Das letzte Grundstück ist verkauft
Revitalisierung der Zeche Fürst Leopold in Dorsten abgeschlossen
Die letzte Fläche aus dem Bestand der RAG Montan Immobilien auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Fürst Leopold 1/2 in Dorsten ist verkauft: Das Marler Unternehmen Maroli plant am Hainichenring auf rund 2.000 Quadratmetern Gesamtfläche ein modernes und nachhaltiges Gewerbeobjekt mit variablen Nutzungsmöglichkeiten. Mit diesem jüngsten Verkaufs-abschluss findet zwei Jahrzehnte nach Stilllegung des Bergwerks ein groß angelegter Transformationsprozess im Stadtteil Hervest einen gelungenen Abschluss.
„Durch die umfassende und nachhaltige Quartiersentwicklung der vergangenen Jahre hat der Ortsteil Hervest enorm profitiert“ resümiert Michael Kalthoff, Vorsitzender der Geschäftsführung der RAG Montan Immobilien. Und das nicht zuletzt in Sachen Arbeitsplätze: Alles in allem rund 350 neue Jobs sind auf dem Zechenareal im Nordosten der Stadt seit der Schließung des Bergwerks im Jahr 2001 entstanden. „Gerade vor diesem Hintergrund ist die heutige Ankernutzung aus Gewerbe, Einzelhandel, Kultur und Freizeit ein wichtiger Baustein auch für den Strukturwandel in der Stadt Dorsten insgesamt. Diesem Veränderungsprozess haben wir als RAG Montan Immobilien durch Sanierung und Baureifmachung des einstigen Industriegeländes aktiv den Weg geebnet.“
Rund 57 Hektar Gesamtfläche hat die RAG Montan Immobilien im Schulterschluss mit der Stadt Dorsten und der Dorstener TEDO GmbH, als privatem Investor, in den vergangenen 20 Jahren auf Fürst Leopold entwickelt – partnerschaftlich, jedoch jeweils eigenwirtschaftlich. 37,6 Hektar davon entfallen unmittelbar auf die ehemalige Schachtanlage Fürst Leopold 1/2; hinzu kommt eine einstige Fläche der E.ON/Ruhrgas (18,5 Hektar). Weitere 13,4 angrenzende Hektar hatte die RAG Montan Immobilien zur ergänzenden Entwicklung und Vermarktung zusätzlich angekauft. Der Verkauf des letzten Grundstücks aus dem unternehmenseigenen Bestand markiere nun, so Christoph Happe, Flächenentwicklung Ruhr Mitte/Geschäftsbereich Entwicklung der RAG Montan Immobilien, „aus unserer Sicht den Schlusspunkt für ein wirklich großartiges Projekt“.
Diesem Fazit schließt sich auch Dorstens Bürgermeister Tobias Stockhoff an: „Hier, wo Kumpel jahrzehntelang nach Kohle gegraben haben, haben heute lokale, regionale und sogar weltweit handelnde Unternehmen ihren Sitz. Die Reaktivierung der Zeche Fürst Leopold in Hervest ist ein Aushängeschild für unsere wunderschöne Stadt Dorsten und die gesamte Wirtschaftsregion. Bei einem Besuch des ehemaligen Zechenareals stellt man schnell fest: Das breit gefächerte Angebot aus Kultur, Freizeit, Gastronomie, Einzelhandel, Dienstleistungssektor und Gewerbe ist einzigartig und hat das Quartier enorm aufgewertet – ohne, dass der Stadtteil Hervest auch nur ein bisschen von seinem urtypischen Charme verloren hat.“
