An der Lebenswelt der Menschen orientieren
Fortbildung vermittelte Teilnehmenden einen Perspektivwechsel
Eineinhalb Jahre haben neun Haupt- und Ehrenamtliche an der Weiterbildung „Aus der Mitte der Gesellschaft – Lebensweltorientierung in der sozialen und pastoralen Arbeit“ teilgenommen. Neun Module umfasste das Angebot der Hauptabteilung Seelsorge-Personal des Bistums Münster, das im Franz-Hitze-Haus in Münster und in der Coesfelder Kolpingbildungsstätte stattfand.
„Ich habe viel über unsere Projektarbeit hinaus gelernt“, sagt August Hüsing, Pfarrer der Pfarrei St. Paulus in Dorsten-Hervest. „Wir müssen nicht fragen, was sich die Menschen wünschen, sondern was sie wollen. Denn nur, wenn sie etwas wirklich wollen, sind sie bereit, sich einzubringen“, formuliert der 60-jährige eine Erkenntnis aus der Fortbildung.
Perspektivwechsel
Ähnlich geht es den anderen Teilnehmern. „Für mich war das wichtigste Stichwort ‚Perspektivwechsel‘. Wir dürfen nicht nur unsere Seite sehen, sondern müssen besonders die Seite der anderen betrachten“, bestätigt Bärbel Becker. Sie engagiert sich ehrenamtlich im Gasthaus in Recklinghausen.
Und Karla Bukmakowski, Sozialpädagogin aus Münster und Leiterin des Seniorenbüros Mauritz Ost, fügt hinzu: „Um nah an den Menschen zu sein, ist es wichtig, Strukturen aufzubrechen. Wenn sie für etwas brennen, dann haben sie auch die Energie, sich für andere einzusetzen.“
Ein wichtiger Teil der Ausbildung war die Projektarbeit. Zu zweit oder allein haben die Teilnehmer Projekte vor Ort entwickelt und das Gelernte angewandt. „Wir haben Fragen gestellt, zugehört und nicht die Antworten vorgegeben“, erklärt Ludger Picker, Pastoralreferent in Münster St. Mauritz. Er hat im Tandem mit Bukmakowski gearbeitet. Er habe an der Fortbildung teilgenommen, da er auf der Suche nach neuen Wegen sei, um Menschen für die Arbeit in der Caritas zu begeistern.
„Bei der Lebensweltorientierung steht der Mensch im Mittelpunkt. Wir gehen von ihm aus. Das braucht einen langen Atem, denn wir sind eine andere Arbeit gewohnt“, sagt er.
In dem Moment, wo Gremien oder Institutionen bei der Erarbeitung von Zielen beteiligt seien, müsse klar sein, dass Veränderungen notwendig werden können. Es müsse die Frage gestellt werden, welche Prozesse welche Konsequenzen erforderten. „Das ist nicht immer einfach. Dadurch kann ein Projekt auch vorzeitig beendet werden. Das bedeutet nicht, dass es gescheitert ist. Aber wir müssen Entscheidungen akzeptieren“, hat Becker in ihrer praktischen Arbeit erfahren.
An der Lebenswelt der Menschen orientieren
Bei allem Tun sei es wichtig davon auszugehen, dass die Lebenswelt des anderen zunächst einmal unbekannt ist. „Es ist nicht gut, sie mit der eigenen Fantasie aufzufüllen. Es geht darum, sie kennenzulernen“, sagt Hüsing. Die Fragestellungen zu verändern, schärfe die Sinne. „Und man merkt, dass es etwas bewirkt“, fügt er hinzu.
Dieser Lebensweltorientierte Ansatz könne ein gutes Modell sein, Gemeinde zu leiten. „Zu den Gemeindemitgliedern zu gehen und zu hören, was sie bewegt. Das wäre für mich ein schönes Bild von Gemeindeleitung“, wünscht sich Bukmakowski.
Geleitet wurde die Fortbildung von Prof. em. Werner Springer und Diplom-Psychologin Andrea Welbrink.
Autor:Sabrina Czupiol aus Dorsten |
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