen Kontrolle, bei jeder Hosentaschenuntersuchung denke ich mir, schade, dass das mit der 180°-Verwandlung nicht funktioniert hat.

Osama Alhouweish, Heinrich-Schmitz-Preis-Träger 2024;   Foto: Patrick Temme
  • Osama Alhouweish, Heinrich-Schmitz-Preis-Träger 2024; Foto: Patrick Temme
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Wenn ich also so richtig nachdenke, stelle ich fest, ich muss mit dem, was mir die Natur gegeben hat, zufrieden sein: Ich bin ein junger Mann, das Älterwerden steht mir bevor, aber es dauert noch etwas, die Rückenschmerzen kommen von ganz allein.

Ich bin ein Mann, ich muss lernen mich zu akzeptieren und da, wo eine falsche Vorstellung gegen Frauen entsteht, muss ich mich ändern und diese Änderung akzeptieren. Mögliche Macho Vorstellungen sollten eine 180° Wende nehmen. 

Ich bin ein gesunder, nicht behinderter Mann, dafür muss ich dankbar sein, und ich muss Menschen mit Behinderungen verständnisvoll und hilfsbereit begegnen.

Ich bin dunkelhaarig, dunkeläugig, meine Haut ist nicht sehr hell, diese Genvorgaben der Natur muss ich hinnehmen und wenn ich durch den Bahnhof gehe leere Hosentaschen haben. 

Das Thema 180° war für mich hauptsächlich ein Thema, um mich selbst zu finden, um zu erkennen, wer ich bin und dass ich das, was ich bin, akzeptiere und nicht so gute Seiten entsprechend ändere.

Osama Alhouweish, Heinrich-Schmitz-Preis-Träger 2024;  Friedrich Fuß, Ehrenring; Peter Großmann. Foto: Patrick Temme
  • Osama Alhouweish, Heinrich-Schmitz-Preis-Träger 2024; Friedrich Fuß, Ehrenring; Peter Großmann. Foto: Patrick Temme
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Autor:

Bettina Brökelschen aus Dortmund-City

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