Holger Lohse, Technischer Beigeordneter der Stadt Dorsten, hat den Entwicklungsprozess der ehemaligen Zeche von Beginn an begleitet und geht noch einmal etwas weiter ins Detail: „Vor gut 20 Jahren – als die damalige Zeche Fürst Leopold ihre letzte Schicht fuhr – kam auf die Beteiligten von RAG und Stadt Dorsten sowie auf die zuständigen Genehmigungsbehörden die große Herausforderung zu, eine zukunftsorientierte und nachhaltige Folgenutzung zu ermöglichen.“ Insbesondere vor dem Hintergrund „knapper Flächenressourcen“ und der hervorragenden Lage der Zechenfläche in der Stadt Dorsten sei das Flächenrecycling „alternativlos“ gewesen. Tatsächlich punktet das ehemalige Zechenareal gerade bei Unternehmen, sowohl durch ein optimales Umfeld als auch durch die verkehrsgünstige Lage mit Anschlussmöglichkeiten an die Bundesautobahnen A52 im Osten und A31 im Westen sowie direkter Anbindung an das Schienennetz über den Bahnhof Hervest im Osten. Das Gelände selbst ist über die 2015 fertiggestellte Fürst-Leopold-Allee mit ihren Verbindungen zur Haltener Straßen ebenfalls ideal erschlossen. Lohse: „Mit besonderem Dank an alle Beteiligten, das Land NRW und die EU als Fördergeber ist uns in einer vergleichsweise kurzen Zeit von 15 bis 20 Jahren, von den ersten planerischen Vorüberlegungen über die eigentliche Schließung und den teilweisen Rückbau der Zeche bis hin zur nahezu vollständigen Neubesiedelung, eine hervorragende, vielschichtige Nachnutzung gelungen.“ Allein das Land NRW hat mit rund 14,8 Millionen Fördermittel die Entwicklung des Standortes unterstützt.
Auf dem letzten Grundstück entsteht ein branchenunabhängiges Geschäftshaus
In diesen Anspruch gliedert sich der letzte Verkauf am Hainichenring geradezu optimal ein. Aktuell steht die Marler Maroli GmbH allerdings „noch am Anfang der Planung“. Projektleiter Colin Germesin ist jedoch zuversichtlich „Ende des dritten Quartals den Bauantrag stellen zu können“. Geplant ist ein „branchenunabhängiges Gewerbeobjekt“, das sich im Stil der größeren Nachbarbebauung anpassen soll. Ein Architekt wurde bereits mit einer entsprechenden Studie beauftragt, derzeit werden mögliche Mietinteressenten evaluiert. „Wir haben uns für den Standort in Dorsten entschieden, da wir im Quartier Fürst Leopold viel Entwicklungspotenzial sehen. Durch die großen Investitionen, die in der direkten Umgebung getätigt werden und bereits getätigt wurden, wird hier ein Raumbedarf für Gewerbetreibende entstehen. Dieses Potenzial wollen wir nutzen, um ein modernes und nachhaltiges Geschäftshaus zu errichten.“
Dem Verkaufsabschluss mit Maroli waren zuletzt gleich mehrere erfolgreiche Vermarktungen durch die RAG Montan Immobilien am Hainichenring vorausgegangen. Derzeit baut dort etwa das Unternehmen DWS (Dorstener Warehouse Solutions) auf einem insgesamt 9.000 Quadratmeter großen Grundstück fünf vollisolierte Lagerhallen mit Größen zwischen 800 und 1.200 Quadratmetern. Auch Mathias Haake, freiberuflicher Sachverständiger und Ingenieur für Physikalische Technik aus Gladbeck, wurde für sein Projekt auf Fürst Leopold fündig: An der Ecke Hainichenring/Fürst-Leopold-Allee entsteht auf einer 1.250 Quadratmeter großen Fläche bis zum Jahresende eine neue TÜV-Prüfstelle. Haake: „Auf der Suche nach einem Standort in Dorsten bin ich schnell auf das Gewerbegebiet Fürst Leopold gestoßen. Hier kamen viele positive Kriterien zusammen, die mir die Kaufentscheidung leicht gemacht haben. Das Grundstück befindet sich in einer Top-Lage. Sowohl das gewerbliche Umfeld wie Autowaschstraße, Kfz-Gutachter, Kfz-Verkauf/-Reparatur als auch die Lage an der Durchgangsstraße nach Wulfen lassen eine gute und kontinuierliche Geschäftsentwicklung erwarten. Weitere potenzielle Kunden dürften die Kfz-Nutzerinnen und -Nutzer zum Hellweg-Baumarkt, Aldi oder CreativQuartier sein.“
