Polizei Dortmund: Permanenter Kontrolldruck schwächt Neonazi-Szene/ Mehr Haftstrafen
Weniger rechtsextreme Straftaten
Erst vor 13 Tagen ist der Bundesvorsitzende der vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremistischen Partei "Die Rechte" mit Sitz in Dortmund, Sascha Krolzig, vom Landgericht in einem Berufungsverfahren zu einer Haftstrafe von 14 Monaten ohne Bewährung verurteilt worden.
Er steht damit in einer Reihe mit weiteren Funktionsträgern und Mitgliedern der Partei, die jüngst ebenfalls eine Haft antreten mussten. Weitere Akteure der Dortmunder Neonazi-Szene sind bereits inhaftiert oder warten auf ihren Haftantritt. Darüber hinaus werden bald noch laufende Strafverfahren abgeschlossen.
Polizeipräsident Gregor Lange: "Ich habe 2015 beim Staatsschutz Dortmund dauerhaft eine Sonderkommission Rechts eingerichtet, um einen permanent hohen Ermittlungs- und Strafverfolgungsdruck auf eine etablierte, aggressive und gewaltbereite Neonazi-Szene auszuüben. Wir schöpfen aktiv unsere rechtsstaatlichen Mittel aus, um die demokratisch gesinnte Bevölkerung vor rechtsextremistischen Gefahren, Volksverhetzungen, antisemitischen und rassistischen Parolen oder Übergriffen zu schützen. Dabei scheuen wir auch keine gerichtlichen Auseinandersetzungen. Wir sehen jetzt, dass unser langer Atem und unsere Null-Toleranz-Strategie Früchte tragen."
In Dortmund ist die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten 2019 abermals deutlich gesunken - und zwar von 253 auf 189. Das entspricht einem Rückgang um 64 Taten oder 25,3 Prozent. In fünf Jahren war das ein Rückgang von 57 Prozent. Und bei den rechtsextremistischen Gewaltdelikten sank die die Zahl von 31 Taten (2018) auf 10 Taten (2019) und damit um 67 Prozent. 80 Prozent Rückgang sind es im Fünf-Jahres-Vergleich.
Dieser Trend liegt deutlich über dem Landestrend und steht im Gegensatz zu den steigenden Zahlen auf Bundesebene. Ein Minus steht in Dortmund auch bei den antisemitischen Straftaten, die von 34 auf 14 zurückgingen.
Ende Mai hat die Neonazi-Gruppierung "Aktionsgruppe Dortmund-West" öffentlich ihre Auflösung bekannt gegeben. Die Polizei will mit dem Verfassungsschutz die weitere Entwicklung genau beobachten. Der Chef des Dortmunder Staatsschutzes Karsten Plenker: "Akribische Ermittlungen mit klarer Schwerpunktsetzung und Ausdauer, eine qualitätsorientierte Beweis- und Spurensicherung sowie ein hartnäckiges und direktionsübergreifendes Vorgehen zahlen sich am Ende aus. Es ist uns gelungen, die Dortmunder Neonazi-Szene aus der Anonymität zu holen und sie kleinteilig bei Regelübertretungen und Straftaten zu stellen."
Wie NRW-Innenminister Herbert Reul warnt die Dortmunder Polizei allerdings eindringlich vor ansteigenden bundes- und landesweiten Gefahren, die in einer Entgrenzung zwischen rechtsextremistischen Szenen und der Mitte der Gesellschaft liegen. Deutlich macht der Verfassungsschutzbericht Mischszenen (Rechtsextremisten, Hooligans, Rocker, Bürger aus der gesellschaftlichen Mitte), die sich in einigen Städten zu Bürgerwehren zusammengeschlossen haben.
Gregor Lange: "Neonazis und Rechtsextremisten versuchen mit Stimmungsmache zum Flüchtlingsthema oder der 'Corona-Krise' das gesellschaftliche Klima zu vergiften, um anschlussfähig zu werden für die Mitte. Die Dortmunder haben das Entstehen der Mischszenen aus bürgerlichen Kreisen, Hooligans, Neonazis und Verschwörungstheoretikern bisher nicht zugelassen. So hat die rechte Szene als isolierte Minderheit keinerlei Chance auf Anschlussfähigkeit. Wie groß die Gefahren durch Stimmungsmache und die Verbreitung von Verschwörungstheorien über Social Media und das Internet sind, wissen wir nicht erst seit den furchtbaren antisemitischen und rassistischen Anschlägen in Halle und Hanau. Wir sind gewarnt. Deshalb sind Wachsamkeit und Entschlossenheit weiter das oberste Gebot."
Dominierend ist bei politisch motivierten Straftaten das Verbreiten von Propaganda verfassungsfeindlicher Organisationen mit 160 Delikten. Weitere Schwerpunkte waren Sachbeschädigungen (32), Beleidigungen (26) und Volksverhetzungen (22).
Bei linksmotivierten Taten waren es 18 Sachbeschädigungen. Auch hier sind deutliche Rückgänge zu verzeichnen: 43 linksextremistisch motivierte Straftaten stehen für 2019 in der Statistik und damit 15,7 Prozent weniger als im Vorjahr.
Autor:M Hengesbach aus Dortmund-City |
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