Die Rückkehr des Segelfluges in Dorsten

Festakt auf dem Marktplatz: Die feierliche Taufe der Ka 6 Dorsten. Übrigens: Ohne den Bergbau wäre der Start der Flieger wesentlich holpriger verlaufen.
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  • hochgeladen von Jo Gernoth

Die Auferstehung des Segelfluges nach dem Krieg ist auch in Dorsten eine Geschichte von Improvisation, kleinen Gaunereien und ganz viel Leidenschaft für den Flug ohne Motor.

Während des NS-Regimes war der Segelflug und auch der Motorflug systematisch zu einer Art paramilitärischer Grundausbildung mutiert und stand so nach der Kapitulation auf der Verbotsliste der Alliierten ganz oben.

Das sollte allerdings nicht verhindern, dass sich in Dorsten konkrete Gedanken rund um das Thema Fliegerei gemacht wurden. Ende der 1940er Jahre trafen sich ehemalige Dorstener Segelflieger im Hinterzimmer einer Kneipe und plauderten locker und verboten über die Fliegerei. Ohne Hintergedanken fanden diese Treffen allerdings nicht statt, denn für die Segelflieger stand fest: Sollte es jemals wieder erlaubt werden, mit einem Gleiter zu starten, sind wir dabei. Egal wie, wir starten.

Zur allgemeinen Überraschung wurde bereits 1951 das Flugverbot für Segelflieger gelockert. Eine politische Entwicklung, die von den Dorstener Fliegern im Vorfeld genau beobachtet wurde und quasi über Nacht erfolgte die Neugründung des Vereins. Wie sich die Segelflieger wieder mit einem Flugzeug ausstatteten ist eine Anekdote des sich in Bewegung setzenden Wirtschaftswunders, die ihres Gleichen sucht. Damals, 1951, herrschte nicht nur Geldmangel, sondern auch Materialknappheit. Aus diesem Grunde hatten sich die Flieger, die zwischenzeitlich ein Domizil in einem ehemaligen Schweinestall am Maria-Lindenhof gefunden hatten, mit List und Tücke das Material für einen neuen Flieger regelrecht erbettelt und ergaunert. Das fing schon mit den Bauplänen für den neuen Flieger an. Otto Thybussek, Gerd Stahr, Josef Jurasik, Fritz Mediger und andere hatten während des Krieges Erfahrungen gesammelt, die den noch jungen LSV Dorsten dazu bewegten, keinen Schulgleiter zu bauen, sondern einen modernen Doppelsitzer als Phönix aus der Asche entstehen zu lassen. Dieser Flieger war eine Mü 13e. Die Blaupausen für dieses Flugzeug kosteten Geld, das niemand hatte.

Also wurde ein früher Akt der Raubkopiererei auf der Zeche Fürst Leopold eingefädelt. Ein schönes Beispiel für die Improvisationsgabe der Flieger ist die Beschaffung der so wichtigen Flügelbolzen: Der kürzlich verstorbene Fritz Mediger hatte herausgefunden, dass die so wichtigen und unerschwinglich teuren Flügelbolzen aus exakt dem gleichen Stahl gefertigt waren, wie die Schrauben des Dampfkessels der Leopold-Fördermaschine. Der Rest der Geschichte ist ein Geheimnis der Flieger und der neue Doppelsitzer hatte pünktlich seine Bolzen. „Es wurde an jeder Ecke gebettelt und so beschlossen wir auch, dass dieser Flieger nur Bettelstudent heißen konnte”, erinnert sich Robert Dudda, der als junger Mann diese Zeit sehr intensiv miterlebte.

1953 war der Bettelstudent endlich startklar und wurde auf dem Dorstener Markt feierlich getauft. Tausende Bürger bestaunten den eleganten Flieger, der eine Art Symbol einer neuen Zeit war. Geflogen wurde allerdings noch nicht in Dorsten, sondern in den Borkenbergen bei Dülmen. Bereits 1955 veranstalteten die Dorstener Flieger den ersten Flugtag, um etwas Geld in die Kassen spülen. Bescheiden waren die 50 Pfenning Eintritt und das Programm: Erwin Brinkmann flog mit einem Tiger-Moth Doppeldecker Loopings und ein Fallschirmspringer landete dort, wo heute die Ausfahrt Dorsten der A52 in die Stadt führt.

Autor:

Jo Gernoth aus Dorsten

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