Verbindung der Bereiche Arbeit, Leben, Freizeit und Kultur
Neben wichtigen Gewerbeansiedlungen auf rund 45.000 Quadratmetern, neben Gastronomie, Discounter, Supermarkt und Dienstleistern unterschiedlicher Branchen, prägen darüber hinaus vor allem zwei Segmente das neue Bild des Stadtteils Hervest: das CreativQuartier Fürst Leopold mit seinen alten Bestandsgebäuden sowie der Landschaftspark Hervest. Letzterer ist im Osten des Areals entstanden und gliedert sich in ein begrüntes, zugängliches Landschaftsbauwerk und einen 9.500 Quadratmeter großen Festplatz. All dies, so Lohse, habe die „Attraktivität des Stadtteils“ auch in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich gesteigert. „Das zeigt sich beispielsweise in einem deutlich gewachsenen Interesse, den Stadtteil als Wohnstandort zu wählen. Ein Mehr an Erlebnis- und Aufenthaltsqualität, zusätzliche Arbeitsplätze und ein verbessertes Stadtbild haben sich hier offenkundig wechselseitig ergänzt.“
Kulturelles Herzstück des neuen Stadtquartiers ist dabei das CreativQuartier Fürst Leopold, ein überregional bedeutsames Kunst- und Kulturzentrum, das ab 2008 von der TEDO GmbH auf rund zwölf Hektar des Geländes, darunter auch der denkmalgeschützte Zentralbereich, realisiert wurde. Volker Duddek, ehemaliger Projektleiter für Fürst Leopold bei der RAG Montan Immobilien erinnert sich: „Es war mit Blick auf die Entwicklung des Standortes wirklich großartig, dass wir einen privaten Investor gefunden haben, der sich der denkmalgeschützten Gebäude angenommen und die doch sehr große Fläche in ihrer Gesamtheit einer neuen Nutzung als Kulturzentrum zugeführt hat.“
Erhalten werden konnten sowohl Eingangs-, Verwaltungs- und Kauengebäude als auch das Fördergerüst über Schacht 2, das Fördermaschinengebäude, das Trafogebäude, die Druckluftzentrale und der Zechenplatz. „Bespielt“ wird das Denkmalensemble seitdem mit einem attraktiven Mix aus Kultur, Kreativwirtschaft, Events und Gastronomie. Dass dabei auch das industriegeschichtliche Erbe der Region eine Rolle spielt und weiterhin vermittelt wird, garantiert die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, die Ende 2011 das Fördermaschinenhaus und 2015 das Fördergerüst übernommen hat und seit 2015 gemeinsam mit dem Verein für Bergbau-, Industrie- und Sozialgeschichte Dorsten e.V. auf Fürst Leopold ein Informations- und Begegnungszentrum betreibt.
Auf dem Areal der ehemaligen Zeche fand ebenso der künstlerische Nachlass von Tisa von der Schulenburg (Ordensschwester Paula) eine neue Heimat. Direkt neben dem Förderturm – am RAG-Wasserhaltungsstandorts Fürst Leopold – entstand das Archiv, das Platz für mehr als 3500 Exponate bietet und die enge Verbundenheit der Ordensschwester mit den Bergleuten widerspiegelt. In dem eigens umgestalteten Gebäude will die „Tisa von der Schulenburg-Stiftung“ nicht nur ihre eigenen Aufgaben noch besser organisieren und durchführen, sondern auch jungen Künstlern Raum für Seminare und Begegnungen bieten.
Positive Entwicklungen auch auf dem städtischen Teil des Geländes
Der Verkauf der Flächen aus dem Bestand der RAG Montan Immobilien ist abgeschlossen. Insgesamt hat der RAG Konzern rund 13 Millionen Euro in Rückbau, Sanierung und Baureifmachung auf Fürst Leopold investiert. „Mit großem Erfolg“, wie Christoph Happe noch einmal betont.
