Nötigung, Erpressung und Missbrauch- Polizei Dortmund bietet Information und Hilfe an
Jugendliche als Täter und Opfer in Chats

Vielen Jugendlichen ist nicht bewusst, wo bei der Nutzung von Chat-Apps per Smartphone die Grenze zu reellen Straftaten überschritten wird.  | Foto: Archiv
  • Vielen Jugendlichen ist nicht bewusst, wo bei der Nutzung von Chat-Apps per Smartphone die Grenze zu reellen Straftaten überschritten wird.
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Mit einer dreitägigen Informationsreihe nutzt die Polizei in Dortmund und Lünen seit Dienstag (18.5.) ihre sozialen Netzwerke, ihre Webseite und eine Telefonaktion, um Jugendliche, Eltern und pädagogische Fachkräfte über Straftaten im Internet zu informieren.

Den Hintergrund dafür bildet aktuell eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren, bei denen es um sexuelle Nötigung, sexuellen Missbrauch, Bedrohung, Erpressung, Volksverhetzung und Gewaltdarstellungen in Chats geht. Jugendliche sind dabei nicht nur Opfer, sondern auch Täter.

Polizeipräsident Gregor Lange: "Unsere Präventionsangebote zum sicheren Umgang mit dem Internet gibt es bereits seit 2007. Mit der Smartphone-Technik wurde unsere Zielgruppe immer jünger - auch die Täter nutzen das Internet immer stärker. Diese Entwicklung erfordert einen intensiven Informationsaustausch. Wir müssen unsere Kontakte zu den Erziehungsberechtigten ausweiten und bieten dafür zum Beispiel digitale Elternabende an."

Beispiele für Straftaten, die in Apps, Chats oder Gaming-Portalen begangen werden:

  1. Zwei 13- und 14-jährige Schülerinnen tauschen zunächst vertraulich intime Fotos aus. Je nach Art der Bilder kann schon jetzt eine Straftat vorliegen und die Polizei kann beide Handys beschlagnahmen. Anschließend zerbricht die Freundschaft - und die 14-Jährige veröffentlicht Nacktfotos der 13-Jährigen in einem Klassenchat, um sie bloßzustellen. Das Foto gerät online außer Kontrolle, denn alle aus der Klasse können es sehen. Die 14-Jährige hat nunmehr mit dem Versenden des Bildes erneut eine Straftat begangen.
  2. Ein 53-jähriger Mann chattet in einem namhaften Onlinespiel mit einem Mädchen (13). Mittels Sprache erschleicht er sich über Monate das Vertrauen der Jugendlichen - und fordert sie auf, ihm intime Fotos zuzusenden - der Mann begeht bereits in diesem Stadium eine Straftat, ohne dass auch nur ein Foto verschickt wurde. Diese Form des Anbahnens einer Tat ist ein Fall von "Cybergrooming".
  3. Eine junge Frau arbeitet in einem kriminellen "Callcenter" und chattet mit einem 15-Jährigen. Nach Aufforderung schickt er ihr ein intimes Fotos von sich. Nun erpresst sie ihn: Überweist er nicht 100 Euro, wird sie das Bild im Internet veröffentlichen. Hierbei geht es um "Sextortion" - eine Form der Erpressung. Das Bundeskriminalamt produzierte dazu mit Europol einen Videoclip.
  4. Jugendliche Schüler bezeichnen einen Mitschüler als homosexuell. Sie äußern im Chat der Klasse drastische Gewaltphantasien, formulieren Drohungen, verherrlichen dabei auch Adolf Hitler und verweisen darauf, dass man das Problem lösen könne. Auch sie begehen Straftaten. Auch hier ermittelt die Polizei.

 

Hinweise aus Schulen

Bei diesen und anderen Delikten zahlen sich die seit mehr als zwei Jahrzehnten bestehenden engen Kontakte der Jugendkontaktbeamten aus, denn neun von zehn Hinweisen kommen aus den Schulen. Bestätigt sich ein Verdacht, beschlagnahmt die Polizei die Smartphones oder andere Datenträger. Nicht nur das Versenden zum Beispiel von kinderpornografischen Inhalten kann strafbar sein - auch der Besitz u.a. in einer Chat-App steht unter Strafandrohung. 2020 waren an einer Dortmunder Schule 140 Jungen und Mädchen von Ermittlungen betroffen. In einem aktuellen Fall sind es 400. Bei der Auswertung der Datenträger von Jugendlichen entdeckt die Polizei immer wieder weitere strafbare Inhalte, darunter auch heruntergeladene Videos mit schwersten sexuellen Missbrauchshandlungen an Kindern.

Ahnungslose Eltern

In den meisten Fällen erfahren Eltern zuletzt von solchen Taten. "Weil sie nicht wissen, wie ihre Kinder die Smartphones nutzen und wie sie den Zugang zu bestimmten Internetseiten sperren können", sagen die Jugendkontaktbeamten Katja Wittmann-Jodscheit und Mark Poltrock. Sie sind zuständig für Schulen in Lünen und Dortmund. Die betroffenen Opfer und Tatverdächtigen sind in der Regel zwischen 12 und 16 Jahre alt. Sie stammen aus allen Bevölkerungsschichten.

Scham ist groß

Bei Jugendlichen, deren Nacktfotos in einem Chat kursieren, ist die Scham groß.Bestürzt reagieren nicht nur deren Eltern - bestürzt reagieren häufig auch die jugendlichen Tatverdächtigen, wenn die Polizei ihr Smartphone beschlagnahmt. "Wieso? Die anderen machen das doch auch", hört die Polizei dann oft.

Gefahren aufzeigen

Spätestens beim Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule erhalten viele Kinder ein Smartphone. Polizeioberkommissarin Katja Wittmann-Jodscheit: "Es liegt in der Verantwortung von uns Eltern, mit Kindern und Jugendlichen auch über die Gefahren im Internet zu sprechen." Polizeioberkommissar Mark Poltrock: "Kinder müssen heute schon früh lernen, wann das Versenden eines Fotos oder eines Videos eine Straftat ist. Sie müssen ein Unrechtsbwusstsein entwickeln.
Vor allem auch müssen sie die kriminelle Absicht eines Chat-Partners oder einer Chat-Partnerin erkennen und die Kommunikation sofort unterbrechen können, um sich selbst vor einer Straftat zu schützen."

Mit Experten reden

Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange bittet deshalb Eltern, dieses spezielle Internet-Thema aufzugreifen: "Vereinbaren Sie einen Termin mit unseren Experten und nutzen Sie die digitalen Elternabende unseres Kommissariats für Kriminalprävention." Kontakt für Eltern: Tel. 0231/132 7053. E-Mail: vorbeugung.dortmund@polizei.nrw.de

Bei Problemen auch in anderen Deliktsbereichen erreichen Kinder, Jugendliche, Eltern und Schulen die für ihren jeweiligen Bezirk zuständigen Jugendkontaktbeamten: https://dortmund.polizei.nrw/en/node/12167

Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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