Apothekengeschichte(n)

Unter der Decke des Apotheken-Museums von Hermann Ausbüttel hänge viele exotische Tierpräparate. | Foto: Schmitz
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  • Unter der Decke des Apotheken-Museums von Hermann Ausbüttel hänge viele exotische Tierpräparate.
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Hermann Ausbüttel ist mit Leib und Seele Apotheker. Seit 1960 übte er den Beruf aus, und auch wenn er mittlerweile im Ruhestand ist, lässt ihn die Pharmazie nicht los.

Seit Jahrzehnten hat er eine umfangreiche Sammlung pharmazeutischer Gegenstände aufgebaut, die zunächst als Apothekenmuseum in den Kellergewölben unter der Adler-Apotheke am Alten Markt präsentiert wurde. Doch mit dem Erwerb immer weiterer Sammlerstücke wurde der Platz dort nun definitiv zu knapp. Von den rund hundert Quadratmetern Ausstellungsfläche hat sich das Platzangebot auf etwa 300 Quadratmeter vergrößert.

Nun ist die Sammlung an anderer Stelle zu besichtigen. Eine ganze Etage des Geschäftshauses an der Wißstraße 11 hat Ausbüttel zu einer historischen Apotheke umgebaut, die das Handwerk und das Wissen vieler Jahrhunderte vereint. Rund 16 Monate hat Ausbüttel mit dem Umzug und der Neueinrichtung verbracht, „jeden Tag, auch an den Wochenenden, habe ich mehr als zehn Stunden gearbeitet.“

Das Ergebnis kann sich sehen lassen, Ausbüttel hat mit kräftigen Wandfarben gearbeitet und durch Umbauten interessante Sichtachsen geschaffen. Schnell hat man vergessen, dass man sich im Obergeschoss eines Geschäftshauses aufhält, und findet sich auf einer Zeitreise durch die Welt der Apotheken wieder.

Wie schon im alten Museum bildet die Offizin, also der Verkaufsraum einer Apotheke, den Auftakt. Mittlerweile hat Ausbüttel schon drei solcher Apotheken-Einrichtungen aus den verschiedensten Epochen.

In der Eingangs-Offizin liegt der Schwerpunkt auf exotischen Tieren, mit denen Ärzte und Apotheker früher die verschiedensten Krankheiten zu heilen versuchten. Unter der Decke hängen allerlei ausgestopfte und getrocknete Tiere. Ein ausgestopfter Zimtbär steht am Eingang. „Mit Bären- oder auch Löwenfett wollte man Haarausfall heilen“, weiß Ausbüttel.

Dass dieses Exemplar seine Sammlung bereichert, hat er seinen guten Kontakten zum Zoll und zu den Flughafenverwaltungen in der Nähe zu verdanken: „Ich habe mal beim Zoll hier nach beschlagnahmten Präparaten angefragt. Nachdem die Zuständigen sich vergewissert hatten, dass ich vertrauenswürdig bin und nichts Ungesetzliches mache, bekam ich nach und nach ein paar Tiere für die Sammlung.“

In einem kleinen Glas verwahrt Ausbüttel metallisch schimmernde Käfer. „Das sind die sogenannten spanischen Fliegen“, erklärt er. Das Aphrodisiakum war so etwas wie das Viagra der Vergangenheit. „Doch man musste vorsichtig dosieren – zuviel davon ist mit absoluter Sicherheit tödlich.“

Tödlich für den Patienten enden konnten auch viele medizinische Therapien wie der Aderlass oder falsch konstruierte Babyfläschen aus den 1900er Jahren. Ausbüttel kann zu jedem seiner Ausstellungsstücke eine Geschichte erzählen - „es kommt immer darauf an, was die Leute bei den Führungen fragen“, schmunzelt er.

Von der Offizin geht es in die Kräuterkammer, wo Botanisiertrommeln an der Wand hängen, und getrocknete Pflanzenteile in Blechdosen und Apothekergläsern verwahrt werden. Es gibt eine große Bibliothek mit Fachbüchern, deren zweitältestes Exemplar ein handkoloriertes Kräuterbuch des Dioscurides von 1614 ist. Noch älter ist nur noch das Pestilenzienbuch von 1550.

Mehr als 10000 Ausstellungsstücke hat Ausbüttel über die Jahre zusammengetragen, von Maschinen aus den 50er Jahren über verschiedene Destillierapparate, einr davon eine komplizierter Eigenbau aus der DDR, Bettpfannen und Klisterspritzen bis hin zu Tablettenverpackungen des 20. Jahrhunderts, die nicht mehr im Handel sind. Sie werden in den unzähligen Schubladen der Schränke verwahrt.

Alle Maschinen hat Ausbüttel, falls nötig, selbst restauriert und wieder in Gang gebracht. Der Sammler ist in Apothekerkreisen eine Institution, dem viele Stücke angeboten werden, die bei der Auflösung einer Apotheke sonst auf dem Schrottplatz enden würden. „Es gibt viele Anfragen an mich, ob ich etwas gebrauchen kann, und vieles bekomme ich geschenkt.“

Seine neueste Errungenschaft und ein Prunkstück der Sammlung ist neben der Offizin der Einhorn Apotheke in Gehlenhausen, die aus dem Jahr 1647 stammt, eine Empire-Offizin von 1814. Die wandhohen Schränke waren bis vor kurzem noch der Verkaufsraum der Apotheke am Sonnenplatz in Tauberbischofsheim. Passend zur Zeitgeschichte der Apotheke hat Ausbüttel in den Schränken eine große Sammlung homöopathischer Medikamente untergebracht. „Hahnemann hat die Homöopathie um diese Zeit herum entwickelt.“

Besichtigen können Interessierte das Museum nur in Gruppen von rund zwölf Personen. Eine Führung dauert mindesten zwei Stunden, und wenn Hermann Ausbüttel sie leitet, auch schon mal länger. Pro Person kostet eine Tour 8 Euro und kann über die Webseite des Museums www.apotheken-museum.de gebucht werden.

Bis zu drei Führungen gibt es am Tag, bei der Museumsnacht im September konnten bereits mehr als 430 Personen bei 37 Führungen einen Blick in das neueröffnete Museum werfen. Fertig ist Hermann Ausbüttel aber noch lange nicht. Beim Gang durch die Bibliothek meint er: „ Das hier gefällt mir noch nicht ganz. Da muss ich nochmal ran...“

Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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