NSU: Drei Buchstaben zum Glück

Willi Romswinkel und sein NSU-Gespann: Handarbeit und Tüftelei machten diese Auferstehung möglich.
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Der Oestricher Willi Romswinkel liebt altes Eisen aus dem Hause NSU. Der 70-jährige sammelt alles, was sich mit der Geschichte des einstmals größten Motorradherstellers der Welt befasst
Dorsten. Bürgerlich und fein geht es auf dem Hardtberg zu. Dort, in diesem Dorf Oestrich, zwischen Gahlen und Dorsten lässt es sich gut leben. Einer, der dort seit seiner Geburt wohnt, ist Willi Romswinkel. Der vierschrötige Rentner lebt dort in Oestrich seinen Traum, zu dem der 70-jährige erst spät die Leidenschaft entwickelte. Romswinkel liebt altes Eisen, ohne selbst dazu zu gehören. NSU - das sind die drei Buchstaben, die den Tüftler elektrisieren. "Vor 20 Jahren habe ich eine NSU-Lux renoviert und bin mit dem Ding durch die Gegend geknattert. 1989 habe ich dann auf dem Dorstener Flugtag einen Pokal gewonnen. Da hab ich dann so richtig Blut geleckt", beschreibt Romswinkel seinen Weg zum rostigsten Hobby der Welt. Ein Mann, ein Wort und wer den gelernten Schreiner kennt, der weiß, das er es Ernst meinte. Ergebnis dieser Leidenschaft ist ein perfekt restaurierter Querschnitt durch die Produktpalette des einstmals größten Motorradherstellers der Welt. In Nekarsulm wurde quasi die Motorisierung des ehemaligen deutschen Reiches in Angriff genommen. Zumindest die auf zwei Rädern. Mit so einschlägigen Namen wie "Quik" oder "Consul" wurden beim kleinen Mann Träume geweckt und viele verschuldeten sich, um auf zwei Rädern ein Stück Freiheit zu genießen. "Ich sammele ja nicht nur die Motorräder, sondern auch das, was zu der Zeit als sie aktuell waren gehört", verrät Romswinkel. Dazu gehören Nähmaschinen, Fahrräder, Waschmaschinen, Schreibmaschinen, Tanksäulen und vieles mehr, was auch damals schon den Alltag erleichterte.

Nun gibt es ja viele Sammler, die nur um des Sammeltriebs wegen Schätze anhäufen. Bei Willi Romswinkel sieht die Sache anders aus: Er ist leidenschaftlicher Fahrer. "Ich bin der NSU etwas untreu geworden und habe mir ein 500er BMW-Gespann zugelegt. Da bin ich mit meiner Frau Waltraud im Sommer eigentlich bei jedem Sonnentag auf der Piste", freut sich Romswinkel über die geteilte Leidenschaft. Sein jüngstes Projekt ist eine Art "Vorher-Nachher-Spiel". Aus alten Prospekten hat Romswinkel in Erfahrung gebracht, dass es in den 1930er Jahren für die nur 2,75 PS starke NSU "Quik" einen Beiwagen gab. Nein, keinen Personenbeiwagen, sondern, so die Werbebotschaft, einen "Lastenträger". Als Zielgruppe sind Förster und Hebammen erwähnt. Bemerkenswert, dass damals zwischen Jagddackel und Hebammenkoffer kein Unterschied gemacht wurde.

Romswinkel stöberte durch die Republik und förderte die Tatsache an das Tageslicht, dass es ein solch abenteuerliches Gespann nicht mehr gibt. Ein Beiwagenboot wurde besorgt, mit viel Liebe zum Detail ein Rahmen gebaut und die nötige "Quik" restauriert. "Die haben beim TÜV fast einen Herzinfarkt bekommen, als ich mit dem Ding aufgetaucht bin. Aber alles war in Ordnung und jetzt habe ich das einzige Gespann dieser Art in Deutschland", freut sich der findige Bastler. Der Clou ist, dass Romswinkel derzeit dabei ist, einen Scheunenfund gleicher Bauart unrestauriert und mit den Spuren von 70 Jahren auf die Straße zu bringen. Die Spürnase vom Hardtberg hat diesen Schatz in einer Ruine in Rees gehoben und ihn vor der Abbruchbirne gerettet. "Das Motorrad zeigt ein Stück die Vergänglichkeit. NSU gibt es schon lange nicht mehr und die deutsche Motorradindustrie besteht nur noch aus BMW und einigen kleinen Marken", erklärt Romswinkel mit Wehmut den Niedergang des Motorrades, der sich zu Beginn der 1960er Jahre praktisch über Nacht vollzog.

Es ist auch ein Stück seines Lebens, denn dieser rostige "Knöttermax" ist so alt wie er selbst. "Als ich noch ein Junge war, gab es in Gahlen sogar einen Motorradclub, der sich 'Lippestrand' nannte. Ich habe das letzte Kassenbuch und die letzte Vereinsplakette von 1953. Das ist lange her", erinnert sich das Windgesicht mit Wehmut.

In Willi Romswinkels Taubenschlag ist diese Zeit noch wach und sie wird es auch wohl bleiben, denn sein Sohn ist mindestens so verrückt nach altem Eisen wie er selbst. Und was ist, wenn es einmal regnet oder die Gesundheit das Fahren mit dem Motorrad verhindert? Dann klettern Waltraud und Willi Romswinkel in ihre himmelblaue Isetta, nehmen sich an die Hand fahren auf drei Rädern in ihr ganz persönliches Glück.

Willi Romswinkel und sein NSU-Gespann: Handarbeit und Tüftelei machten diese Auferstehung möglich.
Superbike aus Opas Zeiten: Die NSU OSL.
Autor:

Jo Gernoth aus Dorsten

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