Immer mehr kranke und verletzte Tiere
Zunehmendes Katzenelend in Dorsten

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Dorsten Conny Sander ist erschöpft. Heute hat sie zum wiederholten Mal in dieser Woche eine Fundkatze zum Einschläfern in die örtliche Tierarztpraxis gebracht. Dem Tier war nicht mehr zu helfen, die Verletzungen einfach zu schwer.

Die 58jährige, die seit zweieinhalb Jahren das „Streunerkatzen-Projekt“ Dorsten“ betreut, hat in den vergangenen Monaten etliche Tiere von der Straße gesammelt. Schwangere Katzen, Katzenmütter mit kleinen Kitten, stark verletzte Katzen, Tiere mit offenen Wunden und vereiterten Augen, mit Fliegen übersähte Katzen, einige, die kaum noch lebensfähig waren und auch immer wieder Totfunde.

Etwa 150 herrenlose Katzen hat die Stadtsfelderin seit Gründung ihres Projektes im April 2019 bereits in Dorsten gefangen. In ihrer Freizeit und auf eigene Kosten. Tiere, die noch sehr klein sind und in eine Familie vermittelt werden können, oder solche, die nicht mehr auf die Straße zurückgesetzt werden sollten, konnte die engagierte Frau im Dorstener Tierheim oder bei befreundeten Tierschutzvereinen unterbringen. Die Kosten für die weitere Versorgung und Behandlung musste sie allerdings in den meisten Fällen selbst tragen.

„Man kann sich das gar nicht vorstellen, dass so ein Elend auch vor unserer eigenen Haustür herrscht“, sagt die Tierschützerin. „Nur, weil einem die Katzen nicht ständig vor die Füsse laufen, sondern zurückgezogen und versteckt leben, denken viele Menschen, Streuner gibt es nur im Süden oder in Osteuropa. Aber wenn ich mir die Verhältnisse in Dorsten ansehe, habe ich keine guten Hoffnungen, dass sich das Elend absehbar eindämmen lässt. Im Gegenteil!“

Keine öffentliche Förderung

Glücklicherweise erhält die Tierfreundin viel Unterstützung von Menschen, die immer wieder die Kosten für die tierärztlichen Behandlungen bezuschussen oder gar ganz übernehmen. Anders wäre die aufwendige und kostenintensive Arbeit nicht zu stemmen. Aus der kommunalen Kasse gibt es für Projekte wie dieses übrigens keine Hilfe. „Obwohl es die Verantwortlichen im Rathaus schon interessieren sollte. Aber bisher waren alle Gesprächsversuche erfolglos“, so Sander.

„Es wäre schon eine große Hilfe, wenn die Besitzer von Freigängerkatzen zur Unfruchtbarmachung ihrer Tiere verpflichtet würden. Dieses Procedere gibt es im Kreis Recklinghausen bereits in einigen Städten wie beispielsweise in Marl, Oer-Erkenschwick oder Gladbeck. Das Elend der Streuner wird damit eingedämmt. In Dorsten wäre eine städtische Kastrationsverordnung dringend nötig.“

Mit dieser würden Fälle wie der von Anton bald der Vergangenheit angehören: Der wildlebende Kater wurde ausgemergelt und dehydriert gefunden und dem Streunerkatzen-Projekt gemeldet. Nach dem Einfangen wurde in der Tierarztpraxis eine enorme Rückenverletzung festgestellt. Vermutlich ist Anton von einem Auto angefahren worden. Aber er hatte noch Glück. Anders als Allessio. Der rote Kater kauerte in einem Gebüsch, wo ihn Spaziergänger entdeckten. Er war so schwach, dass man ihn mit der Hand fangen konnte. Seine Augen, Ohren und auch die anderen Körperöffnungen waren übersäht mit Fliegen; in seiner verletzten Pfote saßen bereits die Maden, die anfingen, ihn bei lebendigem Leib aufzufressen. Auch er wurde vermutlich angefahren und dabei schwer verletzt. Für den Kater kam jede Hilfe zu spät. Er musste erlöst werden.

Katzenhalter in die Pflicht nehmen

Ein anderer Fall, der von Kater Matteo, zeigt, dass auch die Verbreitung von Krankheiten durch das Streuneraufkommen zu einem Problem werden kann. Das Tier wurde verschnupft und mit vereiterten Augen gefunden und per Automatikfalle eingefangen. Sein komplettes Gebiss war entzündet, die meisten Zähne mussten entfernt werden. Die Blutuntersuchung ergab einen positiven Test auf Leukose und FIV, auch „Katzenaids“ genannt. Beide Krankheiten sind unter Streunern weit verbreitet, höchst ansteckend und damit auch für Freigängerkatzen eine Gefahr.
„Die Menschen sind sich gar nicht darüber bewusst, dass sich auch ihre eigenen Tiere infizieren können, wenn sie unkastriert draußen herumlaufen und bei Revierkämpfen oder der Paarung mit freilebenden Katzen in Kontakt kommen“, so Sander. „Das Thema Streuner wird von den Katzenhaltern oft weggeschoben, dabei betrifft es viele indirekt selbst“.

Aber auch, wenn die Menschen den verwilderten Katzen offener gegenüberstehen, sind ihre Schicksale oft traurig: Wie das von Katze Minka. Sie lebte viele Jahre auf einem Campingplatz, auf dem sie auch von den Campern betreut wurde. Allerdings lediglich mit Futter. Medizinische Behandlungen kamen ihr nicht zugute. So kam es, dass sich aus einer kleinen Verletzung an der Nase im Laufe der Zeit ein großes, offenes Geschwür entwickelte. Leider waren die Betreuer damit überfordert und stellten Minka nie einem Arzt vor. Schlussendlich riefen besorgte Anwohner das Veterinäramt und meldeten den durchaus tierschutzrelevanten Fall.

Minka wurde durch das Streunerkatzen-Projekt Dorsten gesichert und ist nun erst einmal auf der Krankenstation des Dorstener Tierheimes untergebracht. „Wir wissen noch nicht, ob eine Operation nötig ist, um die Nase zu retten“, seufzt Conny Sander, die die Erlebnisse sichtlich mitnehmen.
„Ich kann immer wieder nur an die Menschen appellieren, ihre eigenen Katzen rechtzeitig kastrieren zu lassen. Viele machen sich keine Vorstellung davon, wie viel Leid und Elend sie selbst damit verursachen, wenn ihre Freigänger unkastriert durch die Gegend laufen. Gleichzeitig bitte ich die Leute, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und Fälle wie die von Anton, Allessio, Matteo oder Minka direkt zu melden. Wegsehen fördert das Leid.“

Wer weitere Informationen zum Thema Streunerkatzen benötigt oder Conny unterstützen möchte, der kann sie über die folgenden Kanäle kontaktieren:

www.streuner-dorsten.de
www.Facebook.com/Streunerkatzen-Projekt-Dorsten
Streuner-Handy: 0178 6921 436

Autor:

Streunerkatzen-Projekt Dorsten aus Dorsten

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