Nach dem grauenvollen Massencrash auf der A 31 bleiben viele Fragen unbeantwortet. VOX berichtet am Sonntag um 17 Uhr

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Viele Fragen sind nach dem schweren Verkehrsunfall mit drei Todesopfern auf der A 31 bei Dorsten im Sommer letzten Jahres unbeantwortet geblieben. Vor allem: Wie konnte es nur dazu kommen, dass der Lkw-Fahrer am 2. Juli 2010 das Stauende zwar rechtzeitig erkannt, es dennoch nicht geschafft hat, seinen Truck zum Stehen zu bekommen? In der Verhandlung vor dem Landgericht Essen im Mai gab der Mann an, mit dem Tempomaten des DAF nicht vertraut gewesen zu sein und deshalb einen verhängnisvollen Fehler gemacht zu haben. Wie glaubwürdig aber sind solche Schilderungen? In seiner Beitragsreihe „Die Unfallakte“ analysiert das VOX Magazin „auto mobil“ am Sonntag, 25. September (17 Uhr bis 18.15 Uhr) den grauenvollen Massencrash auf der A 31 und interessiert sich dabei besonders für die Frage, ob der Fahrer am Ende die Wahrheit gesagt hat.

Einsichtig und sichtbar gezeichnet von den Folgen des schweren Verkehrsunfalls – so erlebten die Prozessbeobachter den 47-jährigen Disponenten und Gelegenheitsfahrer im Sommer vor dem Essener Landgericht. Verzweiflung, aufgestaute Aggressionen und völliges Unverständnis kennzeichneten dagegen das Stimmungsbild bei den Angehörigen der Getöteten. Und immer wieder diese Frage: „Warum ist er nicht ausgewichen, sondern ungebremst in das Stauende gefahren?“ Insgesamt schob der Lkw 13 Fahrzeuge zusammen, sechs Autos brannten aus. In einem VW Golf, der unter dem Lkw eingeklemmt war und den der Truck viele Meter vor sich herschob, starben drei junge Männer, die auf dem Heimweg von der Arbeit waren. „Dass der Golf getroffen wurde, ist ein Zufallsprodukt. Sein Tank wurde durch den Zusammenstoß aufgerissen, das auslaufende Benzin hat dann das Flammeninferno ausgelöst“, erklärt Unfallanalytiker Dipl.-Ing. Norbert Todt von der Dekra in Duisburg bei VOX.

Bereits an der Unfallstelle sagte der Lkw-Fahrer aus, die A 31 mit eingeschaltetem Tempomat befahren zu haben. Ralf Hüls von der Wache Recklinghausen der Autobahnpolizei Münster: „Als er das Stauende bemerkte, wollte er den Tempomaten ausschalten. Er war aber mit diesem Fahrzeug nicht so vertraut, weil er sonst nur als Disponent bei der Firma beschäftigt war, so dass er auf die Bremse treten wollte. Dabei verwechselte er nach eigenen Angaben das Bremspedal mit dem Gaspedal“. Dieses Verhalten führte nicht nur zu einer deutlich verspäteten Reaktion, sondern überforderte den Fahrer ganz offensichtlich. „Sicher kann die Aussage des Fahrers eine Schutzbehauptung sein. Die ist aber nicht böse gemeint. Es gibt wirklich Leute, die glauben daran, dass das, was sie sich als Erstes nach solch einem Wahnsinns-Ereignis gemerkt haben, das Richtige ist“, sagt Volkmar Burmeister aus dem Verkehrskommissariat des Polizeipräsidiums Münster.

Für die mehrtägigen Dreharbeiten mit VOX hat sich Dipl.-Ing. Norbert Todt intensiv mit dem Unfall auf der A 31 beschäftigt. Tatsächlich war der Disponent mit einem neuen DAF unterwegs, obwohl er sonst nur gelegentlich Trucks der Marke MAN fuhr. Während der Tempomat im MAN über einen Zugmechanismus ausgeschaltet wird, ist es beim DAF ein einfacher Tastschalter am Lenkrad. Und der soll den Fahrer überfordert haben? Grundsätzlich hält Unfallanalytiker Todt einen Bedienungsfehler für möglich, allerdings fragt er sich auch, warum der Fahrer nicht ganz einfach auf die Bremse getreten hat: „Im Gefahrenfall ist das doch eine ganz normale Reaktion, denn dadurch schaltet sich jedes System automatisch aus. Und selbst, wenn ich aufs Gaspedal trete - das merke ich doch sofort und kann diesen Fehler binnen einer halben Sekunde wieder korrigieren“. Damit spricht am Ende einiges dafür, dass der Lkw-Fahrer das Stauende aufgrund von Unaufmerksamkeit übersehen bzw. viel zu spät erkannt haben könnte.

Während das Essener Landgericht das Verhalten des Lkw-Fahrers nach drei Verhandlungstagen als tragisches Augenblicksversagen wertete und ihn deshalb wegen fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilte, sind die Angehörigen entsetzt. VOX dokumentiert in seinem siebenminütigem Filmbericht denn auch, wie die verzweifelte Angehörige eines Unfallopfers nach dem Urteilsspruch eine volle Wasserflasche gegen den Kopf des Angeklagten wirft und ihn trifft. Auch wenn die Anwälte der Opfer dieses Verhalten eindeutig verurteilen, zufrieden sind auch sie mit den gewonnenen Informationen aus dem Prozessverlauf nicht. Nebenkläger Christian Maus fasst zusammen: „Für mich und alle Verfahrensbeteiligten bleibt letztlich die entscheidende Frage ungeklärt: Was hat der Angeklagte in der Fahrgastzelle tatsächlich getan? Ist das, was er gesagt hat, die Wahrheit oder gab es noch irgendwas anderes, was er uns verschwiegen hat?“

Autor:

Olaf Hellenkamp aus Dorsten

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