Weihnachten mit ganz vielen Freunden
Es ist das Fest der Feste: Weihnachten. Familie, Geborgenheit und Wärme sind die eine Seite dieser Medaille. Konsum und Luxus sind die andere, für viele Menschen mit der Zeit sogar wichtigere Seite dieser Medaille, die für Menschen in der Katholischen St. Antonius-Gemeinde zu Holsterhausen seit 30 Jahren eine Alternative kennt: Der offene Heilige Abend für die Mitglieder unserer Gesellschaft, die alleine sind und für die kein Platz in den Köpfen der Marketingstrategen ist.
Es ist 19.30 Uhr. Die Straßen im Holsterhausener Dorf sind wie leer gefegt. Es ist Heilig Abend und da ist jeder Daheim. Durch die Fenster der Wohnungen, die an einem solchen Abend noch wärmer, noch beschützender wirken, sieht man die Lichterbäume funkeln und die Schatten von Personen huschen, die Weihnachten zelebrieren. Wohl dem, der jetzt ein Zuhause hat. Im Pfarrheim von St. Antonius brennt auch Licht. Dieses Licht ist nicht minder warm als das in den Stuben und es gerät zum Leuchtturm in einer dunklen Nacht, wenn man erfährt, wer es angezündet hat und warum es brennt. In der Küche des Pfarrheimes werkelt Poldi Fitting mit ihrem Team. Frauen, die allesamt ihren Familienauftrag lange erledigt haben und denen die mütterliche und auch großmütterliche Güte ins Gesicht geschrieben steht. Sie bereiten ein Buffet vor, dass das Wasser im Munde zusammen laufen lässt. Die Gäste an diesem Abend sind die, die allein sind, die durch das Raster der gesellschaftlichen Norm gefallen sind. Die, die das Schicksal auf die Insel der Einsamkeit oder Armut gespült hat. Menschen wie du und ich bei denen es einfach mal dumm gelaufen ist. Sie sind die Gäste des alternativen Heiligen Abend von St. Antonius. „Wir beruhigen hier nicht unser Gewissen, sondern wir schaffen eine Adresse für Menschen, die an Weihnachten alleine sind oder aus den verschiedensten Gründen nicht für sich Weihnachten feiern können“, sagt Poldi Fitting. Dabei ist die resolute Frau nur die Sprecherin eines Teams, das praktisch über das ganze Jahr hinweg diesen Abend vorbereit. „Das ist hier im Dorf lange angekommen. Da fragen schon im Oktober die ersten Helfer, was sie tun können“, sagt Poldi Fitting. Der Tisch ist reich gedeckt: Hausgemachte Salate, Würstchen, die traditionell von der Firma Hüsken spendiert werden. Die beiden Bäckereien Imping und Krietemeyer spendieren Naschwerk, bis sich der Tisch biegt, aber es sind auch Kinder, die einen Teddybär oder eine Puppe spendieren, die dann zum Geschenk für Familien werden, die eben kein Geld für Geschenke haben. „Mit Hartz IV machse keine großen Sprünge. Da hockst du alleine vor der Glotze und hier iss ein bisschen wie früher, als ich noch eine Familie hatte“, sagt ein Mann, dem das Leben seine Geschichte in das Gesicht geschrieben hat. Armut und Einsamkeit haben ein leider ein Gesicht. Doch der Charme, die Wärme der Weihnacht in St. Antonius liegt im Geheimnis der Weihnacht selbst: Es ist Frieden dort in der alten Kirche. Es singt der gut situierte Rentner mit der jungen Frau, deren Haare so rot sind und deren Piercings in der Nase leuchten, Weihnachtslieder. Poldi Fitting und gute Menschen machen es möglich und ihr Werk ist kein Almosen, sondern ein großer Schritt in die Richtung, die das Christentum, die Kirche ewig macht: Liebe zum Nächsten. Bedingungslos und nicht vom Stand des Kontos oder vom Hubraum des Autos abhängig.
Autor:Jo Gernoth aus Dorsten |
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