Und auch auf dem restlichen Gelände tut sich aktuell einiges: Eine Randfläche des Zechenareals sowie ein direkt benachbartes Grundstück aus dem früheren Bestand der E.ON/Ruhrgas hatte die Stadt Dorsten erworben und, so Markus Funk von der städtischen Wirtschaftsförderung WINDOR, seit 2016 „deutlich schneller“ entwickelt als ursprünglich gedacht. „Auf dem 8,5 Hektar großen Gelände sind heute praktisch alle Areale verkauft“. Entstanden ist auch hier ein attraktiver Branchenmix aus überregional agierenden Unternehmen. Dazu gehören unter anderem ein Maschinenbau- und Technikunternehmen für die Oberflächenbearbeitung, ein Softwarehaus, ein Kunststoffhandel, diverse Online-Handelsshops sowie ein international tätiges Ingenieurbüro mit Nischenprodukten für die Industrie, die den Standort Fürst Leopold attraktiv ergänzen. Funk: „Insgesamt haben sich bisher zwölf Unternehmen auf dem städtischen Teil des Gebietes angesiedelt. Dabei sind ca. 250 Arbeitsplätze neu entstanden bzw. gesichert worden, weiteres Wachstum und die Schaffung weiterer Arbeitsplätze nicht ausgeschlossen. Aktuell sind in Bezug auf die letzten verbliebenen Gewerbebauplätze die Verhandlungen abgeschlossen und nur noch die Investorenkaufverträge notariell zu vollziehen. Es ist zu erwarten, dass im September 2021 damit auch die ehemaligen E.ON/Ruhrgas-Flächen vollständig verkauft sind.“
Bergbauflächen für Stadtentwicklung
Mit der Entwicklung des Standortes Fürst Leopold ist allerdings der erfolgreiche Transformationsprozess von ehemaligen Bergbauarealen auf Dorstener Stadtgebiet nicht abgeschlossen. Auf dem 30 Hektar großen Areal des im Jahre 2001 stillgelegten Schacht Wulfen an der Bundesstraße 58 entsteht derzeit der Industriepark „Große Heide“, der ebenfalls für neue Wirtschaftskraft und neue Arbeitsplätze sorgt.
Den ersten spektakulären Ansiedlungserfolg konnten die Stadt Dorsten, WINDOR und die RAG Montan Immobilien im April dieses Jahres verkünden: bis Ende 2023 entsteht dort das Distributionszentrum von Levi Strauss & Co. für den europäischen Markt. Das börsennotierte Unternehmen wird von dort die Warenlogistik von Kleidung und Accessoires für den europäischen Markt organisieren und verschiedene Handelsbranchen beliefern. In der ersten Betriebsphase des Distributionszentrum plant Levi Strauss & Co. mit etwa 100 Beschäftigten, die bis zur vollen Kapazität des Centers potenziell auf bis zu 650 Beschäftigte ansteigen soll.
Historische Daten - Fürst Leopold
- 1913 Beginn der Steinkohlenförderung
- 1997 Das Verbundbergwerk „Fürst Leopold/Wulfen“ fährt mit 2,4 Millionen Tonnen bei etwa 3.000 Beschäftigten die höchste Jahresförderung in der Betriebsgeschichte der Zeche ein.
- 2001 Stilllegung der Zeche Fürst Leopold und des Schacht Wulfen
- 2010 Verkauf der industriehistorischen Bestandsgebäude
- 2011 Beginn der Sanierungsmaßnahmen
- 2012 Beginn der Umbaumaßnahmen in den Bestandsgebäuden
- 2013 Eröffnung CreativQuartier Fürst Leopold
- 2015 Eröffnung Fürst-Leopold-Allee und Landschaftspark Hervest
- 2016 Abschluss Sanierungsmaßnahmen und Baureifmachung
- 2021 Verkauf der letzten Fläche aus dem Bestand der RAG Montan Immobilien
Quelle: RAG Montan Immobilien
Autor:Olaf Hellenkamp aus Dorsten | |
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